271 - Früchte des Zorns
und die Schönen sollen so was wie uns unter keinen Umständen zu Gesicht bekommen. Das wäre ja den Geschäften abträglich. - Was also schlägst du vor, Hoorge? Wie können wir uns unter den Mitgliedern der Hotvolley bewegen? Sollen wir unsere Narben überschminken? Holzstumpen als Prothesen ansetzen? Die Hände zusammenbinden, damit man das Zittern der Süchtigen nicht bemerkt?«
»Nichts von alledem.« Hoorge hob beschwichtigend die Arme. »Ich habe heute die Dunklen Wege weiter erforscht und…«
»Ich kann es nicht mehr hören!«, kreischte Henrii. »Du bist besessen von den Dunklen Wegen! Was hoffst du zu finden? Den Pfad in die Glückseligkeit? Sieh doch endlich ein, dass große Teile dieses unterirdischen Labyrinths zusammengebrochen sind. Was einmal war, ist zerstört! Du wirst es niemals schaffen, das Wegenetz so weit zu erforschen, dass wir in die Oberstadt und damit in die Wohnbezirke der Hotvolley vordringen können!«
»Und wenn ich dir sage, dass es mir heute gelungen ist?«
Hoorge genoss das Gefühl des Triumphes. Seinen drei Begleitern fielen die Kinnladen weit herab, mit ungläubigen Blicken starrten sie ihn an.
»Wo?«… »Wann?«… »Wie?«…
Sie bestürmten ihn mit Fragen, lachten laut, klopften ihm kräftig auf die Schultern, gaben ihm Fusel zu Trinken, wollten ihm zu Ehren gar ein Lied anstimmen.
»Ganz sachte!«, unterbrach er die allgemeine Jubelstimmung. »Wir sollten das Taratzenfell nicht verteilen, bevor das Biest in der Falle sitzt. - Ja, ich habe einen vielversprechenden Weg nach oben gefunden. An einer Abzweigung, die ich sicherlich schon hunderte Male passiert habe. Ich musste bloß ein paar Steine beiseite räumen - und siehe da: Dahinter befand sich eine in den Stein gehauene Treppe, die steil nach oben führte. Meiner Meinung nach gelangen wir über diesen Weg direkt in den Golden Squeaa.«
Der Golden Squeaa. Jener Bereich rings um das Kasino, in dem sich die Reichsten der Reichsten tummelten. Menschen, die sich von Sklaven den Hintern abwischen ließen und sich noch niemals selbst angezogen hatten.
»Bist du dir sicher?«, hakte Henrii nach.
Hoorge zögerte. »Wenige Meter unterhalb der Ausstiegsluke liegen Felstrümmer, an denen ich mich nicht vorbeiquetschen konnte. Wir müssen sie gemeinsam beiseite schaffen. - Aber ich habe die alten Pläne studiert, den Weg mit meinen eigenen Aufzeichnungen verglichen. Es müsste schon mit Orguudoo zugehen, wenn ich mich irrte.« Er nahm ein Stück getrockneten Algenfleisches und schob es sich in den Mund. »Stellt euch bloß mal vor: Der Golden Squeaa ist während des Rennens wie leergeräumt. Alle Bewohner des Viertels pilgern hinab zu den Tribünen, um das Rennen aus nächster Nähe zu beobachten. Jene Söldner, die zurückbleiben, bewachen und verteidigen die Außengrenzen des Golden Squeaas. Niemand wird uns kommen sehen! Niemand wird sich um uns kümmern! Denn durch diesen Gang gelangen wir unmittelbar ins Innere des Viertels! Wir besuchen ein Haus nach dem anderen und nehmen an Schätzen mit, so viel wir tragen können…«
Er blickte in hoffnungsfrohe Gesichter. Hoorge hatte sie gepackt, von seinen Plänen überzeugt. Letzte Spuren von Misstrauen waren verschwunden. Achdé, Cyriel und Henrii würden ihm folgen, ohne weiteren Zweifel an ihm und seinen Führungsqualitäten zu hegen.
***
Vom dankbaren Angloo reichlich mit Lebensmitteln und praktischen Dingen bedacht, die sie in Monacco womöglich brauchen konnten, setzten sie am frühen Nachmittag die Reise in Richtung Westen fort. Zu besagten Dingen zählte auch neue Kleidung, die zu einem Plan gehörte, den sie gemeinsam ersonnen hatten.
Aruula steuerte die Flugandrone, um Matt weitere Gelegenheit zur Erholung zu geben. Er würde all seine Kräfte brauchen, sobald sie Monacco erreicht hatten; und mit ein wenig Glück würden sie die Häuser der Stadt noch vor Einbruch der Dämmerung sehen.
Die Reise verlief ereignislos. Wiederum nutzten sie eine Route durch die Abgeschiedenheit des Hinterlandes; dieses hügeligen Vorgebirges, dessen dichter Bewuchs kaum Rückschlüsse über das Leben darunter erlaubte. Nur alle paar Kilometer zeigten sich dünne Rauchfahnen, die auf wenige und kleine Ansiedlungen schließen ließen.
Manoloo lenkte sein Tier bravourös wie immer, und er ließ sich auf keinerlei Abenteuer mehr ein. Der Andronenreiter hatte seine Lektion gelernt. Auch im Kampf gegen die Meffisi hatte er sich ausgezeichnet gehalten - und seitdem bei Tumaara einen Stein
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