28 - Im Lande des Mahdi II
einbiege.“
„Allah! Das gibt wieder ein Abenteuer! Effendi, wer mit dir reitet, darf um Ereignisse, Unterbrechungen und sogar Gefahren keine Sorge tragen. Fast wurde es mir Angst um uns, als man vorhin erriet, wer wir sind. Warum hast du dich erniedrigt und dich prüfen lassen?“
„Weil dies das klügste war. Wüßte Schedid bestimmt, daß ich der christliche Effendi bin, so würde er nicht nach Faschodah gehen und überdies einen Eilboten dorthin senden, Ibn Asl und auch den Sangak der Arnauten warnen zu lassen. Unser Ritt nach Faschodah würde dann umsonst und erfolglos sein. Wir haben ja soviel gehört; das weiß und das überlegt sich Schedid ebensogut wie wir.“
„Das ist wahr, Effendi. Also reiten wir jetzt ostwärts, um die Takaleh irrezuführen, und biegen dann aber nach Süden ein?“
„Nein. Wir reiten am diesseitigen Ufer des Sees zurück, bis wir an die schmale und steile Vertiefung kommen, über welche wir vorhin die Kamele nicht hätten bringen können. Dann bleibst du hüben bei den Tieren zurück, und ich klettere hinüber, um Hafid Sichar zu holen.“
„Was willst du mit ihm anfangen?“
„Er muß natürlich mit nach Faschodah.“
„Dazu bedarf er eines Kamels!“
„Ich werde den Takaleh eines abnehmen.“
„Hm! Hafid Sichar vom Seil losmachen, ohne daß jemand es bemerkt, und dann auch noch die kostbare Zeit für die Habhaftwerdung eines Kamels verwenden, das ist zu viel für eine Person.“
„Ich hätte nichts dagegen, dich bei mir zu haben, wenn nicht der wilden Tiere wegen jemand bei den Kamelen bleiben müßte.“
„Glaubst du, daß es hier welche gibt?“
„Wo Wasser ist, da gibt es Leben, und wo es hier Leben gibt, findet man auch sicher reißende Tiere.“
„Glaubst du, daß ich die Kamele gegen Löwen zu verteidigen vermag? Wenn du mit ja antwortest, werde ich dir sehr dankbar für das Vertrauen sein, welches du mir dadurch erweist; aber ich glaube nicht, daß ich demselben entsprechen könnte. Daß ich mich nicht fürchte, das weißt du ja; aber einen Löwen zu erlegen, dazu gehört mehr als bloße Furchtlosigkeit. Du würdest bei deiner Rückkehr mich und auch die Tiere zerrissen vorfinden. Darum ist es auf alle Fälle besser, du nimmst mich mit.“
Er hatte recht, und darum zeigte ich mich bereit, seinen Wunsch zu erfüllen. Es war ja richtig, daß ich in die Lage kommen konnte, einen Gehilfen zu brauchen.
Wie schon bereits beschrieben, hatte das Nid en Nil an der Stelle, an welcher wir es erreicht hatten, aus einer schmalen, wasserleeren Schlucht bestanden. Dann hatten wir uns rechts gewendet und waren an zwei seeartigen Erweiterungen des Nid vorübergekommen, worauf wir erst dann die Furt erreicht hatten. Wir waren da an der Nordseite hingeritten. Jetzt aber ritten wir an der Südseite des einen Sees zurück, kamen dann an den zweiten und langten nachher an der trockenen Schlucht an, gerade gegenüber der Stelle, an welcher wir auf das Nid en Nil gestoßen waren. Der Weg war gar nicht schwierig, denn es schien der Mond. Dennoch wäre es mir lieber gewesen, wenn wir Finsternis gehabt hätten. Mein Vorhaben war derart, daß der Mondschein mir gefährlich werden konnte.
Wir hielten an, stiegen ab und banden die Kamele an Baumstämme fest. Die Gewehre hätte ich gern zurückgelassen; aber wir konnten leicht einem größeren Raubtier begegnen, gegen welches mit Messern und Revolvern nichts zu machen war; darum nahmen wir sie mit.
Nun kletterten wir diesseits in die Schlucht hinab und jenseits wieder hinauf. Dann verfolgten wir denselben Weg, auf welchem wir bei unserem Kommen die Furt erreicht hatten. Natürlich ging dies jetzt langsamer als vorher, wo wir zu Kamel gesessen hatten.
In der Nähe der Furt bemerkten wir, daß dort kein Feuer mehr brannte. Das war mir lieb, denn es bewies, daß die Takaleh nun schliefen. Ich ließ Ben Nil unter einem Baum zurück und schlich nun allein weiter. Ungefähr hundert Schritte vom Lagerplatz entfernt, legte ich mich nieder, um zu kriechen.
Der Mond stand schon tief und ließ die Schatten der Bäume auf den Platz fallen, was mir außerordentlich nützlich war. Die Takaleh hatten aber einen Wächter ausgestellt, wohl nur ihrer Sklaven wegen, denn er schritt da, wo diese lagen, langsam auf und ab. Ich sah ihn zwar nicht, aber ich hörte seine leisen Schritte. Bevor ich etwas Direktes unternehmen konnte, mußte ich mich ganz genau orientieren; darum umkroch ich das ganze Lager in einem Bogen. Ich fand alles so wie ich es
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