28 - Im Lande des Mahdi II
Ungläubiger sein!“
„Aber“, fiel der Bote ein, „ich erinnere mich, von Ibn Asl gehört zu haben, daß der ungläubige Effendi die arabische Sprache und den Koran so genau kennt, als ob er hier bei uns geboren sei und beim besten Muderri (Professor) in Kahira studiert habe. Nimm dich in acht! Fälle dein Urteil nicht zu früh, denn du könntest dich leicht irren!“
„Meinst du? Wie sollte ich ihn denn noch auf die Probe stellen?“
Das klang für mich gefährlich. Dieser Bote war wirklich der festen Meinung, daß ich der Effendi sei; unter seinem Einfluß konnte die gute Ansicht, welche Schedid jetzt von mir zu haben schien, sich leicht in ihr Gegenteil verwandeln. Es war geraten, dies nicht abzuwarten; darum sagte ich, indem ich mich stellte, als ob ich zornig sei:
„Noch mehr auf Probe? Das fällt mir nicht ein! Weißt du, was ein Mudir von Dscharabub zu bedeuten hat? Dennoch habe ich mich herbeigelassen, nicht nur mit dir zu ringen, sondern auch die Sure El Kuiffar herzusagen. Das war mehr als genug. Soll ich mich noch weiter vor euch demütigen? Nein! Wer einen Mudir der Senussi und einen Chatib dieser frommen Brüderschaft in solcher Weise beleidigt, der darf nicht erwarten, längere Zeit in die Angesichter solcher Leute schauen zu dürfen. Wir sind gastfreundlich gegen euch gewesen und haben euch erlaubt, in unserer Nähe zu sein; nun aber verlassen wir diesen Ort und kehren euch den Rücken, um –“
„Nein, das dürft ihr nicht!“ rief der Bote, indem er mich unterbrach. „Wir lassen euch nicht fort!“
„Nicht?“ fragte ich, indem ich ihn stolz und von oben herab fixierte. „Wie willst du uns hindern, von hier zu gehen?“
„Ich halte euch mit Gewalt zurück!“
„Du willst dich an uns, an den Männern Allahs vergreifen?“
„Ja; setze dich!“
Er streckte die Hand aus, um mich niederzudrücken; ich trat einen Schritt zurück und donnerte ihn an:
„Halt, Unvorsichtiger! Soll ich dir den Fluch entgegenschleudern, unter welchem dein Körper vertrocknen und deine Seele verschmachten würde? Wenn du versuchen willst, ob Allahs Fluch in unsere Hände gegeben ist oder nicht, so habe ich nichts dagegen; aber ich sage dir, daß dein Leben dann ein entsetzliches und dein Ende voller Schrecken sein wird. Wer uns zurückhalten will, der halte uns! Wessen Hand wagt es, uns zu berühren?!“
Ich blickte rundum. Alle schwiegen; sie standen oder saßen unbeweglich, erschrocken nicht nur über meine Worte, sondern wohl noch mehr über den Ton, in welchem ich sie gesprochen hatte. Ich ging an das Gesträuch und band mein Kamel los. Ben Nil tat dasselbe mit dem seinigen. Wir stiegen auf und trieben die Tiere in das Wasser, ohne daß es nur einem einfiel, uns zu hindern oder auch in gutem zu bitten, dazubleiben. Kein Wort wurde gesprochen; kein Ruf des Abschiedes scholl hinter uns her. Ich war froh darüber.
Das Wasser war, wie ich vermutet hatte, an dieser Stelle nicht tief; es reichte den Kamelen noch nicht einmal an den Leib. Drüben am anderen Ufer gab es zunächst einiges Gesträuch, dann folgte Graswuchs, jedenfalls soweit, wie die Feuchtigkeit des Nid en Nil zu dringen vermochte.
Sobald ich annehmen konnte, daß man uns nicht mehr zu sehen vermochte, wandte ich mich nach links nach dem See. Ben Nil war bis jetzt still gewesen, nun aber sagte er:
„Du reitest ja nach Osten, Effendi! Unser Weg führt uns ja nach Süden! Warum weichst du von ihm ab?“
„Aus zwei Gründen. Erstens sollen die Takaleh unsere Fährte nicht sehen. Wären wir weiter geritten bis dahin, wo das Gras aufhört und der Sand wieder beginnt, so würden in dem letzteren unsere Spuren morgen früh zu finden sein, im Gras aber nicht, denn dieses wird sich bis zum Morgen wieder aufgerichtet haben. Es gibt Wasser in der Nähe, auch wird Tau fallen, und infolge dieser Feuchtigkeit richtet sich das von unseren Kamelen niedergetretene Gras schon nach einigen Stunden auf.“
„Hast du die Takaleh im Verdacht, daß sie uns verfolgen wollen?“
„Nicht nur im Verdacht, sondern ich weiß es ganz genau. Sie werden uns Hafid Sichar wieder abnehmen wollen?“
„Hafid Sichar? Ja, dieser Name wurde genannt. Er fiel mir auf. Er ist der Name des Bruders des Führers in der Höhle von Maabdah. Denkst du etwa, daß er sich hier bei den Takaleh befindet?“
„Ich bin fast überzeugt davon.“
„Und du willst ihn befreien?“
„Ja. Und das ist der zweite Grund, weshalb ich jetzt ostwärts nach dem See
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