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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Abschiedsworte denken, welche er mir in Korosko zugerufen hatte. Sie waren drohend genug, doch hatte ich vor diesem dicken Türken weit weniger Respekt als vor seinen Verbündeten, welche viel mehr Energie besaßen und weit gefährlicher waren als er. Er sprach mit einem Mann, welcher wohl zu denen gehörte, die mich auf das Schiff gebracht hatten. Ich hörte, daß er ihn fragte:
    „Wo sind der Muza'bir und der Mokkadem? Konnten sie nicht gleich mitkommen?“
    „Sie haben Faschodah auf dem Landweg verlassen, um zu den Dinka zu gehen, bei denen sich Ibn Asl befindet. Sie wollen ihn von der Gefangennahme der beiden Männer benachrichtigen.“
    „Dann werden sie ihn vielleicht nicht mehr dort antreffen. Ich erwarte ihn in jedem Augenblick mit den angeworbenen Dinka. Kommt er eher als sie, so müssen wir ihretwegen hier liegen bleiben und die kostbare Zeit versäumen.“
    Diese Worte bewiesen, daß Murad Nassyr kein Übermaß von Klugheit besaß. Es war ein Fehler von ihm, in meiner Gegenwart hören zu lassen, daß Ibn Asl im Begriff stand, eine Schar von Dinka zum Sklavenfang anzuwerben. Er war dazu gezwungen, weil wir alle seine Leute ergriffen hatten. Jetzt wandte sich Murad Nassyr zu mir, indem er mich in giftigem Ton fragte:
    „Kennst du mich noch, du Hund? Reichen deine Gedanken so weit, jetzt noch zu wissen, wer ich bin?“
    Da ich nicht antwortete, fuhr er fort:
    „Denke an Korosko und an die Worte, welche ich dir dort zurückließ!“
    Und als ich auch jetzt nichts sagte, fügte er hinzu:
    „Ich drohte dir damals: Sollte ich dich wiedersehen, so zerschmettere ich dich! Dieses Wiedersehen findet jetzt statt. Bereite dich auf den Tod vor. Du bist verloren und hast bei uns keine Barmherzigkeit zu erwarten.“
    Er mochte denken, daß ich nun antworten werde. Als dies nicht geschah, trat er mich in die Seite und fuhr mich an:
    „Willst du wohl dein Maul öffnen, du schmutzige Kröte! Hat der Schreck, die Angst dich stumm gemacht?“
    Da lachte ich laut auf und antwortete:
    „Die Angst? Etwa vor dir? Lieber Dicker, laß dich doch nicht auslachen! Vor dir erschrickt kein Mensch, ich aber am allerwenigsten. Du kannst wohl Pillau mit Schafschwanz verschlingen, mich aber nicht.“
    „Hund, verhöhnst du mich auch noch! Ich werde dafür deine Qualen verdoppeln!“
    „Laß mich in Ruh'! Du spielst mit dieser Drohung eine so lächerliche Figur, daß man dich nur auslachen kann. Du kennst mich schon von Algier her und mußt doch wissen, daß deine Prahlerei auf mich keinen Eindruck macht. Lege dich also aufs Ohr und schlafe; das ist jedenfalls besser als ein so verunglückter Versuch, mich bange vor dir zu machen!“
    Da versetzte er mir einen zweiten Fußtritt und rief:
    „Das will ich dir gedenken! Ich weiß, daß du bereits erfahren hast, welche Qualen dir beschieden sind; sie sollen nun noch entsetzlicher werden, als du bisher wußtest. Glaube ja nicht, auch diesmal zu entkommen! Ich selbst werde dich bewachen und dich, bis Ibn Asl kommt, nicht aus meinen Augen lassen. Hebt die Hunde auf und folgt mir mit ihnen!“
    Er begab sich nach dem Vorderteil des Verdeckes, und man trug uns hinter ihm drein, öffnete eine von zwei Türen, welche ich nebeneinander sah, trat in einen Raum, der jedenfalls seine Wohnung bildete, und untersuchte da unsere Fesseln. Dies geschah beim Schein einer Lampe, welche hier brannte. Als er sich überzeugt hatte, daß wir festgebunden waren und nicht loskommen konnten, gab er die zu unserer Unterkunft nötigen Befehle.
    Der Raum, in welchem wir uns befanden, hatte nicht etwa Holzwände; er glich vielmehr einem Zelt. Man hatte Stangen über dem Vorderteil des Schiffes angebracht und Matten auf dieselben gebreitet. Das war ein Sonnendach, von welchem mehrere Stücke Leinwand, welche als Wände dienten, herniederhingen. Die vordere Wand bestand aus zwei Stücken; das waren die von mir erwähnten beiden Türen. Eine Querwand schied den Raum in zwei Teile. In derjenigen rechter Hand befanden wir uns. Aus dem links liegenden Teil hörte ich weibliche Flüsterstimmen, was mich auf die Vermutung brachte, daß dort die Schwester des Türken mit ihren Dienerinnen untergebracht sei. Hinten gab es wieder eine Querleinwand, welche jetzt aufgehoben wurde. Dort war das Innere der Schiffsspitze, ein sechs Fuß langer, vier Fuß schmaler Raum, in welchem verschiedenes Gepäck und Gerümpel lag. Man schaffte dieses letztere fort, um Platz für uns zu bekommen. Dann wurden starke Eisennägel in die Diele

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