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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf uns zu, ließ das Segel fallen und fragte:
    „Woher kommt ihr?“
    „Von da oben“, antwortete ich, indem ich rückwärts deutete. „Wir wollen nach Faschodah.“
    „Wer seid ihr?“
    „Warum fragst du? Bist du ein Beamter des Mudir?“
    „Nein. Aber ich suche eine fremden Effendi und einen jungen Mann, welcher Ben Nil heißt, die seit gestern abend spurlos verschwunden sind. Der Mudir läßt nach ihnen suchen. Da ihr zwei seid und ich euch nicht kenne, auch die Beschreibung stimmt, so glaube ich, die Gesuchten gefunden zu haben.“
    „Kennst du den Sangak der Arnauten?“
    „Ich habe ihn gesehen, aber noch nie mit ihm gesprochen.“
    „Haßt oder liebst du ihn?“
    „Herr, diese Frage ist gefährlich; da ich aber weder etwas Gutes noch etwas Böses von ihm zu erwarten habe, so will ich sie beantworten. Ich hasse ihn nicht, und liebe ihn nicht; er ist mir gleichgültig, obgleich er viel Einfluß und Macht besitzt.“
    „So will auch ich aufrichtig sein, obgleich ich eigentlich Grund habe, dir die Wahrheit zu verschweigen. Wir sind diejenigen, welche du suchst.“
    „Wirklich? Ist's wahr?“ fragte er in freudigem Ton. „Hamdullillah! So bin ich es, der sich das viele Geld verdient!“
    „Welches Geld?“
    „Die hundert Piaster, welche der Mudir für dich zahlen will.“
    „Du sollst sie bekommen, obgleich er uns auch ohne dich wiedergesehen hätte.“
    „Hätte er das?“ fragte er enttäuscht. „Allah! So erhalte ich das Geld nicht!“
    „Er wird es dir geben. Verlange es nur!“
    „Fällt mir nicht ein, Effendi. Ich würde anstelle der Piaster fünfhundert Hiebe erhalten.“
    „Du bekommst das Geld. Ich gebe dir mein Wort. Und wenn er sich weigert, so werde ich es dir geben. Aber ich knüpfe die Bedingung daran, daß du uns zu dem Mudir bringst, ohne daß wir von dem Sangak oder einem seiner Arnauten gesehen werden.“
    Er blickte mich verwundert an und fragte:
    „Effendi, sind diese Arnauten an eurem Verschwinden schuld?“
    „Das kann ich dir nicht sagen, weil ich dich nicht kenne.“
    „Oh, du darfst mir vertrauen. Ich bin ein armer Fischer und liefere das, was ich fange, nur in die Küche des Mudirs, welcher mich dafür bezahlt, während ich von dem Sangak nichts bekommen würde.“
    „Wo wohnst du?“
    „Hier vor der Stadt. Du siehst meine Hütte dort links am Ufer. Sie steht weit entfernt von allen andern Hütten und Häusern.“
    Ich erzählte ihm, was uns geschehen war, und fuhr dann fort:
    „Erfährt der Sangak, daß wir wieder da sind, so findet er vielleicht Zeit zur Flucht, ehe der Befehl, ihn zu ergreifen, gegeben werden kann.“
    „Effendi, ich würde über das, was ich da höre, staunen, wenn ich nicht wüßte, was für ein gewalttätiger Mann dieser Sangak ist. Wenn es so ist, so hast du recht. Du mußt unbemerkt zum Mudir kommen. Ich werde dich jetzt nach meiner Hütte bringen, wo ihr wartet, bis ich beim Mudir gewesen bin, dem ich sagen will, was du mir anbefiehlst.“
    „Gut, ich bin einverstanden.“
    „Aber ihr dürft mir jetzt nicht im Boot folgen, denn das würde auffallen. Man darf nicht sehen, daß ich zwei Männer bei mir habe, denn man würde sogleich ahnen, daß ihr es seid. Steig zu mir herein. Ich werde dich erst allein nach meiner Hütte rudern. Dann hole ich auch Ben Nil, der hier ans Ufer legen und da auf mich warten mag.“
    Ich sprang zu ihm hinüber und wurde von ihm nach der Hütte gebracht, welche die äußerste der Stadt war. Sein Weib, eine Negerin, war daheim und erhielt von ihm den Befehl, uns verborgen zu halten und keinen Menschen in die Hütte zu lassen. Dann holte er Ben Nil. Als dieses geschehen war und er von mir genaue Instruktionen erhalten hatte, begab er sich zum Mudir. Es dauerte fast eine Stunde, bis er zurückkehrte. Er brachte Anzüge, einen weiblichen für Ben Nil und den eines Eunuchen für mich. Ich hatte mir das Gesicht zu schwärzen. Zwar hätte ich in weiblicher Kleidung viel weniger erkannt werden können, als in derjenigen eines Haremswächters, aber meine Figur paßte nicht zu einer solchen Maskerade.
    Als wir diese Anzüge angelegt hatten, bestiegen wir das Boot wieder, und der Fischer ruderte uns, nachdem er seinem Weib die strengste Verschwiegenheit anbefohlen hatte.
    Ben Nil war tief eingehüllt. Ein Schleier bedeckte sein Gesicht, so daß er vollständig einer Frau glich. Die Verkleidung belustigte ihn außerordentlich, und er kicherte in einem fort vor sich hin, weniger über sich als über mein schwarzes

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