Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Lieutenant riet mir noch einmal von meinem Vorhaben ab, natürlich vergeblich. Als ich von meinem Orientierungsgang zurückkam, aß ich einige Datteln und ein Stück getrocknetes Fleisch, welches ich durch zwei oder drei Schluck Wasser aus dem Schlauch verdaulicher machte; dann war es dunkel geworden, und ich brach auf.

SECHSTES KAPITEL
    Die Sklavinnen
    Der treue Ben Nil bat, mich begleiten zu dürfen, doch durfte ich ihm das nicht erlauben. Ich hätte ihn gern mitgenommen, denn er war nicht nur mutig, sondern auch klug und vorsichtig, und vier Augen und Ohren konnten jedenfalls mehr sehen und hören als nur zwei; aber das Terrain war zu schwierig, und er hatte im Schleichen nicht die notwendige Übung. Ein falscher Schritt konnte uns verraten.
    Ich brauchte aus dem angegebenen Grund wohl eine halbe Stunde, ehe ich von der Kante der Schlucht hinab auf die Sohle derselben kam. Die Sterne leuchteten noch nicht, und infolgedessen war das Klettern beinahe halsbrecherisch zu nennen. Dann schlich ich mich in der Schlucht abwärts, sehr oft zweifelhafte Stellen des Weges erst mit den Händen untersuchend, ehe ich den Fuß vorwärts setzte. Endlich sagte mir ein Lichtschein, daß ich dem Ziel nahe sei.
    Wie bereits erwähnt, war der graue Anzug, den ich in Kairo getragen hatte, durch den Besuch der Höhle von Maabdah und der vermeintlichen Königsgräber so defekt geworden, daß ich mir in Siut einen anderen gekauft hatte. Dieser war von derselben Farbe. Den hellen Haïk hatte ich im Lager gelassen. Zur Bedeckung des Gesichtes hatte ich das Kaffije bei mir, ein Kopftuch, welches zum Gebrauch für Männer ungefähr die Größe eines Quadratmeters besitzt. Es wird einmal zusammengeschlagen, so daß es zwei aufeinanderliegende Dreiecke bildet, und dann mit dem Ukal, einer Schnur, so auf den Tarbusch (Fes) befestigt, daß die lange Seite nach vorn kommt und der hinten herabfallende Zipfel den Nacken schützt. Wenn es sehr heiß ist, wird unter dem Fes noch ein Schweißkäppchen getragen. Arme Leute tragen wollene oder halbwollene Kaffijen; reiche bedienen sich seidener Tücher, welche in Kairo zwölf Mark und höher pro Stück zu stehen kommen. Diese seidenen Kaffijen werden meist in Zuk und Beirut gefertigt und zeigen gewöhnlich ein blaues oder rotes Muster auf goldfarbigem oder weißem Grund. Mein Kaffije war dunkel. Von Waffen hatte ich das Messer und die Revolver bei mir; ein Gewehr wäre mir nur hinderlich gewesen. Im Falle einer Gefahr mußte ich zunächst nach dem Messer greifen; des Revolvers durfte ich, da ich Lärm so viel wie möglich zu vermeiden hatte, mich nur notgedrungen bedienen.
    Also, ich sah einen Lichtschein vor mir. Er ging von einem Feuer aus, welches durch getrockneten Kameldünger unterhalten wurde – das einzige und ausschließliche Feuermaterial in dieser Wüste. Man geht sehr sparsam mit demselben um und läßt es nie zu einer wirklich hellen Flamme kommen. Das war natürlich ein Vorteil für mich, denn ein helles Feuer hätte mich, da das Tal nicht breit ist, leicht verraten können.
    Das Feuer glimmte nur, daß ich es trotzdem sah, war mir ein Beweis, daß ich mich nicht weit von demselben befand. Ich band mir das Kaffije so um den Kopf, daß außer den Augen das ganze Gesicht bedeckt war, legte mich auf den Boden und kroch nun weiter.
    Die bisher engen Felsenwände traten jetzt mehr auseinander, und nun sah ich vor mir und zur rechten Seite noch zwei Feuer glimmen, während das zuerst erblickte sich jetzt links von mir befand. Wohin sollte ich mich wenden? Aus den drei Feuern war zu schließen, daß drei Trupps hier kampierten. Ich wollte die Sklavenjäger belauschen; sie konnten jetzt noch nicht wohl da sein, doch war ihre Ankunft sehr bald zu erwarten. Wohin würden sie sich lagern? Jedenfalls in die Nähe des Wassers, denn es war anzunehmen, daß sie von der Fußwanderung durch die heiße Wüste sehr durstig geworden seien. Vor allen Dingen und zunächst mußte ich wissen, wer jetzt schon da war. Auf die Anwesenheit Murad Nassyrs konnte ich fast mit Gewißheit rechnen.
    Ich kroch zunächst nach links hinüber, wo sich in diesem Augenblick der leise Ton einer Rababa, einer einsaitigen Geige, hören ließ. Nach wenigen Augenblicken fielen die Klänge einer Kamandscha ein. Das ist eine zweisaitige Geige, deren Schallkörper aus einer Kokosnußschale besteht. Diesen beiden Instrumenten gesellte sich eine Zammara und eine Schabbabi bei, eine Pfeife und eine Flöte von einfachster

Weitere Kostenlose Bücher