2728 – Die Gravo-Architekten
käme es Raphal nicht. Er konnte Toufec nicht ausstehen. Allein der letzte Auftritt des ehemaligen Wüstenräubers bei der Sitzung, wie er sich damit gebrüstet hatte, dass seine Wundermaschinerie die Möglichkeiten der Anwesenden übertraf, widerte Raphal an. Toufec war ein Relikt aus einer anderen Zeit und gehörte nach Raphals Meinung in Form eines Exponats in ein Museum. Am besten als Skelett.
Mathieus Gesicht zeigte keine Regung. »Wenn es sein muss. Aber das ist erst nötig, wenn alles andere scheitert. Ich habe eine Idee.«
8.
Projekt Gravo-Taucher
Khelay lenkte seinen Gleiter vom Sitz des Lunaren Residenten fort, hin zur Werft der Beer & Mädler-Universität. Auch wenn er erschöpft war, wollte er die Vorgänge bei diesem überaus wichtigen Projekt überwachen. Er traute den Widerständlern nicht.
Er flog gerade über einen weiten Park, an dessen Bäumen der Gravoeinbruch kein einziges Blatt zurückgelassen hatte, als eine Meldung mit hoher Prioritätsstufe über sein Multifunktionsgerät einging.
Eine weibliche Stimme sprach. »Bonthonner Khelay, hier ist Damtinnar Gandheney, Medo-Verwaltung 278 Luna City.«
Erschrocken schaltete Khelay auf Autopilot. »Was ist passiert?«
»Der Einbruch der gravitativen Kräfte hat zum Einsturz eines Wohnturms geführt, in dem sich eine ihrer Töchter aufhielt. Nandherrey ist wohlauf. Satheki dagegen liegt im Koma. Ihr Zustand ist kritisch. Wenn sie in den nächsten fünf bis acht Stunden nicht erwacht, wird sie in den Feuerschlaf gehen.«
Khelay wollte etwas erwidern, doch er brachte keinen Ton hervor. Vor seinem inneren Blick stand Satheki, mit leuchtend blauem Emot, ein Kind, wie man es sich aufgeweckter und quirliger kaum wünschen konnte. Sie sollte im Koma liegen?
Gandheney sagte nicht, dass die Mediker taten, was sie konnten – das taten sie ohnehin. Sie ließ Khelay einen Augenblick der Stille, dann sprach sie wieder. Sicher hatte sie noch mehr Anrufe zu tätigen. »Ich melde mich, sobald eine Veränderung eintritt.«
Wenn Satheki aufwachte oder in den Feuerschlaf ging.
»Ich habe verstanden. Ist meine Anwesenheit erwünscht?«
»Nein. Die Angehörigen von Sathekis Schlafrudel sind vor Ort.«
»Danke für die Informationen.« Khelay beendete die Verbindung. Über zwei Minuten saß er da und konzentrierte sich auf sein Emot. Erst nachdem er seine Gefühle hundertprozentig unter Kontrolle hatte, nahm er Verbindung mit Jekontur Therbindesh auf, seinem Stellvertreter.
»Terbindesh, hier Khelay. Wie ist die Lage?«
Der ranghohe Kommandant wirkte so erschöpft, wie Khelay sich fühlte. Die Lage forderte ihren Tribut. Das Holo über Khelays Arm zeigte deutlich das stumpfe Aussehen der schwarzen Haut. Offensichtlich trank Therbindesh zu wenig.
»Der Ausnahmezustand wird in wenigen Stunden aufgehoben. Wir bekommen mehr und mehr Kontrolle. In Luna City bergen Roboter mithilfe von Lunarern letzte Verschüttete.«
»Wie sieht es mit meinem besonderen Auftrag aus?«
Therbindesh knickte die langen Ohren ab. »Meine Leute sind an den Widerständlern dran. Ich habe insgesamt zehn Spezialisten eingesetzt. Bisher ohne Ergebnisse außer einem. Der Widerständler Raphal Shilo verhält sich verdächtig. Er ist schon zwei Mal im Hotel Langhorne gewesen und hat sich dort mit jemandem getroffen. Wer das ist, kann ich noch nicht sagen. Sobald Ruhe eingekehrt ist, intensiviere ich die Bemühungen.«
»Gut, Therbindesh. Ich erwarte Informationen!«
Khelay verfärbte sein Emot zum Abschied und beendete die Verbindung. Obwohl er sich Gedanken über Raphal Shilo machen sollte, konnte er nur an Satheki denken. Er hoffte inständig, dass sie überlebte.
*
Der kleine Vortragssaal im Flip war brechend voll. Fionn Kemeny trank einen Schluck Wasser, dann lächelte er und bemühte sich, sich zu beruhigen. Er hatte als Professor für Hyperphysik an der Waringer-Akademie schon oft Vorträge gehalten, doch dieses Projekt war anders. Luna stand auf dem Spiel. Außer Ryotar Hannacoy, Jena Tirig und einigen anderen hohen Regierungsvertretern waren es vor allem die fünf Journalisten in der ersten Sitzreihe, die ihn nervös machten.
Es wunderte Kemeny, dass Hannacoy und Antonin Sipiera beschlossen hatten, die Journalisten zuzulassen und die Bevölkerung an dem teilhaben zu lassen, was sie zur Rettung Lunas unternahmen. Vielleicht lag es daran, dass die Gerüchte seit der vorübergehenden Evakuierung der oberirdischen Bereiche Luna Citys Wellen schlugen. Die Lunarer hatten
Weitere Kostenlose Bücher