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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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demselben, daß der Schwarze wußte, auf welchem Fahrzeug er sich befand und welche Personen er vor sich hatte. Wenn ich mich damit nicht in einem Irrtum befand, mußte er auf uns aufmerksam gemacht worden sein, und zwar von wem? Doch nur von Ibn Asl. Daraus war die Veranlassung zu ziehen, seine Aussagen nur mit Vorsicht aufzunehmen.
    „Nun, wo liegt sie?“ fragte ich.
    „Da oben“, meinte er, indem er mit der Hand den Hauptfluß aufwärts deutete, „in der Gegend, welche Bahita genannt wird, vier Tagereisen weit.“
    „Was für Leute wohnen dort?“
    „Ein Stamm des Schur-Volkes.“
    Er gab diese Antworten langsam. Man sah und hörte, daß er sich jedes Wort, ehe er es aussprach, überlegte. Dabei besaß er nicht die nötige Gewalt über sein Gesicht, einen Zug wohlgefälliger Pfiffigkeit zu unterdrücken. Er freute sich innerlich über den Bären, welchen er uns aufzubinden meinte. Ich tat so, als ob ich ihm glaube, und fragte:
    „Weißt du das genau? Bist du vielleicht dort gewesen?“
    „Ich war dort“, behauptete er, indem er in die Falle ging, welche ich ihm mit meiner letzten Frage gestellt hatte.
    „So! Dann weißt du also ganz bestimmt, was du sagst. Wie aber kommt es denn, daß nicht die Schur, sondern die Tuitsch jene Gegend bewohnen?“
    „Die Tuitsch?“ fragte er verlegen. „Die sind nicht dort.“
    „O doch! Sie sind am rechten Ufer des Flusses, während am linken die Kytsch ihre Hütten haben. Das Gebiet der Schur beginnt viel, viel weiter westlich. Und die Entfernung soll nur vier Tagereisen betragen? Das sagst du, um uns bereitwilliger zu machen, nach Bahita zu segeln. Ich aber kenne die richtige Entfernung. Wir würden Bahita, selbst wenn wir stets günstigen Wind hätten, nicht unter fünfundzwanzig Tagen erreichen. Du bist unvorsichtig gewesen, denn deine Lüge war zu grob, zu handgreiflich.“
    „Ich lüge nicht, Effendi!“ beteuerte er.
    „Effendi? Du gibst mir diesen Titel? Also kennst du mich?“
    Seine Verlegenheit wuchs, doch antwortete er schnell:
    „Ich nenne jeden vornehmen Weißen so.“
    „Also hälst du mich für einen vornehmen Mann und bildest dir dennoch ein, klüger zu sein als ich? Du irrst. Du willst uns in die Irre führen; wir aber werden uns hüten, uns nach deinen Unwahrheiten zu richten.“
    „Herr“, rief er aus, „ich habe nichts als die Wahrheit gesagt!“
    „Vor allem, was du gesagt hast, ist nur das eine wahr, daß du die Seribah kennst. Du willst haben, daß wir sie nicht finden, und hast uns daher eine falsche Richtung angegeben. Ich nehme gerade das Gegenteil für wahr an. Die Seribah liegt nicht am Haupt-, sondern am Nebenfluß, nicht am Bahr el Dschebel, sondern am Rohl, welchen du herabgerudert kamst. Sage mir doch, wem die Seribah Aliab gehört! Da du dort gewesen bist, mußt du es wissen.“
    „Sie gehört – gehört –“ stotterte er verlegen – „einem Weißen, dessen Namen ich vergessen habe.“
    „Sage lieber, dessen Namen du nicht nennen willst, weil du nicht wünscht, von uns für einen Bekannten von ihm gehalten zu werden. Er heißt Ibn Asl. Erinnerst du dich?“
    „Ja“, gab er zögernd zu.
    „Schön! Du kennst diesen Mann. Du warst bei ihm. Du gehörst zu den Dinka, welche er unten am weißen Nil angeworben hat. Er sandte dich mit einer Botschaft an den Sangak der Arnauten in Faschodah und hat dich darauf aufmerksam gemacht, daß du uns möglicherweise unterwegs begegnen wirst. Er hat dir unser Schiff, den Raïs Effendina und auch mich beschrieben und dir gesagt, wie du dich verhalten sollst, falls du mit uns zu sprechen kommst. Willst du so frech sein, dies abzuleugnen?“
    Sein Verstand reichte nicht zu, einzusehen, daß ich nur durch eine ganz einfache, natürliche Logik zu diesen Behauptungen gekommen war. Er sah mir betroffen in das Gesicht, blickte dann zu Boden und – schwieg.
    „Antworte!“ forderte ich ihn im scharfen Ton auf.
    „Es ist nicht so, wie du denkst“, versicherte er. „Ich bin ein Bongo und will nach Faschodah, um Soldat zu werden. Das habe ich dir schon gesagt und kann auch jetzt nichts anderes sagen.“
    Diese Hartnäckigkeit hätte mich wohl in einige Verlegenheit gebracht, wenn nicht in diesem Augenblick etwas ganz Unerwartetes geschehen wäre. Der Djangeh-Knabe, welcher, wie bereits erwähnt, geschlafen hatte, war erwacht und kam mit seiner Schwester auf die Gruppe zu, welche sich um den Emir, mich und den Neger gebildet hatte. Als sein Blick auf diesen letzteren fiel, blieb er wie

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