276 - Die Genesis des Arthur Crow
ist bei ihr, er hat sie gleich, keine Sorge…«
Ivees Vater und Mutter ließen sich davon nicht beruhigen. Sie stürmten dem Punkt entgegen, wo Matt bereits begonnen hatte, Ivee zu bergen.
Aruula folgte ihnen.
Als Matt mit dem Mädchen auf den Armen trockenen Boden erreichte und Ivee in den Sand legte, war auch Aruula zur Stelle.
Kurz darauf stand fest, dass Ivee keine Schäden davongetragen hatte. Sie hustete und drängte auf die Beine.
Matt übergab sie der Obhut ihrer Eltern, die unablässig auf sie einredeten.
Als sich die Aufregung etwas gelegt hatte, begleiteten Matt und Aruula die Familie in deren Haus. Bei einer Tasse Tee saßen wenig später alle um ein Feuer. Ivee war in eine warme Felldecke gehüllt. Matts Anzug aus marsianischer Spinnenseide fühlte sich bereits wieder staubtrocken an.
»Was ist nur in dich gefahren, Kind?«, stellte Forkas Ivee zur Rede. »Warum hast du das getan? Wenn Maddrax nicht gewesen wäre…« Er schenkte Matt einen Blick, in dem mehr als bloße Dankbarkeit lag. »Nicht auszudenken! Kind!«
Ivee blickte ihn an. Die Ratlosigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie schien selbst nicht zu wissen, was geschehen war, warum sie ins Meer hatte laufen wollen.
»Vielleicht schlafwandelt sie«, mutmaßte Matt. »Ist so etwas schon einmal passiert?«
»Nie!«, antworteten beide Eltern wie aus einem Mund.
»Was lastet dir auf der Seele?«, fuhr Rika dann fort. »Kind, du kannst mit uns über alles sprechen…« Als Ivee weiter beharrlich schwieg - nicht, weil sie Auskünfte verweigerte, sondern weil sie keine Antworten zu haben schien -, seufzte ihre Mutter und sagte: »Ich wünschte, ich käme noch an dich heran. Aber seit du versteinert warst…«
Aruula wurde ebenso hellhörig wie Matt. Er sah es ihr an, noch bevor sie sich an Rika wandte.
»Sie war versteinert?«, fragte Aruula.
Forkas nickte.
»Aber…« Aruula war verwirrt. »Ich dachte, nur Königin Lusaana, Tumaara, Dykestraa und Arjeela wären versteinert gewesen. Und natürlich die Männer am Strand.«
»Ivee hatte sich im Haus versteckt, als die Schatten kamen«, erzählte Forkas. Seine Miene hatte sich verdüstert. »Rika und ich dachten, sie wäre schon bei den anderen. Dass sie fehlt, haben wir erst auf dem Weg zur Festung bemerkt - und da verbot uns Lusaana, zurückzukehren.«
Er stockte, von der Erinnerung überwältigt, und Rika übernahm das Wort: »Als wir dann aus dem Labyrinth zurück waren, fanden wir Ivee unversehrt im Haus; Wudan sei Dank. Ihre letzte Erinnerung war, dass einer der Schatten sie berührte - von da an fehlten ihr die nächsten Stunden.«
»Aber etwas war anders, nicht wahr?«, hakte Aruula nach. »Ich hatte gerade das Gefühl, dass du mit ›nicht mehr an Ivee herankommen‹ mehr meintest als eine normale Unterhaltung.«
Rika nickte. »Du hast recht. Sie hat sich irgendwie… verändert.«
Matt ließ seinen Blick von Gesicht zu Gesicht schweifen. Trotz des gerade erst in letzter Minute verhinderten Unglücks fühlte er sich wohl in Gegenwart dieser Menschen. Selbst Ivee wirkte nicht im Mindesten wie eine Selbstmordkandidatin. Aber dass sie psychisch labil war, daran gab es nach dem jüngsten Vorkommnis keinen Zweifel.
»Willst du etwas dazu sagen, Ivee?«, wandte er sich an das Mädchen, von dem nur die Nasenspitze aus der Decke heraus lugte.
Ivee schüttelte den Kopf.
»Du weißt selbst nicht, was in dich gefahren war?«, fragte Matt.
Ivee zögerte, nickte dann erkennbar.
»Ich glaube dir«, sagte er. »Aber wir müssen auf dich aufpassen; deine Eltern müssen das. Wir, die von den Schatten nicht versteinert wurden, können kaum nachvollziehen, was das für die Betroffenen bedeutet hat. Es wird lange dauern, bis das Trauma behoben ist. Nicht bei allen - jeder wird es wohl anders verarbeiten, die einen leichter, die anderen schwerer.«
»Du bist vor allem nicht schuld «, fügte Aruula hinzu. »Rede dir das bloß nicht ein! Was in unserem Unterbewusstsein passiert, dafür kann niemand etwas. Deine Eltern werden in Zukunft stärker auf dich achtgeben; stimmt doch, oder?«
Forkas und seine Frau nickten heftig. Rika drückte Ivee, die eingewickelt neben ihr saß, fest an sich. »Wir passen auf sie auf und reden mit ihr«, sagte sie. »Ivee, du kannst mit uns über alles reden.«
»Das weiß ich«, versicherte ein zartes Stimmchen unter den Deckenrändern.
Für einen Moment war Matt geneigt, wirklich zu glauben, dass alles wieder gut war… oder zumindest auf dem besten Weg,
Weitere Kostenlose Bücher