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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich ganz nahe befand, hielt er sein Kamel und grüßte:
    „Allah gebe euch hunderttausend solche Nächte! Erlaubt ihr mir, meine Ruhe bei euch zu halten?“
    Da ich schwieg und Ben Nil ebenso, antwortete Schedid, der Anführer der Takaleh:
    „Steig ab und setze dich! Du bist willkommen.“
    Der Mann sprang aus dem Sattel, ließ sein Kamel ans Wasser laufen und trat an unser Feuer, um sich zwischen Schedid und Ben Nil niederzusetzen. Da die Gefangenen nicht so nahe am Feuer, sondern mehr im Schatten lagen, hatte er sie nicht deutlich erkennen können; jetzt aber sah er, daß diese Personen an ein Seil gebunden waren. Sein Gesicht nahm sofort einen merklich befriedigten Ausdruck an, und sein Ton klang wie erleichtert, als er sagte:
    „Allah hat mich gerade zur richtigen Zeit nach der ‚Furt des Schattens‘ geführt, denn ich vermute, daß diese Gefangenen zum Volk der Takaleh gehören. Habe ich richtig geraten?“
    „Ja“, antwortete der Anführer.
    „So muß sich auch Schedid, der oberste Diener des Königs, hier befinden. Welcher von euch ist es?“
    „Ich selbst bin es. Wer aber bist du, daß du meinen Namen kennst?“
    „Ich bin ein Ben Baqquara und wohne an der Mischrah Omm Oschrin. Ich bin der Freund eines Mannes, den auch du kennst, Ibn Asl.“
    „Hat deine Bekanntschaft mit ihm etwas mit deinem jetzigen Ritt zu tun?“
    „Ja, denn ich bin als sein Bote an dich gesandt.“
    „Er sendet dich zu mir? Nicht dahin, wo ich wohne, sondern hierher an diese Stelle, wo es so sehr zweifelhaft ist, ob und wann ich da angetroffen werden kann? Das muß einen ganz außerordentlichen Grund haben!“
    „Den hat es auch. Er war aber gar nicht ungewiß darüber, daß ich dich hier finden würde. Er sagte, daß du jährlich zweimal dein Land verließest, um nach Faschodah zu gehen, und, daß diese Reisen zu ganz bestimmten Zeiten von dir unternommen werden.“
    „Das ist wahr!“
    „Er kennt die Tage deiner Abreise und deiner Ankunft genau und kann also ziemlich leicht berechnen, wo du dich an einem gewissen Tag befindest. Er sagte, daß ich dich ganz sicher morgen oder übermorgen hier an der Furt treffen würde.“
    „Er hat sich um einen Tag geirrt, weil ich diesmal um einen Tag eher aufgebrochen bin. Welche Botschaft ist es, die du mir bringen sollst?“
    „Es ist eine Warnung. Du sollst dich während des Marsches nicht dem Nil zu weit nähern und die Reqiq diesmal nicht direkt nach Faschodah bringen, sondern die Leute in der Nähe verstecken und dann zu Ibn Mulei, dem Sangak der Arnauten, gehen, um ihm zu sagen, wo sie zu finden sind.“
    „Wozu diese Umstände?“
    „Weil es einen fremden Effendi gibt, welcher sich in dieser Gegend herumtreibt, um die Sklavenhändler zu fangen und an den Raïs Effendina abzuliefern.“
    „Allah vernichte diesen Hund!“
    „Er ist noch dazu ein Christ!“
    „So möge Allah ihn nicht vernichten, sondern ihn in alle Ewigkeit im schrecklichsten Winkel der Hölle aufbewahren! Was hat dieser Christenhund sich um die Sklavenhändler zu kümmern!“
    „Ich soll dir sagen, daß er sich jetzt höchstwahrscheinlich mit dem Raïs Effendina auf der Nilfahrt nach Faschodah befinden wird. Da diese Leute öfters an das Land steigen, könnten sie dich leicht entdecken und ergreifen, falls du dich dem Strom zu nahe hältst. Aus diesem Grund sendet mich Ibn Asl, um dich zu warnen.“
    „Das war nicht nötig. Was gehen mich die Gesetze dieses Vizekönigs an! Ich diene meinem König. Unser Gesetz erlaubt es, Menschen zu verkaufen. Wenn ich danach handle, kann kein Mensch mir etwas tun. Zudem haben wir einen mächtigen Beschützer in Ali Effendi el Kurdi, dem Mudir von Faschodah, welcher dem Raïs Effendina schon manchen Fang vor der Nase weggeschnappt hat. Was hätten wir also zu fürchten? Ich werde meinen gewöhnlichen Weg nicht ändern, eines verfluchten Christen wegen erst recht nicht. Es sollte mich im Gegenteil freuen, auf ihn zu treffen; ich würde ihn hier zwischen meinen Fäusten zermalmen!“
    Er rieb die gewaltigen Hände gegeneinander, wobei der Ausdruck seiner sonst nicht unangenehmen Züge ein ganz anderer geworden war. Man kann sich leicht denken, mit welchem Interesse ich Zeuge dieses Gesprächs war. Dabei freute es mich zu hören, daß weder Schedid noch der Bote etwas von der kürzlichen Absetzung des Mudirs Ali Effendi el Kurdi zu wissen schien; ebenso froh war ich, zu erfahren, daß der Sangak der Arnauten wirklich derjenige war, als welchen ihn uns der Oberleutnant

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