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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind nicht auszuhalten.“
    „Kannst du sie mir beschreiben? Wo tut es weh?“
    „Hier“, antwortete er, indem er die Hand auf die Magengegend legte.
    „Welcher Art sind die Schmerzen? Sticht es?“
    „Nein. Das ist eben der Schmerz, daß ich gar nichts fühle, daß es ist, als ob ich gar nichts im Leibe hätte.“
    „Ach so, ich verstehe! Wann kommen diese Schmerzen? Regelmäßig oder unregelmäßig?“
    „Sehr regelmäßig, stets ganz kurz vor der Mahlzeit, so daß ich sofort essen muß.“
    Ich gab mir Mühe, das Lachen zu unterdrücken, und sagte, indem ich ein sehr ernstes Gesicht zeigte:
    „Das ist freilich eine schlimme, eine sehr schlimme Krankheit!“
    „Ist sie zum Tode?“ fragte er ängstlich.
    „Unbedingt, wenn nicht Hilfe geschafft wird.“
    „So sag' schnell, kannst du helfen? Ich werde dich mit Gold belohnen!“
    „Ich kuriere dich umsonst. Wenn man nur erst den Namen der Krankheit weiß und das betreffende Mittel kennt, so ist sehr leicht zu helfen.“
    „Wie heißt meine Krankheit?“
    „Bei den Franzosen wird sie faim und bei den Engländern hunger oder appetite genannt; den hiesigen Namen brauchst du nicht zu wissen.“
    „Ich mag ihn gar nicht kennen, wenn du mir nur das richtige Mittel nennen kannst.“
    „Ich kenne es.“
    „So sage es; sage es schnell! Ich bin der Haushofmeister des Paschas und habe Gold in Hülle und Fülle. Ich wiederhole, daß ich dich mit Gold bezahlen werde!“
    „Und ich wiederhole, daß ich keine Bezahlung annehmen werde. Dennoch wirst du nicht ohne in den Beutel zu greifen davonkommen. Was haben dir die hiesigen Ärzte geraten?“
    „Ich soll hungern. Sie sagen, mein Magen sei schwach.“
    „Die Toren! Es findet gerade das Gegenteil statt. Du hast einen starken Magen. Wir Ärzte nennen diese Krankheit einen Rhinozeros- oder Nilpferdmagen. Darum darfst du nicht hungern, sondern du mußt essen, viel essen.“
    Sein Gesicht glänzte vor Entzücken. Er schlug die fetten Hände auf die breiten Kniee und rief aus:
    „Essen soll ich; essen darf ich; es wird mir sogar befohlen zu essen! O Mohammed, o ihr Kalifen alle! Das ist eine Medizin, gegen welche weder mein Herz noch mein Verstand etwas einzuwenden hat.“
    „Es ist die einzige Medizin, welche dir zu helfen vermag, nur muß sie in der richtigen Weise genommen werden.“
    „In welcher Weise?“
    „Sobald du die große Leere im Magen fühlst, verbeugst du dich siebenmal in der Richtung gegen Mekka; dann setzest du dich nieder, um so viel und so lange zu essen, bis das Gefühl der Leere verschwunden ist.“
    „Was denn? Was soll ich essen?“
    „Alles, was dir schmeckt. Wenn du dich dann wohler fühlst, so erhebst du dich, um dich nun neunmal gegen Mekka zu verbeugen, und zwar so tief, daß dein Haupt den Boden berührt.“
    „Werde ich das fertigbringen?“
    „Du mußt es!“
    „Aber wenn es doch nicht geht?“
    „Es muß gehen, sonst hilft das Mittel nichts. Nimm die Hände zu Hilfe. Wenn du sie auf den Boden stemmst, wirst du den Kopf auch hinunter bringen. Versuche es einmal!“
    Er stand gehorsam auf und machte den Versuch. Es war wunderbar anzusehen, wie er auf allen vieren stand und sich bestrebte, mit dem Kopf den Teppich zu berühren. Noch größer aber war das Wunder des Ernstes, den zu behaupten mir gelang. Es wurde ihm schwer; er wollte es erzwingen, verlor die Balance und schlug einen Purzelbaum. Doch raffte er sich rasch auf und erneuerte den Versuch, welcher ihm nun gelang.
    „Es geht, es geht!“ rief er froh. „Aber ich werde es heimlich machen müssen, da es, wenn andere sich dabei befänden, um den Ruhm meiner Würde geschehen wäre. Was soll ich noch weiter tun?“
    „Dankbare Wohltat üben.“
    „An wem?“
    „Ich sah auf dem Weg hierher so viele, viele Augenkranke; meist waren es Kinder. Sie sind an der Entzündung erblindet, und die geschwollenen Augen sind mit Fliegen bedeckt, welche den Eiter fressen.“
    „Ja“, nickte er, „es gibt hunderte von solchen Kindern; sie sitzen an den Wegen, um die Vorübergehenden um eine Gabe zu bitten.“
    „Nun, du bist reich, und der Prophet gebietet, Almosen zu geben. Willst du von meinem Mittel gesunden, so laß fünfzig solche blinde Kinder kommen, um jedem derselben zwei Piaster zu schenken und zwar alle drei Monate einmal.“
    „Effendi, ich werde es tun, denn ich bin überzeugt, daß dein Mittel vortrefflich ist. Du bist ein großer Arzt und in kurzer Zeit wird dein Ruhm in allen Ländern des Nils und weit darüber

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