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276 - Die Genesis des Arthur Crow

276 - Die Genesis des Arthur Crow

Titel: 276 - Die Genesis des Arthur Crow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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zusammenhängende Sätze zu formen. Dementsprechend misslang sein erster Versuch einer Kontaktaufnahme.
    Das Junge fragte: »Was? Was hast du gesagt?«
    Kroow modifizierte das Organ, das er zum Sprechen ausgebildet hatte. Aber das Kind hielt sich die Ohren zu.
    Kroow zögerte nicht lange, sondern schnappte es sich und eilte damit weiter.
    Das Junge schrie und zappelte nicht. Es starrte Kroow nur bewundernd an…
    ***
    Milos jauchzte. In wildem Ritt ging es durch die verschneite Landschaft. Dass er sich dabei immer weiter von zuhause entfernte, wurde ihm anfangs gar nicht bewusst… und später war es ihm egal. Sein neuer Freund - sein einziger Freund, korrigierte er sich -, auf dessen Schultern er galoppierte, beeindruckte ihn so sehr, dass er zu Kritik gar nicht fähig war.
    Irgendwann stoppte der Ritt. Milos wurde zurück in den Schnee gesetzt.
    »Was ist?«, fragte er und blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Tiefe Fußstapfen hatten sich in die Landschaft gestanzt, tiefer als Milos es jemals bei einem Menschen gesehen hatte. Der Schneefall hatte aufgehört und so würde die Spur noch für eine lange Zeit sichtbar sein.
    »Kannst du nicht sprechen?«, wandte er sich an seinen Freund, der unglaublich stark zu sein schien. Aber wenn Milos versuchte, das Gesicht zu betrachten, gelang es ihm nie, etwas Markantes zu erkennen. Alles schien in Bewegung zu sein, sich ständig zu verschieben.
    Die Blödmänner im Dorf wären vor Neid geplatzt. So einen Kumpel hatte keiner.
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Dacht ich mir«, sagte Milos. »Hast bestimmt auch niemanden, der dich leiden kann. Oder?« Er nickte ernst, während er zu dem Stummen hochsah. »Wie bei mir. Aber jetzt haben wir beide ja uns. Du musst nicht reden können. Ich quassel sowieso für zwei - sagen die andern immer. Die andern sind Idioten. Obwohl sie meinen, ich wär einer.«
    Der Stumme setzte sich vor Milos in den Schnee. Eine tiefe Mulde entstand.
    »Hey, wie schwer bist'n du? Zum Glück is unter uns kein Eis. Du würdest glatt einbrechen und absaufen. Du musst vorsichtig sein. Siehst gar nich so dick aus… überhaupt nich eigentlich. Hast schwere Knochen, stimmt's?« Milos lächelte. »Ich wünschte, ich hätt die auch. Dann würd ich die andern verdreschen, wenn sie mir doof kommen. Blödmänner, blöde!« Er überlegte. Dann fragte er: »Haste 'nen Namen? Klar, jeder hat 'nen Namen. Kannste schreiben? Dann nimm den Finger und schreib ihn in 'n Schnee!«
    Der Stumme rührte sich nicht.
    » Bitte. «
    Nach einer Weile kam Bewegung in den linken Arm. Mit gespreiztem Zeigefinger malte er Buchstaben in den Schnee.
    KROOW, las Milos. »Kroow? Komischer Name. Bist nich von hier, was?«
    Immer wieder blickte Milos in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Er schätzte, dass er allein zu Fuß eine Stunde zurück gebraucht hätte. Mit Kroows Hilfe hatte er die Entfernung in wenigen Minuten zurückgelegt.
    »Wohin willste, alter Junge?«, fragte er, spürbar mutiger werdend. Da war immer noch der Duft seines neuen Freundes, und der erstickte jeden Anflug von Sorge, dass von Kroow eine Gefahr ausging. »Zur Küste, stimmt's?«
    »Hüüüktooon.«
    Milos zuckte zusammen. Es dauerte eine Weile, bis er kapierte, dass die Tonfolge von Kroow gekommen war - von irgendwo aus seinem Körper, nicht aus seinem Mund.
    »Was ist Hükton?«
    »Ooort. Ziiiel.« Die Lippen des Mannes bewegten sich, dennoch hatte Milos weiterhin das Gefühl, die Worte kämen aus dem Bauch.
    »Dorthin willste? Hükton?« Milos schüttelte den Kopf. »Nie gehört.«
    »Wiiie… heissst… du?«
    Die Sprache von Kroow wurde mit jedem Wort flüssiger. Milos war beeindruckt. Offenbar war Kroow gar nicht stumm, vielleicht war er… krank.
    »Ich heiße Milos. Kannste dir das merken?«
    »Na-tür-lich.«
    »Toll. Ich bring dir's Sprechen bei, ja? Ich bin jetzt dein Lehrer .« Milos schritt wichtigtuerisch vor Kroow auf und ab. Er versank gerade mal bis zu den Fußknöcheln im Schnee, während die Spur, die Kroow hinterlassen hatte, mindestens fünfmal so tief war. Milos hob die Hand und hielt den Zeigefinger nach oben, wie es seine Mutter manchmal tat, wenn sie ernst mit ihm sprach. Sein Vater war anders, der langte ihm meist eine, manchmal sogar mit der Faust. Milos hasste beide. Sie gaben ihm nie das Gefühl, dass er ihnen wichtig war. Nur lästig. Sie hatten nur Ärger mit ihm und betonten das bei jedem Satz, den sie an ihn richteten.
    Von ihm aus konnten sie jetzt glücklich

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