279 - Der Fluch von Leeds
gefährlich knapp über Baumkronen und überwucherte Ruinen.
O'Donel drosselte die Geschwindigkeit. »Gleitschwingen einziehen. Ketten ausfahren«, hörte Fletscher ihn keuchen. Und dann nur noch dessen erstickten Fluch. Zwischen den Baumwipfeln und Ruinen tauchten im Dämmerlicht plötzlich Eisenstreben auf. Wie knorrige Finger ragten sie aus dem uralten Gemäuer.
Fletscher wurde von den Gurten in den Sitz gerissen, als der EWAT gegen das Hindernis prallte. Metall ächzte und ein schreckliches Knirschen und Krachen erfüllte die Kommandokuppel. Von der Konsole leuchteten weitere rote Lichter und ein höllischer Sirenenlärm heulte auf. Dann krachte das Expeditionsfahrzeug auf harten Untergrund.
***
Schottland, im Nordosten der Highlands
Es dauerte noch bis tief in die Nacht, bevor Matt, Aruula und Xij aus dem Bretterverschlag geholt wurden. Wächter stießen sie mit Knüppeln über die Lichtung. Der Regen hatte aufgehört. Ein kalter Wind wehte und im Licht des Vollmondes flohen graue Wolkenfetzen nach Norden. Es roch nach gebratenem Fleisch, verkokelndem Holz und Brabeelenwein. Hinter der Versammlungshütte loderte ein Feuer, um das sich Outlaws und Pipaas versammelt hatten.
In den vergangenen Stunden hatten die Gefährten noch einmal über Flucht und Kampfstrategien gesprochen, falls es zum Äußersten kommen sollte. Doch was sie jetzt sahen, übertraf ihre schlimmsten Erwartungen.
»Hierher mit ihnen!«, rief Baatle. Umgeben von Hundemutanten thronte der Einäugige auf einem grob gezimmerten Stuhl aus Lupafell und Astgabeln. Ein verschlagenes Feixen im Gesicht und Matts Driller in der Hand, empfing er die Gefangenen und ließ sie sich einen Steinwurf vor ihm aufstellen. Dann kam er gleich zur Sache. »Was machen wir mit Foxmördern und Lupadieben? Was?«
»Töten«, grölten die Männer am Feuer.
»Doch erst wollen wir noch unseren Spaß mit der Hexe haben.« Einer der Geharnischten sprang auf und deutete auf Aruula. Dann rieb er sich den Sack und vollführte einen wilden Veitstanz. Seine Zuschauer schlugen sich auf die Schenkel und lachten schallend.
Drax kochte vor Wut, doch Aruula hielt ihn zurück: »Wenn sie mich schon für eine Hexe halten, sollte ich das auch ausnutzen«, flüsterte sie. Mit vorgerecktem Kinn und funkelnden Augen blickte sie die Schreihälse einen nach dem anderen an.
Daraufhin verstummten einige von ihnen. Andere sprangen auf. »Nimm deinen bösen Blick von uns! Sie soll aufhören! Aufhören soll sie!«, beschwerten sie sich.
Wieder brach schallendes Gelächter aus. Gleichzeitig übertönte eine heisere Stimme den Lärm: »Der Blonde soll seine Kleider ausziehen! Will kein Blut auf dem feinen Zwirn haben. Nicht einen Tropfen.« Sie kam von einem kahlköpfigen Hünen, der mit anderen um die letzten Habseligkeiten der Gefährten würfelte.
Matt warf ihm einen grimmigen Blick zu. Komm doch her und versuch sie dir zu holen , hätte er am liebsten erwidert. Stattdessen ballte er nur die Fäuste. Er musste ruhig bleiben, wenn er verhandeln wollte. Doch während er die grölende Meute beobachtete, fragte er sich, wie man mit diesen Schlächtern überhaupt ins Gespräch kommen könnte. Die meisten von ihnen waren betrunken. Manche stritten sich lautstark darum, wer Xijs Stiefel und Matts marsianischen Anzug erhalten sollte. Andere hingen mit dem Blick ihrer glasigen Augen an den prallen Brüsten Aruulas. Das war es, wonach ihnen der Sinn stand. Das, was ihre Führer ihnen an Beute gelassen hatten.
Der Mann aus der Vergangenheit blickte bitter auf den Kombacter an Baatles Gürtel. »Eisenknüppel« nannte er die marsianische Waffe. Noch hatte er keine Ahnung, welchen Schatz er da bei sich trug. Und der Commander hoffte inständig, dass er es auch nicht herausfinden würde.
Als hätte Baatle seine Gedanken erraten, strich er über den zylinderförmigen Stab an seiner Seite. Dann brachte er mit einer Handbewegung seine Leute zum Schweigen und richtete das Wort an Matt Drax. »Da hörst du's. Meine Männer haben ihr Urteil gefällt. Was sagst du dazu?«
Matt jagten die Gedanken durch den Kopf. Das war also die Chance, auf die er gewartet hatte. Die Chance, um das Leben der Gefährten zu verhandeln. Doch als er das dreckige Grinsen im Gesicht des Einäugigen sah und die glänzenden Augen von Feetch, der hinter dem Thron ungeduldig mit seiner Axt spielte, wusste er, dass jede Verhandlung zwecklos war. Die Hinrichtung der Gefangenen war bereits beschlossene Sache.
Aber noch wollte er
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