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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auffordern würde, mich in das Haus zu begleiten; ich sagte ihm aber, daß ich jetzt schlafen gehen werde, und so kehrte er mit dem Dicken in dessen Wohnung zurück. –
    Am andern Morgen wurden nach dem Frühstück die Pferde vorgeführt. Der verabredete Ritt wurde in größerer Gesellschaft gemacht, als ich vermutet hatte. Der Haushofmeister ließ es sich nicht nehmen, sich uns anzuschließen, und Selim behauptete, daß auch er mitreiten müsse, da er mein Beschützer sei und mich vor einem Sturz vom Pferd zu bewahren habe. Ich versicherte ihm zwar, daß er gar keine Besorgnis zu haben brauche, doch er antwortete:
    „Effendi, ich bin der größte Held und Reiter meines Stammes; du aber bist ein Franke, und ich habe dich noch nicht auf einem Pferd sitzen sehen. Wenn du den Hals brichst, so habe ich es zu verantworten; darum werde ich stets an deiner Seite bleiben und kein Auge von dir lassen.“
    „Das bezweifle ich. Oder wärest du wirklich ein so ausgezeichneter Reiter?“
    „Mir hat es noch niemals einer gleichgetan“, antwortete er mit einer tiefen, tiefen Verbeugung.
    „So erwarte ich von dir, daß du Wort hältst. Falls du nur einen Augenblick von mir weichst, werde ich mich bei deinem Herrn beschweren und ihm sagen, daß du ein schlechter Beschützer bist, auf den man sich nicht verlassen kann.“
    „Tue das; tue das! Meine Macht und Sorgfalt würde dich umschweben, selbst wenn der Sturm der Wüste dich mit deinem Pferd davon führte. Ich würde mit den bösen Geistern des Samum um die Wette reiten.“
    Er sagte das in einem so zuversichtlichen Ton, als ob er schon mit allen Stürmen um die Wette geritten sei, und ich freute mich schon im voraus auf die Blamage, welche ihn erwartete.
    Wir waren also sechs: der Haushofmeister, der Stallmeister, Selim, ich und zwei Reitknechte, welche uns begleiteten. Wir ritten langsam durch die Stadt und die Höhe nach den Felsengräbern hinan. Auf den Höhen angelangt, welche das Niltal gegen die libysche Wüste hin begrenzen und beschützen, erblickten wir die weite Sandebene, die im Sonnenstrahl rötlich glänzend vor uns lag. Es ging die Höhe hinab, noch immer langsam; als wir aber unten angekommen waren, meinte der Stallmeister:
    „Jetzt Galopp, Effendi! Wir haben Raum genug hier in der Wüste.“
    Er gab seinem Pferd die Sporen und flog davon; wir folgten ihm. Ich muß Selim das Zeugnis erteilen, daß er bisher sein Wort gehalten hatte und nicht von meiner Seite gewichen war. In seinen Blicken und auf seinem Gesicht lag der Ausdruck stolzer Genugtuung; er glaubte, besser, viel besser reiten zu können als ich. Und das hatte seinen guten Grund. Mein Pferd hatte, sobald es die Straße betrat, mit mir davon stürmen wollen; aber ich hatte es so streng in die Zügel und so fest zwischen die Schenkel genommen, daß es seine Ungeduld bezähmen mußte. Diese meine Bemühung war von den andern nicht bemerkt worden; außerdem saß ich nach der Weise der Präriejäger im Sattel, nämlich die Beine nach hinten, den Oberkörper zusammengesunken nach vorn gebeugt. Das ergibt keineswegs einen schönen, ritterlichen Anblick, ist aber für den Reiter bequem und entlastet die Hinterhand, welche dann später, wenn es gilt, um so mehr zu leisten und zu tragen vermag. Die andern saßen nach arabischer Weise gerade und stolz zu Rosse, wovon nur der dicke Haushofmeister eine Ausnahme machte, und so hatte es den Anschein, als ob sie bessere Reiter seien als ich. Selim ritt nicht schlecht, auch hatte er kein übles Pferd, und darum war es ihm nicht zu verargen, daß er mich ein wenig von oben her betrachtete. Jetzt, wo wir zu galoppieren begannen, wollte mein Bakarra-Hengst seine Schnelligkeit entfalten; ich hielt ihn aber zurück, und so kam es, daß ich mit Selim, welcher nicht von mir weichen wollte, zurückblieb. Die beiden Reitknechte mußten uns eigentlich vor sich behalten; aber sie wurden schließlich ungeduldig und schossen an uns vorüber und über uns hinaus.
    „Schneller, schneller, Effendi!“ rief mir Selim zu. „Wir müssen sie einholen, sonst werden wir ausgelacht.“
    „Es geht nicht“, antwortete ich. „Ich falle sonst herunter.“
    „Allah, Allah! Wie kann man herabfallen wollen! Du blamierst mich auf das Schrecklichste. Diese Männer werden denken, ich könne nicht reiten, und doch bin ich der kühnste Reiter aller Stämme der Wüste. Leider bin ich gezwungen, bei dir zu bleiben. Aber nun siehst du doch wohl ein, daß du ohne meinen Schutz hier zu Schanden

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