Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Hölle befinde.
    Die libyschen Berge zogen sich in langer, aber niedriger Reihe quer über unsere Gesichtslinie. Etwas von diesem Höhenzug entfernt, ein wenig in die Wüste gerückt, befand sich eine kleine Kuppe, welche nichts als ein Sandhaufen zu sein schien. Das war der Hügel des Geheimnisses.
    „Wie ist man denn hinter das Geheimnis, daß das die Pforte der Hölle sei, gelangt?“ fragte ich den Stallmeister.
    „Das weiß ich nicht. Ich habe es von andern erfahren, die es wieder von andern hörten.“
    „Ist der Name Tell es Sirr bekannt?“
    „Nicht allgemein, denn man spricht nicht gern von diesem bösen Ort. Wer es weiß, der meidet ihn. Aber du bist ein Sohn der Wissenschaft, und da du meinem Sohn mit der Flasche das Leben gerettet hast und gern alles Merkwürdige in Augenschein nimmst, so habe ich dich auf diese Stelle der Wüste aufmerksam gemacht.“
    „Ich sage dir Dank und werde einmal nach der Kuppe des Hügels reiten.“
    „Tue das nicht, Effendi! Wenn der Scheïtan sich gerade in der Nähe befindet, so streckt er die Kralle aus der Erde hervor und zieht dich in die Hölle hinab. Es ist hier schon mancher verschwunden, den kein Auge wieder erblickt hat.“
    „Das ist möglich; aber dann hat nicht der Teufel es getan, sondern es gibt Höhlungen, in welche die Betreffenden eingebrochen sind.“
    „Man hat nie eine Höhlung gesehen.“
    „Weil dieselben durch den Sand der Wüste verschüttet worden sind. Der Wind der Wüste weht von West nach Ost und treibt den Sand unaufhörlich in dieser Richtung fort; dadurch wird jede Vertiefung des Bodens bald ausgefüllt.“
    „Du erklärst dir das nach deinem Glauben; wir aber sind Anhänger des Propheten und hüten uns vor dem Rachen der Hölle. Willst du den Hügel wirklich besteigen, so bitte ich dich, auf unsere Begleitung zu verzichten. Wir werden unten bleiben und auf dich warten.“
    Jetzt stand dieser Tell es Sirr vor uns, ein kleiner Sandkegel von höchstens fünfzig Ellen Höhe. Wir stiegen ab, und ich machte mich daran, ihn zu besteigen. Das hatte keine Schwierigkeit, da er nicht sehr steil war, aber der Sand, aus welchem er zu bestehen schien, war sehr fein und locker, so daß man ein Gefühl hatte, als ob man durch Mehl wate. Ich stieg, um ihn von allen Seiten in Augenschein zu nehmen, nicht in gerader Richtung, sondern in einer Schneckenlinie empor, konnte aber nichts entdecken, was auch nur den geringsten Schein einer Merkwürdigkeit hatte. Ich stand, als ich oben angekommen war, im nackten Sand. Sand, nichts als Sand unter mir und um mich her. Wer weiß, auf welche Weise das dumme Gerücht, daß sich hier der Eingang zur Hölle befinde, entstanden war. Bei Siut gab es Grabgewölbe. Vielleicht waren hier in der Nähe des Hügels auch Gräberhöhlen. Da war nun einmal einer eingebrochen, und sofort hatte man die dadurch entstandene Vertiefung mit der Hölle in Verbindung gebracht. Unter mir sah ich die Gefährten; sie befanden sich nicht weit vom Fuß des Hügels. Es schien, als ob mein langer Selim die Schlappe, welche ihm durch mich geworden war, vergessen machen wolle, denn er hatte sein Pferd wieder bestiegen und ließ es allerlei Sprünge und Wendungen machen. Dann stieg er ab, und nun kroch der dicke Haushofmeister auf seinen schweren Gaul, um ihm dieselben Kunststücke nachzumachen. Wie ich dann hörte, war zwischen diesen beiden ein Streit entstanden, wer von ihnen der beste Reiter sei. Das vermutete ich gleich jetzt und blieb oben stehen, um zu sehen wie der Dicke seine Sache machen werde.
    Er ließ sein Pferd einige Schritte gehen und wollte es dann zwingen, sich vorn aufzurichten; der Gaul sollte sich auf den Hinterfüßen um sich selbst drehen. Aber er war zu schwerfällig dazu und hatte auch keine Lust zu einer so überflüssigen Anstrengung; darum wehrte er sich, schlug aus, stampfte mit den Hufen und – sank plötzlich mit den Hinterfüßen ein. Noch zur rechten Zeit tat er einen mächtigen Satz, arbeitete sich empor und stieg nun vor Schreck vorn in die Luft, der Dicke verlor das Gleichgewicht, fiel hinten herab und – war verschwunden.
    So viel hatte ich von meinem entfernten Standpunkt aus sehen können. Die andern vier brüllten vor Entsetzen wie die Löwen und sprangen von der gefährlichen Stelle fort. Ich rannte den Hügel hinab, dieses Mal nicht in einer Schnecken-, sondern in gerader Linie. Als ich unten angekommen war, rief mir der Stallmeister entgegen:
    „Siehst du, daß ich recht hatte, Effendi! Hier ist

Weitere Kostenlose Bücher