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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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deinen Zorn über mich aus! Das ist mir lieber als dieses Schweigen, welches meine Seele bedrückt.“
    „Ich zürne dir nicht“, antwortete ich. „Du hast nur dich selbst in Schaden gebracht, nicht aber mich.“
    „Nein, auch dich! Wäre ich nicht gekommen und ergriffen worden, so befändest du dich jetzt in Freiheit und könntest zu uns zurückkehren.“
    „Du irrst. Ich wäre auch ohne deine Anwesenheit erkannt worden.“
    „Aber du hättest allein leichter fliehen können als zu zweien.“
    „Schwerlich. Wie die Verhältnisse hier liegen, war ein Entkommen mit dir nicht schwerer, als wenn ich mich allein befunden hätte.“
    „Wenn dies wirklich deine Ansicht ist, so bin ich wenigstens in Beziehung auf deinen Zorn beruhigt, wenn auch nicht betreffs dessen, was uns nun erwartet. Man wird uns ganz gewiß töten; auf keinen Fall dürfen wir hoffen, diesen Leuten, welche einen so grimmigen Haß gegen uns hegen, diesmal zu entkommen.“
    „Ich hege diese Hoffnung und habe keine Lust, sie aufzugeben. Ich habe mich in noch viel schlimmeren Lagen befunden, ohne den Mut zu verlieren, und auch du; als du so verlassen im tiefen Brunnen bei Siut stecktest, um elend zu verhungern, hattest du eigentlich weniger Veranlassung als jetzt, auf Rettung zu hoffen. Ich bin überzeugt, daß uns hier in Faschodah nichts geschieht. Man wird uns jedenfalls dorthin schaffen, wo Ibn Asl sich befindet. Wir müssen es abwarten. Ich bin froh, daß ich meine Waffen und mein sonstiges Eigentum nicht bei mir hatte. Es wäre mir abgenommen worden, und ich hätte im Fall einer heimlichen Flucht darauf verzichten müssen und alles verloren. Wie steht es denn mit deiner Habe?“
    „Ich besitze nichts. Die Flinte und meine Pistolen hatte ich bei dem Mudir abgelegt, und da er von meinem Vorhaben nichts wissen durfte und ich mich unbemerkt fortschleichen mußte, so habe ich nur das Messer bei mir gehabt, und dieses allein ist mir abgenommen worden.“
    Jetzt kamen vier Männer herein, welche lange und breite Bastmatten und Stricke trugen. Wir erhielten Knebel in den Mund; man verband uns die Augen, und dann wurden wir in die Matten gewickelt, welche man darauf mit den Stricken umschlang. So bildeten wir zwei steife, walzenförmige Pakete, welche aufgenommen und fortgetragen wurden. Unsere Köpfe ragten über die Matten heraus, so daß wir wenigstens an Luft keinen Mangel litten.
    Natürlich konnten wir nicht sehen, wohin man uns schaffte. Ich fühlte, daß es über Schmutzhaufen und Schlammlöcher ging; dann hörte ich Wasser plätschern und man ließ uns auf eine harte Unterlage nieder.
    „Jetzt fort, schnell und vorsichtig!“ hörte ich eine befehlende Stimme sagen.
    Dann vernahm ich das Geräusch der in das Wasser getauchten Ruder, wir lagen also jedenfalls in einem Boot. Tiefe Stille herrschte um uns. Sie wurde nur von Zeit zu Zeit durch eine flüsternde Stimme unterbrochen, deren Worte ich nicht verstehen konnte. Später, als man Faschodah im Rücken hatte, wurde lauter gesprochen, doch nichts, was uns über das Ziel unserer Fahrt Aufklärung geben konnte. Was ich vernahm, waren nur kurze Kommandoworte, welche sich auf das Rudern und den Gebrauch des Steuers bezogen.
    Es verging eine lange, lange Zeit. Wie viele Stunden es waren, das nur zu raten, war mir unmöglich. Als man endlich anlegte, war es mir, als ob die Fahrt einen ganzen Tag gedauert hätte.
    „Wer ist da?“ rief eine Stimme, aus der Höhe, wie mir schien.
    „Leute des Sangak“, lautete die Antwort. „Ist Ibn Asl da?“
    „Nein. Doch kommt herauf!“
    Wieder verging eine Weile, während welcher man über uns leise sprach. Auch jetzt konnte ich nichts verstehen, aber es waren Töne freudiger Verwunderung, die sich in das Geflüster mischten. Dann band man uns an Seile, um uns emporzuziehen. Wir wurden hart niedergeworfen und dann aus unsern Hüllen gewickelt. Man nahm uns die Knebel und die Augenbinden weg, und nun sah ich, daß wir auf dem Deck eines Schiffes lagen. Ungefähr zwanzig Männer standen um uns. Ich konnte ihre Gesichter deutlich sehen, denn der Mond schien hell. Man hatte also nicht einen ganzen Tag, sondern noch nicht einmal bis zum Anbruch des Morgens gerudert. Freilich war es kein Wunder, daß mir diese Zeit so lang geworden war.
    Derjenige, welcher mir am nächsten stand, war Murad Nassyr, der dicke Türke, mit welchem ich hatte reisen sollen, um sein Kompagnon im Sklavenhandel zu werden. Als ich ihn jetzt vor mir stehen sah, mußte ich an die

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