28 - Im Lande des Mahdi II
geblieben waren. Die Vordersten von ihnen, dabei Ben Nil, standen hinter einem Gebüsch, welches ein Eck bildete; sie konnten zwar von mir, nicht aber von dem, der mit mir sprach, gesehen werden. Wer dieser war, das wußte ich, denn ich hatte ihn an der Stimme erkannt. Es war der Oberleutnant von Ibn Asl. Warum aber redete mich dieser nicht selbst an?
Ganz getrost hinter meinem Baum hervortretend, ging ich nach dem mir bezeichneten Stein und blieb dort stehen. Da ließ sich auch der Oberleutnant sehen; er kam auf mich zu, blieb einige Schritte vor mir stehen und fragte in höhnischem Ton:
„Mich hast du hier wohl nicht erwartet?“
„Ja und auch nein“, antwortete ich ruhig. „Ich wußte, daß ich von euch hier erwartet werde. Und sage auch nein, weil ich glaubte, nicht von dir, sondern von Ibn Asl angeredet zu werden.“
„Allah! Du wußtest, daß wir hier auf dich warten?“
„Pah! Ich weiß noch mehr, ich weiß alles. Jetzt wartest du auf das Zeichen, welches der Scheik el Beled euch geben wollte. Oder ist's nicht so, daß ein Schuß aus seiner Flinte euch den Beginn der Feindseligkeiten andeuten sollte?“
„Allah ist allwissend. Er hört, sieht und kennt alles. Wie aber kannst du von dem Scheik und seiner Absicht wissen!“
„Das werdet ihr erfahren. Ruf Ibn Asl herbei!“
„Er ist nicht da.“
„Ich weiß, daß er sich hier befindet!“
„Du weißt es? So ist deine berühmte Allwissenheit doch nicht so bedeutend, wie du uns glauben machen willst. Wenn du wüßtest, wo Ibn Asl sich jetzt befindet, so würdest du dich weit weniger zuversichtlich, als du jetzt bist, zeigen!“
Diese Worte gaben mir zu denken. Hätte ich doch Ben Nil bei den Gefangenen zurückgelassen! Ich ahnte nämlich jetzt sofort, daß Ibn Asl seinen Plan, soweit es nämlich seine Person betraf, geändert habe. Er traute dem Scheik wohl nicht genug Umsicht zu und hatte darum das Kommando hier seinen beiden Offizieren übergeben und war nach dem nördlichen Ende des Maijeh gegangen, um die dortigen vierzig Sklavenjäger hinter mir herzuführen. Glücklicherweise war er zu spät dort angekommen. Wir hatten diese Leute gefangengenommen. Wenn ich mir nun auch sagte, daß er allein sie unmöglich befreien könne, so konnte er doch noch Leute bei sich haben, oder es konnte irgendein Zufall ihm eine unvorhergesehene Gunst erweisen. Auf alle Fälle aber stand uns seine Gefangennahme nicht so sicher bevor, wie wir bisher geglaubt hatten. Natürlich ließ ich mir von meiner Besorgnis nichts merken, sondern antwortete mit einem überlegenen Lächeln:
„Wo er sich befindet, brauchst du mir nicht zu sagen. Er ist hier am Maijeh. Steht er nicht da vorn bei den sechzig Mann, so ist er zu den vierzig Mann gegangen, welche in dem Talkessel des Regenbettes auf mich warten sollten.“
„Ja latif – du meine Güte! Er weiß es von dem Regenbett!“ rief der Oberleutnant. „Wer hat es dir verraten?“
„Ich weiß es; das ist genug. Ich habe dir schon gesagt, daß ich alles weiß. Ihr Dummköpfe solltet euch nun endlich doch einmal sagen, daß ihr mich nicht täuschen oder mir gar eine Falle, in der ich mich fange, stellen könnt. Die Falle, in welcher wir uns jetzt befinden, habe ich euch gestellt, nicht ihr uns.“
„Du? Und diese Falle?“ lachte er höhnisch auf. „Ich will nicht sagen, daß Allah dich mit Blindheit geschlagen hat, denn du hast bisher nur mich sehen können; aber ich will dir mitteilen, daß du mit deinen zwanzig Asakern rundum eingeschlossen bist. Du hast uns vorhin Dummköpfe genannt, und doch ist mir noch nie im Leben so ein Dummkopf, wie du bist, vorgekommen!“
„Wirklich? Willst du mir das beweisen, du Klugkopf aller Klugköpfe?“
„Der Beweis ist sehr leicht. War es nicht die größte Dummheit, die es geben kann, daß du dem Scheik el Beled erzähltest, daß du die Absicht hattest, deine Gefangenen hierher zu führen, um sie den Krokodilen vorzuwerfen?“
„Eine Dummheit ist das gewesen? Mann, ich möchte vor Mitleid über dich weinen! Nicht eine Dummheit war es, sondern eine sehr schlaue Berechnung, welche sich in diesem Augenblick als ganz richtig erweist.“ Und nun erzählte ich ihm, wie ich es angefangen und was ich bereits erreicht hatte. Da schlug er die Hände zusammen und rief aus:
„O Allah, o Mohammed! Das – das – das soll man glauben?!“
„Wenn du es nicht glauben willst, wirst du es glauben müssen. Wo ist der Scheik mit seinen vierzig Männern? Warum gibt er nicht das
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