28 - Im Lande des Mahdi II
du verwundet bist, und da wird das Fieber dir die irrigen Worte eingegeben haben.“
Daß er während dieser Worte seinen Blick mit einem besorgten Ausdruck auf mich warf, gab mir die Überzeugung, daß er die Unwahrheit sagte. Er wollte für einen gewöhnlichen Mann gelten, um in Faschodah eine möglichst milde Behandlung zu finden. Der Händler aber blieb bei seiner Überzeugung, indem er behauptete:
„Ich weiß nicht, aus welchem Grund du dich verleugnest; ja, ich bin verletzt, aber das Fieber hat mich noch nicht ergriffen, und ich weiß, was ich sage. Wir haben diesen sklavenhandelnden Takaleh nichts getan, und ich bitte dich um Allahs willen, nicht zu glauben, daß ich ein Gegner der Leute bin, welche Sklaven fangen. Schone mich, o Scheik.“
Da fragte ich ihn:
„Warum hälst du diese Erklärung für notwendig? Meinst du, daß dieser Scheik Amr el Makaschef auch ein Sklavenfänger ist?“
Er hatte mich noch nicht beachtet. Jetzt musterte er mich mit verwundertem Blick und antwortete:
„Wie kannst du eine solche Frage an mich richten! Du gehörst jedenfalls zum Scheik und mußt also noch besser wissen als ich, daß er ein Freund und Abnehmer von Ibn Asl, dem berühmten Sklavenjäger, ist.“
„Das ist nicht wahr; das ist eine Lüge!“ rief der Baqquara. „Ich bin ja gar nicht derjenige, für den er mich hält!“
„Sei still!“ gebot ich ihm. „Ich weiß sehr genau, was ich von dir zu denken habe, und alle Mühe, mein Urteil irrezuleiten, ist vergeblich. Du bist viel zu dumm, mich zu hintergehen.“
Und mich zu dem Händler wendend, fuhr ich fort:
„Ich gehöre nicht zu ihm. Ich bin ein Fremder, kein Moslem, sondern ein Christ. Sieh dir diesen Scheik doch besser an! Hast du noch nicht bemerkt, daß er keine Waffen trägt? Hast du die Leine noch nicht bemerkt, mit welcher er an das Kamel gebunden ist?“
Der Mann hatte bisher den Kopf noch stets in den beiden Händen gehalten; jetzt hob er ihn, um den Scheik genauer zu betrachten, und rief dann verwundert aus:
„Allah tut Wunder! Er ist gefesselt! Habt ihr etwa mit ihm gekämpft, ihn gefangengenommen?“
„Du sollst es erfahren. Vor allen Dingen aber will ich dich und deine beiden Gefährten, welche für tot daliegen, untersuchen.“
„Sie sind tot; man hat sie erschossen. Du siehst ja die große Pfütze des Bluts, in welcher sie liegen.“
„Hat man auch auf dich geschossen?“
„Nein. Ich war der erste, an dem sie sich vergriffen. Sie schlugen mich mit dem Kolben des Gewehrs auf den Kopf. Als ich erwachte, sah ich meine Gefährten tot. Wir sind beraubt worden, und man hat uns alles genommen und auch unsere Esel fortgeführt.“
„Nein; dieses letztere ist nicht geschehen. Die Esel sind noch da. Ich werde sie holen, vorher aber zeige mir deinen Kopf!“
Dieser war stark angeschwollen, doch zeigte sich zum Glück für den Verletzten kein Schädelbruch. Man hatte nicht mit der Schärfe, sondern mit der Breite des Kolbens zugeschlagen. Die beiden anderen waren allerdings tot, durch die Brust geschossen. Ich nahm ihnen die Kopftücher ab, um dem noch Lebenden einen nassen Umschlag aufzulegen, welcher ihm so wohltat, daß er aufstehen und mit weniger Anstrengung als vorher sprechen konnte. Er schien noch immer Angst vor dem Scheik zu haben; darum beruhigte ich ihn:
„Du befindest dich bei Freunden, und dieser Häuptling der Baqquara kann dir nichts tun. Er ist ein Freund der Takaleh, welche euch Überfallen haben; er war am Nid en Nil bei ihnen, und ich sage dir, daß du gar keinen Grund hast, dich vor ihm zu fürchten oder ihn zu schonen. Hast du vielleicht von dem Raïs Effendina gehört?“
„Ja, o Herr.“
„Nun, ich bin ein Freund desselben und habe diesen Baqquara gefangengenommen, um ihn zum Raïs Effendina nach Faschodah zu bringen. Du kannst also ruhig sein und offen mit mir sprechen. Aus welcher Gegend seid ihr gekommen, und wo wolltet ihr hin?“
„Wir waren drüben im Dar Famaka, wo wir alle unsere Waren verkauften und Thibr dafür bekamen. Dann gingen wir über den weißen Nil, um nach Gojak am Bahr el Arab zu reiten, wo wir unser Thibr gegen Straußenfedern umtauschen wollten, welche wir dann nach Karthum gebracht hätten. Wir wären eines großen Gewinns sicher gewesen, wenn uns die Takaleh nicht hier beraubt hätten. Nun bin ich ärmer als vorher. Allah verfluche sie!“
Der erwähnte Thibr ist Gold, welches in der Gegend, von welcher er gesprochen hatte, in Gestalt von Körnern oder als Staub in kleinen
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