28 - Im Lande des Mahdi II
Oschrin wohnte, eingeschlagen haben mußte, war keine Spur von ihm zu finden gewesen. Er mußte also nach Süden geritten sein. Aber diejenigen, welche nach dieser Richtung gesucht hatten, behaupteten, daß auch dort keine Fährte zu entdecken sei. Darum watete Schedid selbst durch die Furt, um darüber nachzuforschen. Er kehrte nach einiger Zeit wetternd und fluchend zurück und erklärte:
„Es ist wirklich nichts zu finden. Was wird der Mek, und was wird Ibn Asl sagen, wenn wir ihnen sagen müssen, daß gerade dieser Hafid Sichar entkommen ist! O Allah, wie werden wir von diesen beiden empfangen werden!“
Da meinte einer, der jedenfalls der Klügste von allen war: „Während so kurzer Zeit verwischt sich keine Spur; das solltest du bedenken, o Schedid!“
„Was willst du damit sagen?“ fragte der Genannte.
„Wo keine Spur ist, da ritt kein Kamel. Ist rundum keine Fährte zu sehen, so ist der Baqquara noch gar nicht fort, sondern irgendwo versteckt mit Hafid Sichar und den Kamelen. Du wirst doch zugeben, daß er sehr schlau gehandelt hat. Die Frömmigkeit und Heiligkeit der beiden Senussi war ihm im Weg; er hielt sie für gefährlich für sich; darum klagte er sie an; darum erfand er ein Märchen, um sie für sich unschädlich zu machen. War das nicht klug, nicht schlau?“
„Sehr listig sogar!“
„Nun, so darfst du ihm zutrauen, daß er später ebenso schlau gehandelt hat. Er mußte sich sagen, daß wir seine Spur entdecken würden; darum machte er lieber keine, indem er in der Nähe blieb und sich versteckte, um zu warten, bis wir fort seien.“
„Allah akbar! Daran habe ich gar nicht gedacht. Du kannst sehr recht haben. Auf, ihr Männer, um nach dem Verborgenen zu suchen. Forscht überall, aufwärts und abwärts, hüben und drüben vom Wasser!“
Jetzt wurde die Sache für uns etwas weniger angenehm. Blieben wir mit unserem Floß hier liegen, so konnte ein kleiner Zufall uns verraten. Wir hatten übrigens genug gehört; darum stießen wir ab und ruderten zurück, aber so langsam, daß nur einer, welcher den Blick minutenlang auf uns gerichtet hielt, bemerken konnte, daß unsere Insel sich bewegte. Und daß man derselben eine so scharfe Aufmerksamkeit widmen werde, das stand nicht zu erwarten, denn es gab in dem See mehrere wirkliche, mit Schilf bewachsene Inseln, wodurch das Dasein der unsrigen weniger auffällig wurde.
Wir sahen mehrere Takaleh wieder durch die Furt gehen. Man suchte an beiden Ufern. Wenn man die Nachforschungen auch nach dem anderen See, an dessen Ende unser Lagerplatz war, hin erstreckte, konnte dieser letztere noch entdeckt werden. Aber zu fürchten brauchten wir diesen Fall ganz und gar nicht. Wurden wir bemerkt, dann doch jedenfalls nur von einigen wenigen Männern, vor denen sich zu fürchten die reine Lächerlichkeit gewesen wäre. Ehe sie die übrigen herbeibrachten, waren wir auf unseren Tieren schon so weit fort, daß wir uns in vollster Sicherheit befanden. Lieber freilich war es mir, wir wurden nicht entdeckt. Es paßte sehr gut in meinen Plan, daß man der Geschichte von dem fremden Effendi keinen Glauben mehr schenke; dies mußte aber sofort anders werden, wenn man erkannte, daß der Baqquara nicht unehrlich gehandelt habe, sondern mit Hafid und den Kamelen selbst entführt worden sei.
Unsere Fahrt ging über den größeren See nur langsam vonstatten; aber als wir den kleineren erreicht hatten, waren wir den Takaleh aus den Augen und ruderten schneller. Bald legten wir bei dem Lagerplatz an und stiegen aus. Wir waren lange fort gewesen; darum hatte Hafid Sichar sich in Unruhe wegen uns befunden; er war froh, als er uns jetzt zurückkehren sah. Wir erzählten ihm, was wir gesehen und gehört hatten, und dann stieg ich, um eine etwaige Annäherung zeitig bemerken zu können, auf einen nahen Baum, dessen dichtes Blätterwerk mich vollständig verbarg und mir aber doch den Ausguck nach allen Richtungen erlaubte.
Nach einiger Zeit sah ich drüben am nördlichen Ufer zwei Takaleh, welche suchend an demselben hinschritten. Sie konnten nicht herüber, uns also nicht gefährlich werden. Aber bald darauf kamen diesseits drei andere, welche von Busch zu Busch, von Baum zu Baum schritten und hinter jedes Strauchwerk blickten. Wenn sie nur noch zwei Minuten in dieser Weise fortsuchten, mußten sie uns finden. Ich glitt schnell vom Baum herunter, verließ unseren Lagerplatz und ging ihnen, natürlich ohne mich sehen zu lassen, eine kurze Strecke entgegen. Es gab da ein
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