28 - Im Lande des Mahdi II
charakteristischen Eigenschaften treu bewahrend.
Diese Menschen, die Bewohner, keineswegs aber die Herren des ‚schwarzen‘ Erdteils, sind alle mehr oder weniger von dunkler Farbe – Neger – das vielgesuchte Wild der Sklavenjagden.
Der Weiße kommt, befreundet sich mit einem Negerstamm, erhält durch List oder für einen lumpigen Preis ein Gebiet abgetreten und errichtet auf demselben eine Niederlassung, Seribah genannt. Er ist im Besitz größerer Kenntnisse und überlegener Waffen; seine anfängliche Freundschaft verwandelt sich bald in Strenge; die Schwarzen fürchten ihn, während sie ihn vorher liebten.
Er läßt andere Weiße kommen, die er angeworben hat, Auswürfe aller Gegenden und Bevölkerungsklassen des Orients. Sie bringen Flinten und Pulver mit, suchen nebenbei durch schlechtes Baumwollzeug, Branntwein, Tabak, Glasperlen die Schwarzen zu ködern. Sie sind gekommen, um Elfenbein zu suchen, weißes in Gestalt von Elefantenzähnen und schwarzes in – menschlicher Gestalt.
Der Scheik des schwarzen Stammes wird mit seinen Leuten gewonnen, indem man einen Anteil der Beute verspricht. Der Raubzug beginnt. Die weißen Teilnehmer nennen sich Asaker, Soldaten; sie wagen am wenigsten und nehmen den Löwenanteil des Raubertrages für sich. Die Schwarzen sind nicht Soldaten; sie müssen die schwersten Arbeiten verrichten, Kundschafterdienste tun, sich den größten Gefahren aussetzen, die vordersten beim Angriff sein und erhalten so viel oder so wenig, daß die ihnen gewährten armseligen Vorschüsse sich mit dem ihnen zufallenden Anteil gewöhnlich aufheben oder gar der Rest in Schulden besteht.
Bei größeren und besser organisierten Jagdgesellschaften gibt es auch schwarze Soldaten, die aber gegen die Weißen immer im Nachteil sind. Der Besitzer einer Seribah zahlt den Sold vom Raub aus, mag derselbe nun in Menschen oder Rinderherden bestehen. Die schwarzen Asaker bekommen die alten oder kranken Sklaven und Kühe, von denen sie keinen Nutzen haben.
Und wie wird eine solche Ghasuah, eine solche Sklavenjagd arrangiert und ausgeführt? Nun, ganz genau in derselben Weise, wie ein Einbrecher verfährt, welcher sich mit fremdem Gut bereichert und früher oder später dem Zuchthaus verfällt. Nur ist der Sklavenjäger ein ganz klein wenig schlimmer als der Einbrecher, da er Menschen stiehlt, ganze, große Dörfer verheert und entvölkert, und während er hundert Sklaven macht, wenigstens ebensoviel Greise und Kinder als für sich unbrauchbar umbringt. –
Seit unserer Abfahrt von Faschodah waren drei Wochen vergangen, und wir lagen am Einfluß des Rohl in den Bahr el Dschebel. Den Verhältnissen Rechnung tragend, konnten wir mit unserer Fahrt zufrieden sein. Der ‚Falke‘ war scharf gebaut; er gehorchte dem Wind, dem Zugseil und den Stoßstangen viel williger als ein schwerfälliger Noqer und ging leichter als ein solcher durch die vielen Schilffelder, welche wir zu durchschneiden hatten. Seine innere Einrichtung bot mehr Bequemlichkeit als diejenige eines Sklavenschiffes. Unsere Vorräte hatten sich gut erhalten. Wir fingen Fische, schossen täglich Wild, hatten eine gute Schiffsapotheke und besaßen Moskitonetze für alle Mannen. Unser Gesundheitszustand war darum ein verhältnismäßig ganz vortrefflicher.
Leider hatten wir im See No eine kleine Havarie erlitten, welche uns drei volle Tage aufgehalten hatte, und es fehlte uns ein Lotse, welcher die Gegend kannte. Der eigentliche Steuermann des ‚Falken‘ und der alte Abu en Nil, sie kannten beide den Fluß nur bis zu dem See No. Seit wir aus demselben in den Bahr el Dschebel eingebogen waren, befanden wir uns in beinahe vollständiger Unkenntnis derjenigen Flußverhältnisse, mit denen wir in Betracht unserer Aufgabe wenigstens ebenso vertraut wie Ibn Asl hätten sein müssen.
Wir suchten die Seribah Aliab. Wo lag dieselbe? Mehrere unserer Leute hatten behauptet, sie leicht finden zu können; aber jetzt zeigte es sich, daß sie sich zu viel zugemutet hatten. Da, wo wir jetzt lagen, begann die Landschaft Aliab. Die daselbst wohnenden Nuehr-Neger nennen sich Aliab; eine Seribah Aliab aber war schlechterdings nicht zu entdecken. Hier und da war uns ein einsam rudernder Neger begegnet, und wir hatten uns erkundigt, leider aber nichts erfahren.
Unsere Bemannung bestand aus den eigentlichen Matrosen, den gemieteten Takaleh und hundert Soldaten, welche unter einem Hauptmann standen. Mochte die Mannschaft Ibn Asls noch so stark sein, wir fürchteten
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