27 - Im Lande des Mahdi I
zu einer Erzählung zu vereinigen, mit welcher ich mir das Vertrauen dieser außerordentlich vorsichtigen und mißtrauischen Leute erwerben wollte. Sie rückten enger zusammen und näher zu mir heran, als ich nun weiter berichtete:
„Der Mokkadem kennt euern geheimen Wüstenweg; er wollte und mußte euch warnen, hatte aber keine Zeit dazu, da er in Khartum erwartet wurde. Dieser fremde Effendi muß ein höchst gefährlicher Mensch sein, wie mir der Mokkadem erzählte. Der letztere weiß, daß ich Sklaven suche, und gab mir den sehr guten Rat, dieselben nicht mehr durch Murad Nassyr, sondern direkt von euch, von Ibn Asl, zu beziehen. Er riet mir, Ibn Asl sofort aufzusuchen, um ihm zu sagen, daß sich der Giaur, der Effendi, hier in der Wüste befindet, um ihm aufzulauern. Ich war natürlich gern bereit dazu. Er beschrieb mir dieses Wadi und sagte, daß ich euch ganz sicher bei den drei Gaziah-Bäumen, welche hier stehen, treffen würde. Da ich aber die Wüste nicht kenne, mietete ich mir von Menelik, dem Scheik der Monassir –“
„Von dem habe ich gehört“, fiel der Anführer ein. „Er ist ein sehr strenger Moslem, ein Feind der Christenhunde und billigt den Sklavenraub.“
„Das zu hören, ist mir lieb, denn dieser mein Führer ist sein Sohn, Ben Menelik. Er gab ihn mir mit, weil er mich nicht selbst begleiten konnte und der Sohn schon einigemal mit ihm durch dieses Wadi geritten ist.“
„So fällt auch dies zu unserer Zufriedenheit aus. Wenn dieser Jüngling der Sohn des Obersten der tapferen Monassir ist, so brauchen wir nicht zu sorgen, daß er uns verraten wird. Es liegt in unserem Vorteil und in unserer Absicht, mit seinem Stamm ein Freundschaftsbündnis zu schließen, und so heißen wir ihn ebenso aufrichtig willkommen wie vorhin dich, o Saduk el Baija.“
Jetzt war Ben Nil es, welcher zehn Hände zu drücken hatte. Er tat es mit dem Ernst und dem Anstand eines jungen Beduinen, dessen Vater der Kriegsherr eines großen und berühmten Beduinenstammes ist. Er löste seine schwierige Aufgabe zu meiner vollsten Zufriedenheit, ja weit über mein Erwarten. Wenn er mir in den nächsten Stunden ebenso wacker und umsichtig zur Seite stand, so konnte ich die vollste Überzeugung hegen, daß mein Plan gelingen werde. Um meine Erzählung endlich zum Schluß zu bringen, bemerkte ich noch kurz:
„Wir versahen uns mit allem Nötigen und schlugen die Richtung über den Brunnen Nedschm und den Dschebel Schizr ein. Als wir am Nachmittag das östliche Wadi erreichten, verfolgten wir es nach Westen, um die drei Gaziah-Bäume zu suchen. Es wurde dunkel bevor wir sie fanden, und so hielten wir hier an, um zu lagern und morgen weiter zu forschen. Das weitere wißt ihr, und ich habe also nichts hinzuzufügen, als daß ich ganz glücklich bin, euch gegen alles Erwarten hier getroffen zu haben. Fast wäre dabei Blut geflossen, aber der Prophet hat dieses Unglück verhütet; ihm und den heiligen Kalifen sei Dank gesagt!“
Ich war natürlich über den Verlauf dieser Unterredung äußerst befriedigt. Allem Anschein nach war meinen Angaben voller Glaube geschenkt worden, und so durfte ich annehmen, daß meine Absicht wenigstens auf keine unüberwindlichen Schwierigkeiten stoßen werde. Diese Absicht war, wie bereits erwähnt, anstatt durch Gewalt, durch List an das Ziel zu gelangen. Wie dies anzustellen sei, das konnte ich jetzt freilich noch nicht wissen; mein Verhalten mußte sich nach demjenigen der Sklavenhändler richten, nach deren Lager wir uns nun begaben. Während ich meinem Kamel den Sattel auflegte und Ben Nil mit seinem Tier dasselbe tat, wobei wir uns in einiger Entfernung von den andern befanden, flüsterte er mir zu:
„Welch eine List, Effendi! Jetzt glaube ich, daß du dich vor keinem Feind zu fürchten brauchst. Deine Verschlagenheit ist noch viel größer als deine Tapferkeit. Ich bin überzeugt, daß wir allen Gefahren gewachsen sind.“
Nun folgten wir, unsere beiden Kamele am Halfter führend, den Sklavenjägern nach dem Brunnen. Dort war alles dunkel, doch wurden nach unserer Ankunft einige Fackeln angebrannt. Jetzt galt es vor allen Dingen, das Verhalten des Anführers zu beachten. Hieß er uns in der üblichen Weise und in ausführlichen Worten willkommen, so hatten wir keine Hinterlist zu befürchten. Nach der in der Wüste herrschenden Sitte mußte er uns dabei einen Imbiß reichen und auch selbst von demselben nehmen. Sei es auch nur eine einzige Dattel, welche der Beduine mit seinem Gast
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