2728 – Die Gravo-Architekten
sie verkündet, dass Kanzler Hannacoy und Jena Tirig morgen heiraten würden.
»Das ist unmöglich!«, sagte Kemeny in einem Ton, der den Blick Woytroms übertraf. »Man kann nicht einfach auf einem Neutronenstern landen. Selbst wenn wir dank der neuen Schutzhülle, basierend auf der Repulsorwall-Technik, tatsächlich durch das Desasterfeld kämen – wir würden immer näher herankommen und dann vernichtet werden. Die Anziehungskraft von Dhalaam-Delta beträgt das Milliardenfache der Erde! Mal ganz davon abgesehen, dass der Stern einen Durchmesser von lediglich zwanzig Kilometern hat und sich wie ein Kreisel 721-mal in der Sekunde um sich selbst dreht. Keine guten Landebedingungen, wenn du verstehst.«
Shanda bereute ihren Einwurf bereits, doch Kemeny redete weiter, offensichtlich bestrebt, sie vorzuführen wie eine Erstsemesterin, die ihre Zulassung zum Physikstudium erschlichen hatte.
»Außerdem hat die Atmosphäre der Sonne eine Höhe von maximal vier Millimetern. Es gibt keinen Weg, dort hineinzufliegen!«
Mit dem Gammablitz stand auf und griff wiederholt mit den Fingern der Trichter in die Luft, bis alle zu ihm sahen. »Der Keim des Tons vermag es sehr wohl. Es kommt auf den indizierten Horizont an.«
Achselzucken im Saal.
Kemeny dolmetschte. »Er meint, dass es theoretisch möglich ist. Aber das, worüber wir hier als Raumschiff reden, müsste in dem Fall kleiner sein als ein Virus. Keinesfalls größer als zehn Nanometer, vielleicht sogar nur im Pokometerbereich.«
Shanda hob den Kopf. »Dann bauen wir das doch.«
Aytosh Woytrom und Menthennar Zariy machten abgehackte Geräusche. War es ihre Art zu lachen? Shanda kümmerte es nicht. Sie spürte, wie ein Lächeln ihre Mundwinkel hob.
Kemeny kniff die Augen zusammen, dass die weißen Brauen beinahe eine Linie bildeten. »Es bauen? Hast du rein zufällig eine Nanowerft in der Tasche mit Robotern, die nicht nur Moleküle und Atome manipulieren können, sondern auch noch deren Elemente? Elektronen, Neutronen, Protonen, Quarks?«
Menthennar Zariys Emot verfärbte sich. »Das übersteigt selbst die Möglichkeiten der tt-Progenitoren-Technologie.«
»tt-Progenitoren?«, fragte Kemeny nach. Er verlagerte seine intensive Aufmerksamkeit schlagartig von Shanda auf die Technikerin.
Zariy zögerte. Sie schien zu überlegen, wie viel sie preisgeben wollte. »Es sind mikroskopisch kleine, prototechnische Stammzellen, die sich teils vermehren und regenerieren. Sie können andere technische Gebilde gewissermaßen gebären. Aber wie ich schon sagte: Es übersteigt die Möglichkeiten. Etwas so Kleines können wir nicht erschaffen.«
Shanda drückte Toufecs Hand. Vielleicht war sie naiv, aber wenn es schon keine Wunder gab, dann gab es noch immer Pazuzu.
Toufec stand auf. »Nun, vielleicht übersteigt so ein Projekt doch nicht die Möglichkeit aller Anwesenden. Ich schlage vor, wir bilden ein Wissenschaftsteam und gehen zurück in die Werft. Wir haben ein Raumschiff zu bauen.«
*
Raphal Shilo suchte auf Umwegen den Weg zum Hotel Langhorne. Was er eben gehört hatte, beunruhigte ihn zutiefst. Die Sitzung war aufgelöst worden, und die Wissenschaftler gingen wieder an die Arbeit. Mithilfe der Wundertechnologie Pazuzu wollten sie ein unvorstellbar kleines Schiff bauen.
Ihm gefiel das nicht. Er hoffte, dass Mathieu Cort seine Zweifel zerstreuen konnte.
Raphal nahm den ihm bekannten Weg ins Hotel, setzte eine Roboteinheit ein, um seine Spuren zu verwischen, und trat in den langen Gang, an die verblichene Goldwand zwischen den Zimmernummern 411 und 413.
Mathieu Cort hockte – umhüllt von dem über die Lehne drapierten Metallmantel – in seinem Pneumosessel, als hätte er ihn nie verlassen. Raphal fragte sich, ob Mathieu irgendwann genauso eingestaubt sein würde wie die Vasen und Kunstgegenstände auf dem Flur und die Absätze vor dem verdunkelten Fenster.
Er setzte sich, trank aus einer Flasche, die vor Mathieu auf dem Tisch stand, und berichtete in allen Einzelheiten, was er soeben im Flip gehört hatte.
Mathieu hörte ihm aufmerksam zu. »Lass es uns mit dem vergleichen, was die Nachrichten bringen«, sagte er dann.
Mathieu machte eine Kopfbewegung, und ein Holo baute sich über einem Abspielgerät auf, das so klein war, dass Raphal es bisher übersehen hatte. Das Logo Spektrum Lunas leuchtete auf, ein Vollmond mit einem hell glitzernden Punkt, der wie ein Diamant über Luna City schwebte. Ein schwarz gekleideter Mann mit gut aussehendem Gesicht,
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