2728 – Die Gravo-Architekten
ist nun auch von der Seite Lunas her unpassierbar. Für Raumschiffe ebenso wie für Funksprüche jeder Art. Der Mond ist den Onryonen zum Gefängnis geworden. Zumindest vorübergehend.«
»Wir haben Zeit gewonnen«, sagte Pri.
»Und Zeit«, ergänzte YLA, »ist ein Geschenk, das man zu nutzen verstehen muss.«
*
Shanda streckte sich vorsichtig auf ihrem Bett und fühlte in sich hinein. Ihr Herz schlug schwach und regelmäßig. Mit jedem Schlag spürte sie einen ziehenden Schmerz, der auszuhalten war. Bald schon würde sie keine Medikamente mehr brauchen. Eine Woche Schonung, ein paar körperliche Übungen, und sie war dank der schnellen Operation und der Gewebetransplantation wieder ganz die Alte.
Das Display ihres Multifunktionsgeräts leuchtete auf. Sie überprüfte den Dateneingang und fand eine Verbindungsbitte von Toufec. Shanda stellte die Verbindung her. »Ja?«
»Shanda? Kannst du zu mir kommen?«
»Falls du ein romantisches Picknick im Sinn hast, muss ich dich enttäuschen. Ich bin noch nicht ...«
»Es geht um Pazuzu«, unterbrach er sie.
Shanda berührte den Verband um ihre Brust über der Kleidung. »Pazuzu?«
»Er ... er behauptet, er fühle sich anders.«
Shanda stand vom Bett auf. »Bin unterwegs.«
Sie war angezogen, hatte sich lediglich ausgeruht und verließ das Zimmer, das ihr Pri in der Nähe der Krankenstation gegeben hatte. Es waren nur zweihundert Meter bis zu Toufecs Unterkunft. Obwohl Shanda neugierig war, nahm sie sich Zeit, den Weg zurückzulegen. Die langen, leeren Gänge der Universität zogen an ihr vorbei.
Ihre Gedanken kreisten um Pazuzu.
Als sie das Zimmer Toufecs erreichte, war sie außer Atem, und der Schmerz in der Brust hatte zugenommen. Sie atmete mehrmals tief durch, dann betätigte sie den Türöffner.
Toufec kam ihr entgegen. »Danke, dass du gleich gekommen bist. Setz dich.«
Auf seinem Gesicht zeigte sich Schuldbewusstsein, weil er sie in ihrem geschwächten Zustand durch die Universität hatte laufen lassen.
Shanda setzte sich auf ein violettes Sitzkissen, das vor einem niedrigen Tisch mit mosaikartigen Intarsien lag. Auf der Perlmuttoberfläche des Tischs stand der Behälter, in dem Pazuzus Nanogenten versammelt waren. Er ragte vor Shanda auf wie die geheimnisvolle Wunderlampe, von der sie in alten Märchen gehört hatte.
»Pazuzu?«, fragte sie.
»Habe ich schon versucht. Er kommt nicht raus.«
Shanda runzelte die Stirn. »Er kommt nicht, wenn du seinen Namen sagst?«
Toufec hob hilflos die Schultern und setzte sich ihr gegenüber auf eine smaragdgrüne Sitzgelegenheit. »Eben deshalb brauche ich dich. Versuch, zu ihm vorzudringen. Ich will wissen, was ihn so durcheinanderbringt.«
Langsam senkte Shanda die Lider. Sie griff mit ihren mentalen Fähigkeiten nach Pazuzu, esperte, was in Toufecs Dschinn vor sich ging.
Goldenes Wabern breitete sich vor Shanda aus, durchzogen von silbernen Mustern, die sich ausdehnten wie die Wellen eines Teichs, in den jemand einen Stein geworfen hatte. Im Zentrum ihrer Wahrnehmung war etwas, das sich wie ein Keim anfühlte, der unter der Wasseroberfläche anwuchs. Seine Triebe griffen flüsternd und wispernd um sich.
Gedankenfunken. Mehr als das: ein Bewusstseinskeim. Eingepflanzt in fruchtbare Erde.
»Die Mentalkopie.« Shanda sank auf die Knie, umfasste die Mischung aus Öllämpchen und Flasche mit beiden Händen.
Im Inneren wisperte und wogte es. Neue Muster entstanden, bildeten mentale Blütenblätter, weiß und rein wie die Knospen von Kirschbäumen. Sie schloss die Augen und versank in der Schönheit dieses Wunders.
»Pazuzu denkt. Pazuzu fühlt. Er hat zu leben begonnen.«
ENDE
Menschen und Onryonen haben einen weiten Weg vor sich – in mehr als einer Hinsicht. In der Milchstraße geht es indes weiter um die Bedeutung des Atopischen Tribunals: Gucky startet in den Einsatz, um Perry Rhodan zu befreien, die USO reagiert ebenfalls, die Ertruser erheben sich, und die Arkoniden verlassen nach und nach ihre Heimat ...
Marc A. Herren berichtet von den Schicksalslinien der Galaxis, die durch das Atopische Tribunal gestaltet werden, im Roman der folgenden Woche. Der Band erscheint als Nummer 2729 unter folgendem Titel im Zeitschriftenhandel:
IN EINE NEUE ÄRA
Gravo-Abgrund (I)
Luna strandet in einer extrem heißen, hyperphysikalisch brodelnden Plasmawolke. Diese verdankt ihre Entstehung vier Neutronensternen, die sich zunächst etwa 100 Millionen Kilometer über Luna City
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