2724 – Zeitzeuge der Zukunft
aussprechen?
Die Solaren Minister wirkten ebenso erschüttert wie sie. Sie saßen bleich am Tisch. Niemand redete.
Cheung setzte sich grußlos. »OTHERWISE? Sind die Daten manipuliert worden?«
»Die Daten kaum«, antwortete die Biopositronik. »Aber es gibt Unregelmäßigkeiten im Abstimmungsverhalten.«
Ein Holo entstand. In stark stilisierter Form wurden die bewohnten Planeten und Monde des Sonnensystems dargestellt; die Ergebnisse waren notiert. Cheung konnte keinerlei Abweichungen entdecken.
»OTHERWISE?«
»Die Auffälligkeiten liegen unterhalb der Promillegrenze«, sagte die Biopositronik. »Sie sind nicht wahlentscheidend, aber sie sind deutlich. Außerhalb der Erde wurde umso häufiger mit Ja gestimmt, je näher der Stimmberechtigte sich im Moment seiner Stimmabgabe am Kristallschirm aufhielt.
Bürger, die als Hyperfunker oder als Hypertechniker arbeiten oder professionell mit Hyperkristallen befasst sind, haben signifikant häufiger mit Ja abgestimmt als andere.
Ebenso Bürger, die sich in der Nähe von aktivierten Hyperfunkempfängern aufhielten.«
»Du meinst: Leute, die ferngesehen haben?« Cheung blickte konsterniert in die Runde.
»Es spricht einiges dafür. Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Richter die Lokalität Happy Betty genutzt hat, um in einer mir noch unbekannten Art psychische, vielleicht sogar parapsychisch grundierte Manipulationen beim Betrachter von Trivid-Übertragungen vorzunehmen.«
Cheung biss sich verärgert auf die Unterlippe. Für reichlich Publikum hatte Matan allerdings gesorgt. »Hast du bereits Technoanalytiker in Marsch gesetzt?«
»Selbstverständlich«, sagte OTHERWISE. »Aber die technische Zurüstung, die der Richter veranlasst hat, ist bereits weitgehend degeneriert.«
Ein Selbstzerstörungsmechanismus, dachte Cheung wütend. Natürlich.
Cheung sah sich um. Überall zornige, ratlose Gesichter. Jerome Mak, der Kommunikationsminister, schien den Tränen nah. Cheung sah ihn fragend an.
»Ich habe mit Ja gestimmt«, bekannte er.
»Warum?« Cheung hatte geflüstert.
»Weil es das ... ganz und gar Richtige ist. Ich kann es nicht verstehen, aber ich weiß, dass es das Richtige ist.« Mak hob verzweifelt beide Arme. »Es ist wie eine untergründige Strömung in meinem Bewusstsein.«
»OTHERWISE – lässt sich diese Para-Tele-irgendwas-Manipulation definitiv nachweisen? Kannst du eine stichhaltige Ursache-Wirkung-Kette nachweisen?«
»Nein. Wie gesagt, der Technomantel ist bereits degeneriert.«
Cheung spürte, wie sich alle Blicke auf sie richteten. Was hatte Matan gesagt? Wenn du das Ergebnis akzeptierst – wir werden es auch tun.
Was, wenn sie das Ergebnis nicht akzeptierte? Wenn sie auf eine neue Abstimmung drängte? Aber solange sie die Manipulation nicht beweisen konnten, solange sie nicht wussten, wie manipuliert worden war, so lange würden sie nicht verhindern können, dass eine neue Abstimmung noch deutlicher zugunsten des Richters ausfiel.
»Kommunale Einrichtungen verkünden soeben ihre eigenen Hochrechnungen«, informierte Stanning die Runde. »Sie decken sich mit unserem Ergebnis. Wir können nicht mehr lange warten.«
Cheung schloss kurz die Augen. »Ich will Matan sprechen.«
Aber Matan reagierte auf keinen Anruf.
Wer gießt die Blumen?
Perry Rhodan hatte das Gefühl, im Nirgendwo zu schweben. Mehr und mehr hatte ein nie gekanntes, namenloses Gefühl in ihm Raum gegriffen. Ihm war, als wäre er an Bord einer uralten Tauchglocke gegangen, die Luke über ihm wäre geschlossen, die Glocke abgesenkt worden.
Tiefer und tiefer. Das Licht wäre immer dürftiger geworden, die vielen Farben wären einem konturlosen Blau gewichen, das Blau wäre tintig geworden, endlich schwarz.
Merkwürdige Kreaturen wären hinter dem Bullauge erschienen, hätten zu ihm hereingeglotzt und sich dann, nachdem ihre Neugierde erloschen war, abgewendet von ihm und wären wieder in ihren undefinierbaren Räumen verschwunden.
Er aber wäre weiter versunken, in immer endlosere Tiefen.
Dann lag er still.
Und wartete.
Der Besuch Angakkuqs kam eigentlich nicht überraschend. Der Lakai betrachtete Rhodan mit seinen Brombeeraugen.
»Wo ist Matan?«, fragte Rhodan, ohne sich aufzurichten. Es lag so viel Meer über ihm.
»Er ist ein wenig unpässlich.«
Rhodan nickte bleiern. Was immer das heißt.
»Julian Tifflor hat das Solsystem wieder verlassen«, informierte ihn Angakkuq.
»Matan wird zufrieden mit ihm sein.«
»Das wird er«, bestätigte Angakkuq.
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