27 - Im Lande des Mahdi I
sei.
„Wir haben dein Zeichen vernommen und sind sofort gekommen, Effendi“, meinte der Lieutenant. „Ich nehme an, daß du durch List nichts zu erreichen vermochtest und uns nun den Überfall erlauben wirst.“
„Du irrst. Die List hat Erfolg gehabt und wird uns, wie ich hoffe, ohne Kampf zum Ziel führen. Mein Plan wird nur dann mißlingen, wenn ihr unvorsichtig seid. Hier liegen zwei Gefangene. Es ist Ben Kasawi, der Unteranführer von Ibn Asl, welcher morgen nachkommen wird, und einer seiner Leute.“
„Wie? Du hast Ben Kasawi gefangen? Wie konntest du das fertigbringen, ohne daß seine Leute ihm beistanden?“
„Durch die List, zu welcher du kein Vertrauen hast. Später wirst du alles erfahren; jetzt müssen wir handeln. Ist der Onbaschi auch unten?“
„Ja; er brach zu gleicher Zeit mit mir auf und wird sich nun jenseits des Lagers befinden, um deine Befehle zu erwarten.“
„Wer ist oben geblieben?“
„Dein Selim und zwei Kamelwächter.“
„O weh, was hast du da getan? Das durftest du nicht wagen.“
„Ich habe nichts gewagt. Oder sind zwei Männer zur Beaufsichtigung der Kamele nicht genug?“
„Gewiß. Aber ich denke jetzt nicht an diese Tiere, welche übrigens nicht davonlaufen würden, auch wenn kein Wächter bei ihnen wäre; ich sorge mich vielmehr um die Gefangenen.“
„Die sind uns sicher, denn Selim sitzt bei ihnen. Ich weiß, daß er zuweilen Dummheiten macht, und habe ihn daher nicht mitgenommen; er hätte leicht alles verderben können.“
„So! Seines Leichtsinns wegen schlossest du ihn aus, aber die wichtigen Gefangenen vertrautest du ihm an? War das klug gehandelt? Es ist aber nicht zu ändern, da wir keine Zeit verlieren dürfen. Ich werde euch erklären, was zu geschehen hat; tretet also herbei, damit ich nicht zu laut sprechen brauche!“
Nachdem sie einen Kreis um mich geschlossen hatten, fuhr ich fort:
„Die beiden Gefangenen, welche ihr hier liegen seht, sind gefesselt und geknebelt; sie hatten das Bewußtsein verloren, werden nun aber wieder zu sich gekommen sein. Einer von euch bleibt bei ihnen zurück, um sie zu bewachen. Ich gebe ihm die Erlaubnis, beide sofort zu erstechen, falls sich nur einer von ihnen bewegen sollte. Die übrigen von euch folgen mir nach dem Lager der Feinde. Diese sind so unvorsichtig gewesen, keine Posten aufzustellen. Das Lager befindet sich nicht ganz fünfhundert Schritte von hier, und ich muß es euch beschreiben. Wenn man sich demselben von hier aus nähert, kommt man zunächst an den Brunnen, an welchem ich und Ben Nil mit diesen zwei Gefangenen lagen; jetzt befindet sich niemand dort. Am Felsen weiterhin haben die Sklavenjäger alle ihre Flinten abgelegt, was von ihnen sehr albern war, für uns aber ganz vortrefflich ist. Rechts davon, mehr nach der Mitte des Wadi zu, lagern sie ungefähr in einem Kreis, innerhalb dessen sich die Sklavinnen befinden. Jenseits dieses Kreises liegen die Kamele. Die Hauptsache ist, daß wir uns der Gewehre bemächtigen, und das ist gar nicht schwer. Haben sie keine Flinten, so sind sie ganz in unsere Hand gegeben, denn mit ihren Messern oder Pistolen können sie uns, die wir sie einschließen, nicht erreichen. Um zum Zweck zu gelangen, legt ihr hier eure Gewehre ab, die euch hinderlich sein würden; ich gehe voran; Ben Nil folgt mir; dann kommt der Lieutenant, und hinter diesem gehen die andern, jeder zwei Schritte nach seinem Vordermann. Wenn ich mich niederlege, um zu kriechen, habt ihr diesem Beispiel zu folgen und alles Geräusch zu vermeiden. Lange ich als der vorderste bei den Flinten an, so nehme ich dieselben einzeln weg, um sie euch zuzureichen; ihr gebt sie weiter nach hinten, bis jeder zwei Stück hat oder drei; dann werden sie alle sein. Dann erhaltet ihr von mir das Zeichen zur Rückkehr; ihr dreht euch um und schleicht euch, einer hinter dem andern, in umgekehrter Reihe als vorher von dannen. Was dann zu geschehen hat, werdet ihr noch erfahren.“
Das war so deutlich, daß mich keiner mißverstanden hatte. Ich suchte einen Mann aus, welcher die hier zu lassenden Gewehre und die Gefangenen zu bewachen hatte. Bevor wir aufbrachen, fragte der Lieutenant:
„Du hast etwas Wichtiges vergessen, Effendi. Was soll geschehen, wenn wir entdeckt werden?“
„Sehen kann uns niemand; nur ein Geräusch könnte uns verraten. In diesem Fall würde der Betreffende näher kommen, um nachzusehen, wodurch dasselbe verursacht worden ist, und ich als der vorderste von euch würde ihn auf mich
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