Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
senden!“
    „Allah! Was bin ich für ein Bote!“ rief der Mann, indem er sich mit der Hand gegen die Stirn schlug. „Nicht er hat, sondern ich habe es vergessen. Er gab mir sogar eine sehr genaue Beschreibung und fügte auch noch einen Namen bei, welcher Ben Nil lautet.“
    O wehe! Ich griff unwillkürlich mit der Hand nach dem Revolver, denn das Gespräch begann eine für mich unerquickliche Wendung zu nehmen. Wenn dieser Mann unser Signalement genau behalten hatte, so war ich verraten. Ben Nil hatte ganz denselben Gedanken und warf mir einen besorgt forschenden Blick zu.
    „Ben Nil?“ fragte Schedid. „Wer ist das?“
    „Ein junger Mensch, welcher, obgleich er Moslem ist, sich stets an der Seite dieses Effendi befindet. Allah zerreiße ihn! Nie ist der eine ohne den anderen zu sehen. Darum hat Ibn Asl mir eine Beschreibung von beiden gegeben.“
    „So gib sie nun mir!“
    „Dieser Ben Nil ist ungefähr achtzehn Jahre alt und ohne Bart, von schmächtiger Gestalt, besitzt aber bedeutende Körperkraft. Haare und Augen sind dunkel, die Wangen voll. Die Kleidung, welche er zuletzt trug, bestand aus –“
    Er hielt inne, musterte Ben Nil mit erstaunten Augen und rief dann aus:
    „Welch ein Wunder! Die Beschreibung, welche ich von diesem abtrünnigen jungen Moslem erhalten habe, paßt ganz und genau auf diesen Jüngling, welcher da an meiner Seite sitzt!“
    „Du irrst, oder es ist ein Zufall.“
    „Ich sage dir aber, es stimmt genau, sehr genau.“
    „Das ist möglich, da du jenen Ben Nil nicht gesehen hast. Dunkle Haare und Augen, schmächtige Gestalt und volle Wangen besitzen tausend junge Leute. Dieser Jüngling aber ist über jeden Zweifel erhaben, denn er ist ein berühmter Chatib, vom heiligen Orden des Sihdi Senussi.“
    Der Bote kreuzte die Arme über die Brust, verneigte sich gegen Ben Nil und sagte:
    „Dann irre ich mich allerdings; aber ich habe diesen frommen Chatib, den Allah segnen wird, nicht beleidigen wollen.“
    Gott sei Dank! Die kleinere Hälfte der Gefahr war überstanden! Wie würde es aber mit der anderen, größeren Hälfte werden! Um dies zu erfahren, hatte ich gar nicht lange zu warten, denn Schedid sagte:
    „Dieser Ben Nil ist überhaupt eine Nebenperson für mich. Die Hauptsache ist doch die Beschreibung des Effendi. Du wirst sie mir so genau wie möglich geben.“
    Ich wünschte im stillen, daß sie so ungenau wie möglich ausfallen möge; aber leider war dies keineswegs der Fall. Ibn Asl hatte seinem Boten meinen ‚Steckbrief‘ auf das sorgfältigste eingeprägt. Kaum war meine Gestalt, mein Gesicht und ein Teil meiner Kleidung beschrieben, so erging es dem Sprecher wie vorhin bei der Beschreibung des Ben Nil: Er hielt inne, fixierte mich betroffen und fuhr dann fort:
    „Allah ist groß! Sollte man es für möglich halten! Da sitzt ja derjenige, den ich beschreiben soll, in eigener Person! Er ist's, er ist's! Da ist gar kein Zweifel möglich!“ Man kann sich denken, welches Aufsehen diese Worte erregten. Alle blickten auf mich; sogar die Gefangenen erhoben ihre Köpfe, und einer von ihnen rief:
    „Hamdullillah! Vielleicht bin ich nun gerettet!“
    Glücklicherweise schenkte niemand diesen Worten Aufmerksamkeit, weil die letztere ausschließlich auf mich gerichtet war. Nur ich allein achtete auf sie, weil ich mich mit dem, der sie gesprochen hatte, schon seit einiger Zeit eingehend beschäftigt hatte. Er war nämlich von Schedid Hafid Sichar genannt worden, und so hieß der, den ich eifrig suchte, nämlich der verschollene Bruder des Führers von Maabdah. Sollte es dieser sein? Ibn Asl hatte durch seinen Boten sagen lassen, daß man auf ihn ganz besonders aufmerksam sein solle. Er mußte ihm also wichtig sein. Ich neigte mich sehr der Ansicht zu, daß ich, so vieles auch dagegen sprach, den Gesuchten hier gefunden hatte. Und in dieser Ansicht wurde ich durch den Ausruf bestärkt, den ich jetzt von ihm gehört hatte. Die Erzählung des Boten war von ihm verstanden worden; er mußte mich für einen unternehmenden und unerschrockenen Menschen halten; er glaubte, wenn ich der gefürchtete fremde Effendi sei, könne mich nur die Absicht, die Gefangenen zu befreien, hierher geführt haben, und darum entfuhren seinen unvorsichtigen Lippen die Worte, daß er nun vielleicht gerettet sei. Ich hatte jetzt natürlich nicht mehr Zeit, auf ihn zu achten, sondern ich mußte meinem äußeren und inneren Menschen ausschließlich der Gefahr widmen, in welche ich selbst geraten war.
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher