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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinaus erschallen. Soeben fühle ich die Leere in der Magengegend. Darf ich gehen, um zu essen?“
    „Ja, beeile dich! Aber vergiß die Verbeugungen und dann auch die blinden Kinder nicht!“
    „Ich werde gleich nach dem Essen des Geld selbst unter sie verteilen. Hoffentlich hast du die Güte, mich zu besuchen, um dich von meinem guten Befinden zu überzeugen. Du bist ein Christ; dennoch wünsche ich, daß dir die Pforten des Paradieses offenstehen mögen, da du nicht die Grausamkeit besitzest, einen kranken Magen durch Hunger heilen zu wollen.“
    Er reichte mir die Hand und entfernte sich. Der Stallmeister hatte sich sehr ernst und schweigsam verhalten. Jetzt zuckte ein leises Lächeln um seinen Bart, und er meinte:
    „Effendi, du bist nicht nur ein kluger Arzt, sondern auch ein lustiger und guter Mensch.“
    „Wieso gut?“
    „Weil du für die Blinden sorgst.“
    „Und wieso lustig?“
    „Oder wäre es wirklich dein Ernst gewesen?“
    „Was?“
    „Daß du ihm – hm! Verzeihe! Wie könnte mein Blick deine Kenntnisse und Mittel durchdringen! Mekka ist die heilige Stadt, und so werden die sieben und neun Verbeugungen gewiß höchst notwendig sein; ich glaube es. Ein Arzt, welcher das Leben aus einer Flasche spendet, muß auch wissen, welche Wirkung eine Verbeugung nach Mekka hat. Ein anderer als du hätte mir den Sohn nicht retten können. Verständest du doch auch, mich von der Sorge zu befreien, welche noch auf meiner Seele lastet!“
    „Hast du noch eine Sorge? Darf ich erfahren, welche? Wir Franken können viel, was euch unmöglich erscheint.“
    „Das nicht. Hier könnte nur ein Beduine helfen, und zwar einer, welcher den Mut hat, sein Leben zu wagen. Die Franken besitzen zwar auch Pferde, aber sie sind keine Reiter.“
    „So handelt es sich also ums Reiten, um ein Pferd?“
    „Ja, um ein Pferd, welches schlimmer als der Teufel ist. Ich muß dir sagen, daß unser Pascha jenseits Mekka einen Blutsbruder hat, der ihm vor mehreren Wochen einen echten El Bakarra-Hengst, einen Grauschimmel schickte. Hast du schon einmal von den Pferden der Bakarra gehört?“
    „Ja. Sie sollen die feurigsten Arabiens sein.“
    „Und weißt du, daß von allen Pferden die Grauschimmel am ungehorsamsten sind?“
    „Man sagt es zwar, einem guten Reiter aber muß jedes Pferd gehorchen und eine Farbe wie die andere sein.“
    „Sprich nicht so, Effendi! Du bist ein vortrefflicher Arzt, aber ein Reiter kannst du unmöglich sein, erstens als Gelehrter und zweitens als Europäer überhaupt. Ich bin Stallmeister des Pascha und habe noch jedes Pferd bezwungen. Ich bin bei allen Stämmen der Nilländer gewesen, um mit ihnen um die Wette zu reiten, und noch nie besiegt worden. Dieser Grauschimmel aber hat mich abgeworfen, kaum nachdem es mir mit wahrer Lebensgefahr gelungen war, in den Sattel zu kommen. Wenn der Pascha zurückkehrt, soll das Tier wenigstens so weit gezähmt sein, daß er es besteigen kann; das hat er befohlen. Aber um es satteln zu können, muß man es fesseln, und dann, wenn man es besteigen will, schlägt und beißt es so toll um sich, daß man sich unmöglich nähern kann. Es hat mir schon mehrere Reitknechte zuschanden geschlagen, und vorhin hast du ja gesehen, wie es meinen Sohn zugerichtet hat.“
    „Er ist abgeworfen worden; folglich hat er im Sattel gesessen. Wie ist er denn hinaufgekommen, da du sagst, daß es sich nicht besteigen läßt?“
    „Es wurde mit Stricken gefesselt, so daß es auf der Erde lag. Dann legte man ihm den Sattel auf, und als mein Sohn aufgestiegen war, wurden die Fesseln schnell entfernt. Die Reitknechte, welche dies taten, mußten augenblicklich fliehen, und ebenso rasch flog mein Sohn aus dem Sattel gegen die Wand.“
    „Wo befindet sich das Pferd?“
    „Draußen im Hof der Ställe. Niemand hat den Mut, es jetzt zu berühren. Wir warten, bis es von selbst in den Stall zurückgekehrt ist.“
    „Darf ich es einmal sehen?“
    „Ja; aber du mußt mir versprechen, dich fernzuhalten!“
    „Ich verspreche es.“
    „So komm! Du wirst ein Pferd erblicken, wie es in deinem Vaterland noch keins gegeben hat und auch nie eins geben wird.“
    Er hatte mich sehr neugierig gemacht. Ein echter El Bakarra-Hengst! Mein Rih, der mich so weit herumgetragen hatte, war von demselben edlen Blute gewesen. Der gute Stallmeister ahnte nicht, daß ich noch ganz andere Pferde als er zwischen den Schenkeln gehabt hatte. Ich war schon jetzt, noch ehe ich den Grauschimmel sah, vollständig überzeugt,

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