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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gabe des Willkommens bindet mich nur an denjenigen, dem ich selbst sie gereicht habe. Was andere tun, kann mich nicht verpflichten. Wenn der Bürgermeister dem Knaben das Wasser und die Datteln gereicht hat, so bin nicht ich es, sondern er ist es, welcher Freundschaft mit ihm geschlossen hat. Dieser Ben Menelik ist uns also gerade noch so fremd wie vorher, und wir haben nicht die mindeste Ursache, ihn zu schonen. Habe ich recht oder nicht?“
    „Ich bin jetzt ganz derselben Meinung. Der Knabe muß schweigen; mit Sicherheit aber schweigt nur ein Toter, und darum soll er sterben.“
    „Das habe ich von dir erwartet, und darum führte ich dich hierher, um mit dir zu reden. Wir beide müssen es allein tun. Es gibt unter unsern Männern doch welche, die den Knaben in Schutz nehmen würden, weil er den Willkommen, wenn auch nicht direkt von mir, erhalten hat.“
    „Das war klug, und ich bin bereit zu handeln. Du willst also wohl nicht warten, bis unser Herr ankommt?“
    „Nein, denn er würde über eine solche Zögerung zornig werden. Wer schnell handelt, handelt richtig.“
    „So sage, wie wir es anzufangen haben! Es wird uns nicht leicht werden, den Burschen ohne alles Geräusch stumm zu machen. Und was wird der Bürgermeister sagen, wenn er sieht, daß sein Begleiter ermordet worden ist!“
    „Ermordet? Um diesen Gedanken in ihm zu erwecken, müßten wir es sehr verkehrt anfangen. Mit dem Messer dürfen wir den Knaben nicht töten. Es wird ihn eine Assaleh, die giftigste Schlange der Wüste, beißen.“
    „Wo soll die herkommen?“
    „Denke doch an den Sahm es Samm, welchen mir der Takali-Häuptling schenkte! Der Mensch, welchem mit der Spitze dieses Pfeiles die Haut nur ganz leicht geritzt wird, ist unbedingt verloren. Da du jünger und gewandter bist als ich, so gebe ich dir nachher den Pfeil, und du schleichst dich an den Knaben. Da er nur Sandalen trägt, so –“
    „Trägt er nicht Schuhe?“ unterbrach ihn der Häßliche.
    „Auch möglich. Aber einem Schlafenden ist der Schuh leicht auszuziehen, ohne daß er es bemerkt. Du stichst ihn mit der Pfeilspitze in die Zehe.“
    „Er wird erwachen und schreien!“
    „Nein, denn du brauchst ihn ja nur leicht zu ritzen. Er wird meinen, es habe ihn ein Sandfloh gestochen. Nach kurzer Zeit schwillt sein Körper an; das Bewußtsein schwindet ihm, und wenn am Morgen der Bürgermeister erwacht, sieht er ihn tot neben sich liegen und muß nach allen Anzeichen glauben, daß ihn eine giftige Schlange gestochen habe. Auf diese Weise ist es gar nicht möglich, daß ein Verdacht auf uns fällt, und der ‚Vater des Entsetzens‘ wird nur froh sein, daß die Schlange nicht zu ihm gekommen ist.“
    „Ja, so muß es gehen; so wird es gemacht. Der Gedanke ist ausgezeichnet. An den Giftpfeil habe ich gar nicht gedacht. Hole ihn! Ich werde deinen Auftrag sofort ausführen.“
    „So schleiche dich jetzt zurück und lege dich nieder! Ich komme nach und bin bald wieder bei dir.“
    Sie erhoben sich, um den Platz zu verlassen. Das durfte ich nicht zugeben. Wenn ich es soweit kommen ließ, daß Ben Kasawi zu seinem Sattel kam, so setzte er sich in den Besitz des Giftpfeils, einer Waffe, welche uns im Fall des Handgemenges äußerst gefährlich werden konnte.
    Ich war in England und Amerika Zeuge von Kämpfen zwischen Preisboxern gewesen und hatte mich, um auch dies kennenzulernen, bei einem namhaften Trainer im ‚Milling‘ geübt. Darum kannte ich den sogenannten Knock-down-blow, jenen erfolgreichsten aller Boxerschläge, welcher mitten auf den Kopf geht und, gut geführt, den Gegner sofort zu Boden streckt. Dabei kommt es freilich vor, daß der Gegner bei Besinnung bleibt. Besser ist der Hieb gegen die Schläfe, welchen ich von dem Indianerhäuptling Winnetou gelernt hatte; nun ist aber die Schläfe eine so empfindliche Stelle, daß man einen Menschen, den man nur betäuben will, leicht erschlagen kann. Die beiden Sklavenjäger mußten betäubt werden; aber wenigstens Ben Kasawi war nicht mehr jung, und ich glaubte, bemerkt zu haben, daß sein Schädel keineswegs der starkknochige eines Indianers sei; darum gedachte ich, um ihn nicht etwa zu erschlagen, den Knock-down-blow anzuwenden. Ich lag so, daß sie an mir vorüber mußten. Ben Kasawi ging voran, ich wollte ihn vorüber lassen, um von hinten an ihn zu kommen und dann den ihm folgenden Häßlichen gleich griffrecht zu haben; aber sein Auge war zufälligerweise zu Boden gerichtet; er blieb schon beim zweiten Schritt stehen

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