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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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trinken, und vielleicht kann ich dir einen guten Rat geben oder euern Gebieter bitten, euch freizulassen.“
    Ich kehrte, gefolgt von seinem dankbaren Blick, an meinen Platz zurück. Hätte ich ihm die Wahrheit sagen sollen, daß er eigentlich frei sei, weil der Vizekönig den Sklavenfang verboten habe? Nein, denn er hätte diese Mitteilung doch nicht ausnutzen können. Also Geschwister waren sie! Ich war bewegt. Welche Liebe und Anhänglichkeit! Er unterstützte sie, um sie nicht leiden sehen zu müssen! Er hatte sein Land, sein Volk und seine Eltern nicht vergessen. Er wollte zu ihnen zurück; nur darum sparte er. Und wie beschreibt man diese Schwarzen? Auf welche Stufe stellt man sie? Hätte ein weißer Knabe im Alter dieses Negerjungen besser fühlen, denken und handeln können? Gewiß nicht! Wer den Neger nicht für erziehungsfähig hält, wer ihm die besseren Regungen des Herzens abspricht, der begeht eine große Sünde nicht nur gegen die schwarze Rasse, sondern gegen das ganze Menschengeschlecht.
    Und dieser Abd el Barak, zu deutsch Diener des Segens! Wie wenig harmonierte sein Name mit seinen Taten! Ich hatte mich eigentlich näher nach ihm erkundigen wollen, aber das wäre hier aufgefallen. Wenn ich ihm seine Unbefangenheit ließ, war es eher möglich, etwas für die Kinder zu tun. Denn daß ich mich der Geschwister in irgendeiner Weise annehmen würde, das stand fest. Ich, der Fremde, der kaum das nötige Reisegeld besaß, um in seine Heimat zu gelangen? Warum nicht! Abd el Barak hatte kein Recht, die Kinder als sein Eigentum zu behandeln und sie für seinen Beutel arbeiten zu lassen. Das stand fest. Er mußte sie hergeben, und wenn ich bis zum Gouverneur oder gar ins Ministerium gehen sollte.
    Welchem Volk die Kinder angehörten, darüber konnte es keinen Zweifel geben; sie waren Dongiols, und dieser Stamm gehört zur Dinkanation, welche sich auch Djangeh nennt. Diese letztere Bezeichnung war hier in Kairo der Name des Mädchens geworden. Die Dinka sind unbedingt der schönste Menschenschlag am weißen Nil; sie sind schlank und von hoher Statur, und ihr Gesichtsausdruck zeigt mehr Milde und Intelligenz, als derjenige anderer Völker. Da war es kein Wunder, daß der Knabe nicht das stumpfsinnige, teilnahmslose Wesen anderer Negerkinder besaß. Hätte er in einer deutschen Volksschule sitzen können, er wäre gewiß gegen keinen der andern Schüler zurückgeblieben.
    Solchen stillen Betrachtungen gab ich mich hin, bis dem Türken mein Nachsinnen unbequem wurde. Er erkundigte sich nach der Ursache dieser Wortlosigkeit, und ich erzählte ihm, was ich von dem kleinen Gegner seines Schnurrbartes gehört hatte. Er blickte lange, ohne eine Meinung zu äußern, vor sich nieder, so daß ich ihn endlich fragte: „Nun, was sagen Sie dazu?“
    „Daß ich Ihnen nicht rate, sich in diese Angelegenheiten zu mischen. Sie würden nicht nur Mühe und Ärger, sondern noch Schlimmeres davon haben.“
    „Pah! Die Sklaverei ist abgeschafft.“
    „In den Büchern und Verträgen; in der Wirklichkeit besteht sie aber noch, in der Türkei und in Ägypten, und es fragt hier keine Behörde danach, ob mein Neger mein Diener oder mein Sklave ist.“
    „Aber wenn ich einen bestimmten Fall zur Anzeige und dazu die Beweise bringe, so ist diese Behörde gezwungen, einzuschreiten.“
    „Ja; aber wie wird sie einschreiten! Nehmen wir den Haushalt des höchsten Mannes in Ägypten als Beispiel an. Hat der Khedive nur Diener und Dienerinnen und keine Sklaven und Sklavinnen mehr? Antworten Sie mir nicht mit Umschreibungen, sondern kurz mit Ja oder Nein!“
    Ich schwieg. Was hätte ich sagen können?
    „Ich höre keine Antwort, und das ist deutlich genug. Denken Sie, der Sudan liefere seit dem Verbot keine Sklaven mehr? Oder denken Sie, es sei nicht allgemein bekannt, auch der Behörde, daß jährlich noch Tausende von Schwarzen auf dem Nil bis herunter ins Delta schwimmen. Man drückt die Augen zu, weil man selbst Neger braucht. Man hat Diener, Haremswächter und Dienerinnen für die Frauen nötig, und weil man sie auf keine andre Weise bekommen kann, so kauft man sie. Ich rate Ihnen, die Hand davon zu lassen.“
    Leider konnte ich ihm nicht so ganz unrecht geben, aber dennoch fühlte ich mich gegen ihn verstimmt. Freilich war er kein Christ, sondern ein Mohammedaner und als solcher gewiß kein Gegner der Sklaverei. Er hatte dieselbe von Jugend auf als eine längst zu Recht bestehende und notwendige Institution gekannt und verdiente also

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