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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewonnen?“
    „Natürlich du.“
    „So gib es her. Dieser Selim, welcher sich den kühnsten Reiter aller Stämme der Wüste genannt hat, mag jetzt noch einmal behaupten, daß ich nicht reiten kann und ohne seinen Schutz den Hals brechen müsse.“
    Der Stallmeister reichte mir das Geld, und ich steckte es ein. Der lange Selim machte ein Gesicht, als ob er von dem größten Unglück der Erde betroffen worden sei, und meinte:
    „Effendi, du bist der Ausfluß der Güte und der Brunnen der Barmherzigkeit. Du wirst mir das Zeugnis geben, daß ich dich unmöglich beschützen kann, wenn du nicht bei mir bleibst, und daß ich ein armer Diener bin, ein erbarmenswerter Sklave meines Herrn Murad Nassyr!“
    „Ich denke, du bist sein Beschützer und der meinige auch!“
    „O nein!“ beeilte er sich zu beteuern. „Ich bin sogar der ärmste Mann aller Stämme und Dörfer. Ich bin wie die Luft, welche niemand sieht, und wie das dürre Reiskorn in der Wüste. Ich bin ein reines Nichts, und wenn Allah in meine Taschen leuchtet, so ist darinnen nichts als der Inbegriff aller Armut zu finden. Ein Piaster ist für mich ein Vermögen, dessen Verlust mir das Leben verkürzt und meine Seele mit den Schauern der Trostlosigkeit umhüllt.“
    Ich hatte gleich bei seinem ersten Wort gewußt, worauf es abgesehen war, tat aber nicht so, als ob ich ihn begriff, sondern antwortete:
    „Dann will ich dir einen guten Rat erteilen, durch dessen Befolgung du dir große Reichtümer sammeln kannst. Wette so oft und so viel wie möglich! Wette besonders mit Reitern! Da du der kühnste Reiter deines Stammes bist und sogar den Samum der Wüste einholst, so wirst du jede Wette leicht gewinnenn und in kurzer Zeit ein steinreicher Mann sein.“
    „Effendi, scherze nicht!“ bat er mich im kläglichsten Ton. „Ich habe nicht geglaubt, daß deine Seele von solcher Bosheit überfließen mag. Ich bin der beste Reiter der Wüste, das ist wahr, aber gerade im Wetten habe ich kein Glück; es ist mein Fatum, mein Kismet, daß ich stets verliere.“
    „So wette nicht!“
    „Ich will auch nicht; aber zuweilen wird man förmlich gezwungen. So war es auch vorhin. Nur die Höflichkeit, die Ehrerbietung und Liebe, die ich für dich empfinde, veranlaßte mich, hundert Piaster gegen dein goldenes Pfund zu setzen. Ich wollte dich nicht beleidigen; ich wollte dir meine Hingebung beweisen. Willst du nun weniger großmütig sein, als ich es gewesen bin? Willst du von dem Blut der Armut leben und das Elend des Bedürftigen verzehren? Wer den Piaster des Bettlers verschlingt, dem wird einst die Hölle doppelt geheizt! Bedenke das!“
    „Nun, du kannst leicht wieder in den Besitz deiner hundert Piaster gelangen, wenn du mir der Wahrheit nach das aufrichtige Zugeständnis machst, daß du nicht imstande bist, mein Beschützer zu sein.“
    Das war schlimm für ihn. Er wollte sich nicht blamieren, hatte aber auch keine Lust, auf das Geld zu verzichten, welches ich ja überhaupt nicht behalten hätte. Darum fragte er:
    „Wenn du mir keine andere Bedingung machen kannst, Effendi, so gebe ich zu, daß du meines Schutzes nicht bedarfst.“
    „Halt, das ist eine Finte! Du sollst eingestehen, daß du nicht der Mann bist, mich in Schutz zu nehmen.“
    „Effendi, du bist hart; aber ich will dir die Freundlichkeit erweisen, deinen Wunsch zu erfüllen. Ja, ich kann dich nicht beschützen. Bist du nun zufrieden?“
    „Ja. Hier hast du die hundert Piaster zurück, und ich denke, daß es dir wohl nicht wieder beikommen wird, mich zu einer Wette aufzufordern.“
    Er steckte das Geld rasch ein, zog dann ein ganz anderes Gesicht auf, eine seiner bisherigen Gönner- und Protektormienen, und antwortete:
    „Im Reiten vielleicht nicht wieder, nämlich unter diesen Umständen; aber im übrigen darfst du, wenn du gerecht sein willst, getrost zugeben, daß die Eigenschaften meiner Persönlichkeit die große Macht besitzen, die Herzen aller Gläubigen und Ungläubigen zu erfreuen.“
    Der Kerl war unverbesserlich; aber es war unmöglich, ihm gram zu sein. Seine Aufschneidereien schadeten niemanden; sie standen mit seinem ganzen Wesen in so inniger Verbindung, daß er ohne dieselben gar nicht genießbar wäre.
    Wir kehrten nach der Stadt zurück, aber nicht in der Richtung, aus der wir gekommen waren, sondern der Stallmeister schlug eine südlichere ein, um mich nach dem Tell es Sirr (Hügel des Geheimnisses) zu bringen, einem Ort, von welchem er behauptete, daß sich da der Eingang zur

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