275 - Licht und Schatten
unablässig, während er hinter den anderen her der Festung entgegen ging. An Flucht dachte der Padre schon lange nicht mehr. Er hatte es versucht, doch die anderen Schatten hatten ihn eingeholt. [4] Und schlimmer noch: Als der Hunger während seiner Flucht zu schlimm in ihm gewütet hatte, war er erneut - und diesmal aus eigenem Antrieb! - zum Mörder geworden! Dazu kam: Wohin sollte er auf einer Insel auch fliehen?
Unerbittlich drängte Mutter sie voran in ihrer Gier nach Lebenskraft. In der Ferne hoben sich die hellen Festungsmauern vor dem Grün des Waldes und der Weiden ab. Die letzten Flüchtenden drängten gerade durch das noch offene Tor. Vorwärts, vorwärts! Wie Peitschenhiebe trieben die bösen Gedanken des Dämons den Padre und seine Schattengenossen voran. Dort sitzen sie in der Falle! Keiner wird entkommen!
Das Tor fiel zu, die Lebenden hatten sich in die Festung geflüchtet - in trügerische Sicherheit.
Die Festung war noch etwa dreihundert Schritte entfernt, da durchdrang Mutter mit ihrem nächsten Befehl ihre Schattenherzen und -hirne. Wir müssen verhindern, dass die Menschen durch einen zweiten Ausgang entkommen können! Also trennt euch! Sechs nehmen den Weg durch das vordere Tor, zwei dringen von der anderen Seite in die Festung ein, um in die Rücken der Lebendigen zu gelangen: Maxim und Bartolomé.
Auf einmal öffnete sich das Festungstor wieder und acht Männer verließen die Festung. Es waren Bogenschützen. Im Laufschritt eilten sie Bartolomé und seinen Gefährten entgegen. Leichte Beute…
***
Die Menge der Dorfbewohner drängte sich durch das offene Tor in den großen Festungshof: etwa neunzig Männer, Frauen und Kinder mit ihren Tieren. Die Festungsbewohner - noch einmal ungefähr vierzig Menschen - und die Königin erwarteten sie bereits.
Matthew Drax und Aruula gehörten mit der Priesterin und ihren beiden Begleiterinnen zu den letzten Flüchtlingen, die durch das starke Tor hetzten. Dykestraa und Arjeela drückten die beiden Flügel zu und verriegelten sie.
Der Mann aus der Vergangenheit sah sich im weitläufigen Hof um. Die Alten und die Frauen mit kleinen Kindern suchten Zuflucht in den steinernen Gebäuden im hinteren Bereich der Königsfestung. Im vorderen standen Stallungen zwischen Obstbäumen, Feuerplätzen und einem großen Gemüsegarten. Die Kriegerinnen und viele Bogenschützen sammelten sich um Königin Lusaana und die Priesterin. Etliche Kriegerinnen hielten sich bereits auf dem Wehrgang der Mauer auf.
Zwischen den Obstbäumen bei den Reena-Stallungen erkannte Matt Drax den Händler Hermon - Grao! - und Bahafaa. Hatten sie sich also wieder gefunden. Der Daa'mure in Menschengestalt hielt die ängstliche Bahafaa im Arm und führte sie zu einem der Gebäude im hinteren Festungsbereich. Er verhielt sich wie ein ganz normaler Menschenmann. Sollte Grao'sil'aana sich denn wirklich dem Leben unter den Menschen auf den Dreizehn Inseln angepasst haben? Kaum vorstellbar, aber es sah ganz so aus.
»Gehen wir zur Königin.« Aruula berührte Matt an der Hand. Seite an Seite gingen sie zu einer Stiege, die rechts des Festungstores zum Wehrgang hinauf führte. Dort kletterten eben Lusaana und Juneeda zu den Zinnen hinauf. Matt und Aruula schlossen sich ihnen und ihren Begleiterinnen an.
Neben der Königin und der Priesterin standen sie bald darauf auf dem Wehrgang und spähten westwärts. Das Meer war von hier aus nicht zu erkennen. Dagegen sah man deutlich die acht schattenhaften Gestalten, die sich der Festung näherten. Sie schienen es nicht besonders eilig zu haben. Als wären sie sich ihrer Opfer gewiss.
»Sie sehen aus wie Menschen«, sagte Juneeda, die Priesterin, schaudernd. »Doch ich fürchte, es sind Dämonen.«
»Dann müssen es Dämonen aus der Vergangenheit der Erde sein«, entgegnete Matt Drax. Er hatte sein Fernglas vor die Augen gehoben. »Diese Typen tragen altspanische Kleidung und Rüstungen! Einige sehen aus wie Conquistadores. - Das waren Eureer, die vor über tausend Jahren nach Meeraka fuhren, um dort Goldschätze zu rauben«, fügte er hinzu, als er die ratlosen Gesichter der Umstehenden bemerkte.
»Sie machen mir Angst«, ließ sich neben ihm Aruula vernehmen. »Man kann durch sie hindurchsehen wie durch Nebel.«
»Was sollen wir tun?«, drängte Juneeda. »Doch einen Angriff wagen?«
»Niemand sollte zu ihnen hinaus gehen«, beschwor Matt die Königin. »Man kann sie nicht mit Schwertern besiegen. Genauso wenig, wie man Nebel zerteilen
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