27 - Im Lande des Mahdi I
Bord?“
„Nein. Wozu diese Frage?“ antwortete er in erstauntem Ton.
„Weil ich meine, daß du so etwas haben mußt, für den Fall, daß es einmal nötig ist, des Nachts das Schiff und das Wasser sehr hell zu erleuchten.“
„Dann stellen wir vorn und hinten eine Pechpfanne auf.“
„Wo befinden sich diese Schüsseln?“
„Da vorn in dem Verschlag.“
Er deutete nach dem Schnabel des Schiffes, an dessen Innenseite aus Brettern ein schrankartiges Behältnis angebracht worden war. Ich nahm ohne weiteres die Laterne, ging hin, öffnete und sah zwei eiserne Gefäße und einen Vorrat von Pech. Ich füllte das eine und hatte mit Hilfe der Laterne schnell ein Pechstück angebrannt, welches seine Flamme den anderen Stücken mitteilte.
„Was ist das? Was fällt dir ein?“ fragte der Raïs, welcher mir mit den beiden andern gefolgt war.
„Frage lieber, was diesem dort einfällt!“ antwortete ich, indem ich nach dem Landebrett zeigte, auf welchem soeben eine Gestalt schnell nach dem Ufer huschte. Der Gaukler hatte sich also doch besonnen und zurückkehren wollen. Er stand schon auf dem Brett, welches den Schiffsbord mit dem Ufer verband, und floh nun vor der Helle, welche die Pechflamme verbreitete.
„Wer ist es? Wen meinst du? Ich sehe ja nichts!“ meinte der Raïs, obgleich er die Gestalt ebenso gut wie ich gesehen haben mußte.
„Wenn du es wirklich nicht weißt, werde ich es dir sagen“, versprach ich ihm, indem ich auch die zweite Schüssel anbrannte und dann hinauf an das Steuer trug. Auf diese Weise hatte ich die gewünschte Beleuchtung innerhalb zweier Minuten hergestellt, während dies, wenn ich mit dem Raïs darüber hätte verhandeln wollen, kaum binnen einer Stunde oder auch wohl gar nicht zu erreichen gewesen wäre. Dann stieg ich die schmalen Stufen hinab und zog das Landungsbrett an Bord, eine Arbeit, zu welcher eigentlich zwei Männer gehörten.
„Aber Effendi, welcher Geist ist in dich gefahren!“ rief der Raïs. „Allah schütze uns! Wir wissen nicht, was wir aus dir machen und von dir denken sollen!“
Er stand mit den beiden andern am Mast. Ich ging zu ihnen und antwortete:
„Welcher Geist in mich gefahren ist? Ja, es scheint freilich hier Geister zu geben. Soeben wollte einer auf das Schiff, aber das Pechfeuer hat ihn vertrieben. Glaubte doch vorhin dieser gute Diener, ich selbst sei ein Gespenst! Welch eine Verwechslung, da er das eigentliche, leibhafte Gespenst ist!“
„Ich?“ fragte der Genannte.
„Ja, du! Ich hoffe, daß du das nicht bestreiten wirst.“
„O Allah! Ich ein Gespenst! Effendi, deine Seele ist abwesend. Komm zu dir!“
Ich hatte mich an den Mast gelehnt. Die beiden Feuer beleuchteten das Ufer und die ganze Umgebung des Fahrzeuges, auch die Gesichter der drei Biedermänner, welche nicht wußten, ob sie höflich oder grob mit mir sein sollten. Am liebsten wären sie wohl das letztere gewesen; aber das böse Gewissen veranlaßte sie, sich noch zuwartend zu verhalten.
„Ja, ein Gespenst bist du!“ nickte ich dem Kerl in gemütlicher Weise zu. „Ich bin bei mir und brauche also nicht zu mir zu kommen; aber du scheinst dich selbst verloren, du scheinst vergessen zu haben, wer und was du bist, nämlich das Gespenst Nummer Drei.“
Es war ergötzlich, das Gesicht zu sehen, welches er machte, als er, zwei Schritte zurücktretend, mich ganz betroffen und stockend fragte:
„Gespenst – Nummer – Drei? Ich verstehe dich nicht.“
„So will ich dir den Gefallen tun, deinem Gedächtnis zu Hilfe zu kommen. Den Geist Nummer Eins band ich in meinem Zimmer fest; Nummer Zwei schlug ich im Hof mit der Flinte nieder, und Nummer Drei verfolgte ich bis in den Garten, wo er mir entkam, weil er mit dem Messer nach mir stach. Begreifst du mich nun?“
„Noch – immer nicht!“ stotterte er.
„Nicht? Und doch hast du vorhin den beiden Männern, welche da neben dir stehen, gesagt, ich hätte dir den Glanz deines Daseins geschändet und du würdest die Spuren meiner Faust noch einen Monat lang im Gesicht tragen!“
Er antwortete nicht und sah die beiden anderen an, welche auf ihn, auf mich, dann wieder auf ihn blickten und schwiegen.
„Dafür“, fuhr ich fort, „hast du gewünscht, daß der Scheïtan meinen Leib in tausend Stücke zerreißen und meine Seele durch das stärkste Feuer der Hölle verzehren lassen möge.“
Der Mann starrte mich abwesend an und brachte kein Wort hervor. Der alte Raïs aber war ein noch härter gesottener Sünder und frech
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