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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nehmen, und zwar so, daß es ihm unmöglich wäre, Lärm zu schlagen. Auf alle Fälle aber habt ihr euch vor Kampf zu hüten. Sollte etwas Unberechenbares geschehen, so eilt ihr schnell nach hier zurück. Jetzt vorwärts hinter mir!“
    Ich glaube, dieser heimliche Gänsemarsch nach dem feindlichen Lager erschien den Leuten viel interessanter als ein Überfall desselben. Sie gaben sich die möglichste Mühe, meinen Weisungen nachzukommen, und ich muß sagen, daß ich aufpassen mußte, wenn ich den Sand unter ihren Füßen knirschen hören wollte. In der Entfernung von fünfzig Schritten vom Lager legte ich mich nieder und begann zu kriechen; als ich mich umsah, lag Ben Nil auch am Boden und die folgenden jedenfalls ebenso. Ich hielt mich hart links an die Felsenwand. Es war eine wahre Freude, wie still und geräuschlos die Asaker sich hinter mir durch das Dunkel bewegten. Wir kamen am Brunnen vorüber, und nun galt es, doppelt und zehnfach vorsichtig zu sein, denn zu unserer Rechten lagen die nächsten Schläfer. Und nun, endlich, endlich! kam ich zur Stelle, an welcher die Flinten lagen. Ich ergriff eine nach der andern und gab sie Ben Nil, welcher sie weiterreichte. Als ich ihm die letzte gegeben hatte, flüsterte ich ihm zu:
    „Jetzt zurück; sage es weiter. Ich komme später nach.“
    „Du gehst nicht mit, Effendi? Wohin willst du?“
    „Zu dem Onbaschi, um ihn zu sagen, wie er sich zu verhalten hat.“
    „Mitten durch die Feinde! Effendi, das ist höchst gefährlich. Darf ich mit?“
    „Nein; ich kann dich nicht brauchen. Deine Begleitung würde die Gefahr für mich erhöhen. Sorge lieber dafür, daß die andern nichts Dummes begehen!“
    „Ich gehorche, Effendi; aber nimm dich ja sehr in acht, und laß uns nicht allzulange auf dich warten!“
    Der gute Junge sorgte sich um mich! Er gab meinen Befehl weiter, die Reihe machte kehrt und bewegte sich mit den erbeuteten Waffen zurück. Mir fiel es natürlich nicht ein, meinen Weg mitten durch das Lager zu nehmen, vielmehr bewegte ich mich eine kleine Strecke zurück und wandte mich dann hinüber nach der andern Seite des Wadi. Das Ufer des Tales bestand auch dort aus steilen Felsen, und ich fand es so, wie ich vermutet hatte: Die Sklavenjäger lagerten nicht bis ganz hinüber, so daß es zwischen ihnen und dem Felsen einen freien Raum gab, welchen ich ohne Gefahr zu passieren vermochte. Als ich nun das Lager im Rücken hatte, ging ich weiter, um auf den Onbaschi zu treffen; es gab auch da ungefähr fünfhundert Schritte zurückzulegen. Als ich etwas über vier Fünftel des Weges hinter mir hatte, ließ ich das erwähnte Zeichen hören, damit der alte Korporal meine Annäherung erfahren und mich ja nicht für einen Feind halten und Lärm machen sollte. Er hatte auch sofort, als er es hörte, gewußt, woran er war, denn er kam mir eine kleine Strecke entgegen und sagte, als er auf mich traf:
    „Bist du es, Effendi? Es ist gut, daß du das Zeichen gabst, sonst hätten wir dich feindlich empfangen. Wie stehen die Dinge? Können wir zum Angriff schreiten?“
    Ich machte ihn mit der Lage der Sache bekannt und gab ihm dann meine Anweisungen. Ich führte ihn und seine Leute so weit vor, daß zwischen ihnen und dem Lager ein Raum von höchstens hundert Schritten blieb. Dort mußten sie dasselbe in einer Reihe halb umfassen, und zwar so, daß der rechte Flügelmann dicht am Felsen stand und die andern, einen Viertelkreis bildend, nach links hinüber reichten. In derselben Weise wollte ich die Leute des Lieutenants jenseits aufstellen, so daß der äußerste Mann desselben mit dem äußersten des Onbaschi Fühlung bekam. Dann bildeten die Asaker einen Halbkreis, welcher das Lager vollständig umschloß und dessen Durchmesser der unersteigliche Felsen war, an dessen Fuß der Brunnen lag. So konnte uns keiner der Sklavenjäger entwischen, und ich gab Befehl auf jeden, welcher den Versuch machen werde, durchzubrechen, zu schießen.
    Jetzt hätte ich eigentlich direkt zu dem Lieutenant zurückkehren sollen, aber ich dachte an die Sklavinnen und an ihre Angst, falls geschossen werden sollte. Es war nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, daß sie fliehen und dadurch meinen Leuten arg zu schaffen machen würden. Darum hielt ich es für geraten, sie zu benachrichtigen; ein wenig gefährlich war das wohl, aber nicht gar sehr. Ich kroch also nach dem Lager zu und nahm als Ziel die Stelle, wo das Zelt stand, von dem ich gesehen hatte, daß sich in demselben Marba, die

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