27 - Im Lande des Mahdi I
Fakir freundlich mit mir gesprochen hat!“
„Nein. Der Grund ist der, daß du mir gefallen hast. Ich hörte unterwegs die beiden Reitknechte, welche hinter mir gingen, von dir sprechen. Was ich da vernahm, stimmte ganz dazu, daß du mir nicht wie ein Unwissender gabst, was ich verlangte. Nimm getrost diese kleine Erinnerung mit nach Hause; ich tue mir, indem ich sie dir schenke, keinen Schaden. Damit du wissest, was es ist, habe ich einen Zettel beigelegt, welcher die Wahrheit enthält, da die auf diese Mumie bezüglichen Hieroglyphen entziffert worden sind.“
„Ich nehme es an, ohne nachzusehen, was das Paket enthält, und danke dir. Ich gehe nach Khartum und hoffe, dich auf dem Rückweg aufsuchen zu können. Vielleicht ist es mir dann besser möglich als jetzt, dir einen Beweis meiner Dankbarkeit zu liefern.“
„Dessen bedarf es nicht; aber du wirst mir willkommen sein. Nun aber wollen wir zurückkehren. Du hast nun so ungefähr gesehen, wie diese Höhle beschaffen ist; weiter brauchst du nichts zu wissen. Nur in Beziehung auf die Frage, welche du vorhin an mich richtetest, will ich dir das eine sagen, daß es in dieser Gegend Mumienschätze gibt, von denen die Regierung, welche den Handel und das Ausgraben verbietet, keine Ahnung hat. Komm, folge mir! Der Rückweg wird kürzer als der Herweg sein.“
Jetzt erfuhr ich so recht, wie verschlungen die verschiedenen Gänge der Höhle waren, denn wir erreichten den Eingang im dritten Teil der Zeit, welche wir gebraucht hatten, in die letzte Halle zu gelangen. Der Mann hatte uns jedenfalls so geführt, daß wir diejenigen Gemächer, welche kein Uneingeweihter sehen darf, nicht berührten. Der Stallmeister saß mit Selim in dem Eingangsloch. Sie waren nicht in das Freie gestiegen, aus welchem Grund, das erfuhr ich, als sie mich baten, darüber zu schweigen, daß sie die Höhle nicht mit in Augenschein genommen hatten. Die Reitknechte sollten nicht erfahren, daß den beiden der Mut gefehlt hatte, in das Innere derselben einzudringen.
Wir stiegen nach oben, und ich kann sagen, daß mir das Licht des Tages noch nie so hell und entzückend und die reine Luft noch nie so erquickend erschienen waren wie jetzt, da ich die nach Mumienpech stinkenden engen und finsteren Gänge hinter mir hatte. Wir schritten dem Dorf zu. Der heilige Fakir befand sich nicht mehr an der Stelle, an welcher er mit mir gesprochen hatte; aber als wir unten am Wasser ankamen, kauerte er, tief in Betrachtung versunken, in der Nähe unseres Bootes. Er schien uns gar nicht zu bemerken. Der Führer hatte uns bis hierher begleitet. Als ich Miene machte, ihm die ausbedungene Summe zu bezahlen, wehrte er mit beiden Händen ab und sagte:
„Willst du meine Seele beleidigen und mein Herz kränken? Jeder Piaster, den du mir anbietest, muß die Freundschaft, welche ich für dich empfinde, mindern. Behalte dein Geld, und denke so gern an mich, wie ich mich deiner erinnern werde, und wenn du aus dem Süden zurückkehrst, so vergiß nicht, mich aufzusuchen; denn es wird mir eine große Freude sein, dein Angesicht wiederzusehen.“
Er reichte mir die Hand und entfernte sich. Dieses Zurückweisen der Bezahlung kam den anderen so außerordentlich vor, daß der Stallmeister nicht umhin konnte, zu bemerken:
„Allah tut Wunder! Erst verlangt dieser Mann zehnmal mehr, als wir geben wollten, und nun will er gar nichts nehmen. Welchen Grund mag er haben, uns in der Weise zu verehren, daß er nicht wagt, den Inhalt unserer Beutel zu schmälern?“
„Welchen Grund er zu dieser Verehrung hat?“ fragte Selim. „Das weißt du nicht?“
„Nein; er ist mir unbegreiflich.“
„So will ich ihn dir sagen. Wir sind mit einem Mut, wie niemand vor uns, in den Bauch der Erde eingedrungen; wir haben das Eingeweide des Gestankes durchforscht und uns mit dem Ruhm einer Kühnheit, die ihresgleichen sucht, bedeckt. Das hat uns die Bewunderung dieses Führers errungen; er hat gesehen, was für tapfere und verwegene Söhne des Propheten wir sind, und wagt es nun nicht, uns den sündigen Mammon abzufordern. Das ist der Grund und kein anderer.“
Er hatte sich mit dieser Rede an die Reitknechte gewendet, welche seinen Ruhm daheim in Siut verbreiten sollten. Der Kerl war wirklich unbezahlbar, ein Aufschneider sondergleichen! Der Stallmeister wußte nicht, was er zu dieser Unverfrorenheit sagen sollte; er tat, was das klügste war – er schwieg, und auch ich hielt es nicht für der Mühe wert, eine Bemerkung zu machen.
Als
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