279 - Der Fluch von Leeds
Tisch, stellte ihn kurz vor und wartete, bis er Platz genommen hatte. Er selbst blieb stehen. »Wo ist Barlow?«, erkundigte er sich nach dem einstigen Kommandanten von Wallbridge.
»Der hat den Serumswegfall nicht überlebt«, antwortete Thaadsch mit unbewegter Miene. »Und wo ist Ihr Fahrer, mit dem Sie damals nach London aufgebrochen sind, dieser… wie hieß er doch gleich? Genau, Georg Buck, wo haben Sie ihn gelassen?«
»Der hat die Wilden vor London nicht überlebt!«, knurrte Fletscher. Die Art, wie Georg Thaadsch nach dem toten Gefährten fragte, gefiel ihm genauso wenig wie der zynische Ton in der Stimme des Kerls. Lauter als nötig legte der Major seinen Gehstock auf der Tischplatte ab und begann einen Lederbeutel von seinem Gürtel abzuschnallen. »Als neuer Befehlshaber von Wallbridge werden Sie mir sicher erklären können, was hier eigentlich gespielt wird!« Während er das Lederbehältnis aufschnürte, bombardierte er den Kommandanten mit Fragen: »Wieso haben Sie uns gestern die Landung verweigert? Warum haben Sie nach unserer Notlandung keine Rettungsmaßnahmen eingeleitet? Was haben Sie angestellt, dass die Bewohner von Leeds anscheinend jeden Techno töten wollen, der ihnen über den Weg läuft? Und was zum Teufel ist das hier ?« Bei seinen letzten Worten stieß er den Beutel quer über den Tisch. Flügel und Stachelschädel von einem der Wesen, die sie gestern zur Notlandung gezwungen hatten, ragten hervor.
Einen Augenblick lang herrschte entsetztes Schweigen. Manche der Anwesenden starrten ratlos von dem Beutel zu Thaadsch. Elizaa Doopt spielte nervös mit einem Knopf ihrer Uniformjacke. General Beeng wurde von einem plötzlichen Hustenanfall geschüttelt und im Gesicht Wolter Buutschs glaubte Fletscher ein ironisches Grinsen zu sehen.
Nur Georg Thaadsch schien unbeeindruckt. Ohne mit der Wimper zu zucken, beugte er sich über den Tisch und griff nach dem Beutel. Mit spitzen Fingern zog er den Kadaver aus seiner Verpackung. »Das hier ist die Antwort auf all Ihre Fragen. Diese mutierten Insekten machen uns schon seit Wochen zu schaffen. Eine Plage für Mensch und Tier… und den Flugverkehr, wie Sie ja gestern selbst feststellen mussten.« Damit ließ er das tote Wesen wieder in den Beutel plumpsen und wischte sich die Finger an einer Stoffserviette ab, die Buutsch ihm reichte.
Dann verschränkte er die Hände hinter dem Rücken. Während er langsam um den Tisch herum zu Fletscher spazierte, fuhr er mit seinen Erklärungen fort: »Die Menschen in Leeds nennen diese Mutationen Stingars und sind verständlicherweise sehr aufgebracht, weil Wallbridge immer noch nicht Herr der Plage geworden ist. Bedauerlicherweise konnten wir Sie gestern nicht rechtzeitig vor der fliegenden Gefahr warnen. Und bedauerlicherweise hat der gestrige Angriff der Stingars unser Ortungssystem blockiert, sodass wir Ihren EWAT nicht finden konnten.«
Inzwischen bei Fletscher angekommen, legte er ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. »Selbstverständlich haben wir nach Ihnen und Ihren Leuten gesucht, Major Fletscher. Und ich versichere Ihnen, keiner bedauert Ihren missglückten Empfang in der Heimat mehr als ich.«
»Ist das so?« Der Major versuchte die unangenehme Berührung von Thaadschs Hand auf seiner Schulter zu ignorieren. Geduldig hatte er sich die Begründungen des Bunkerkommandanten angehört. Sie klangen einleuchtend. Vielleicht hier und da noch ein wenig klärungsbedürftig, aber insgesamt nachvollziehbar. Dennoch glaubte er dem schmächtigen Mann im weißen Anzug kein einziges Wort. Auch als der ihm jetzt nochmals sein Wohlwollen versicherte und der Blick der kleinen Augen hinter den Brillengläsern den Eindruck machte, als könnte er kein Wässerchen trüben, roch Fletscher förmlich die Lüge.
Er roch sie in dem Schweiß seines Gegenübers und in den Gesichtern der Anwesenden, die teilweise verspannt, teilweise betreten wirkten. Nur Buutsch feixte verschlagen. Zu gerne hätte Fletscher ihm dieses Feixen aus der Visage geprügelt. Doch wenn er herausfinden wollte, was hier faul war, musste er zunächst gute Miene zum bösen Spiel machen. »Also gut, Thaadsch«, wandte er sich wieder an den Kommandanten. »Dann schlage ich vor, Sie lassen meinem Begleiter und mir erst einmal eine warme Mahlzeit und einen guten Tropfen Leeder Whisky bringen.«
»Das ist der Robin Fletscher, wie wir alle ihn kennen.« Georg Thaadsch gab ein meckerndes Lachen von sich, in das die Technos am Tisch erleichtert
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