Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
überzeugen müssen, daß du das Richtige getroffen hattest, und darum hast du dir unsere Ehrerbietung erworben. Einen Fehler aber haben wir an dir zu tadeln, wenn du uns das erlaubst. Du bist als Christ gegen unsere Feinde stets zu nachsichtig gewesen. Feinde muß man vernichten, um sich selbst zu erhalten. Ergreife ich heute meinen Todfeind und lasse ihn aus Barmherzigkeit wieder entwischen, so wird er morgen abermals über mich herfallen. Wir waren dem Tod geweiht; deine List und deine Umsicht haben uns gerettet; die Feinde sind in unsere Hand gegeben, aber du willst nicht, daß wir uns an ihnen vergreifen. Gut, wir gehorchen dir auch dieses Mal; wir wollen sie nach Karthum schaffen und dem Raïs Effendina übergeben; einer aber soll sterben, nämlich Abd Asl; darauf bestehen wir. Wir wollen uns nicht gegen dich erheben, aber wenn du uns diese kleine Bitte nicht erfüllst, kannst du nicht hindern, daß hier und da irgendein Messer in irgendein Herz gestoßen wird und viele von denen, welche du retten willst, am Morgen nicht mehr am Leben sind. Entscheide dich!“
    Das war allerdings energisch gesprochen! Was sollte ich antworten? War ich als Christ denn wirklich verpflichtet, Abd Asl, das Scheusal, zu retten und dadurch viele andere in Gefahr zu bringen? Aber vielleicht konnte ich meinen Zweck durch List doch noch erreichen, indem ich mich auf das gute Herz Ben Nils verließ! Nur solange kein Blut, als ich noch zu befehlen hatte. Was später geschah, das kam nicht auf meine Seele zu liegen. Darum antwortete ich, scheinbar auf die Forderung eingehend:
    „Du hast nach euren Anschauungen ganz verständig gesprochen, aber wie kann ich über das Leben des Fakirs verfügen, da es mir nicht mehr gehört? Ben Nil ist derjenige, welcher das erste Recht zur Rache hat.“
    „Aber du willst es ihm doch verkümmern, wie wir hören?“
    „Nein. Er soll sein Recht haben, wenn ihr einverstanden seid und auf das eurige verzichtet.“
    „Dann sind wir ja sofort einverstanden, Effendi.“
    „Ihr legt also das Leben des Fakir in Ben Nils Hände?“
    „Ja.“
    „So sind wir einig. Sage das den andern!“
    Der Askari entfernte sich befriedigt, und Ben Nil reichte mir die Hand, indem er sagte:
    „Ich danke dir, Effendi! Nun wird dem Gesetz der Wüste Genüge geschehen und zu den Schandtaten dieses Ungeheuers keine neue kommen.“
    „So gehe hin und stoße ihm, dem gefesselten Greis, das Messer in die Brust! Das ist eines tapferen Mannes würdig!“
    Er senkte den Kopf und blickte vor sich nieder; ich sah, er kämpfte mit sich selbst. Dann hob er den Kopf und fragte:
    „Der Alte gehört also wirklich mir und ich kann mit ihm ganz nach meinem Wohlgefallen verfahren?“
    „Ja.“
    „Gut, so werde ich Rache nehmen.“
    Er stand auf und zog sein Messer. Da sprang auch der Fakir el Fukara auf, hielt ihn beim Arm zurück und rief:
    „Halt! Das würde ein Mord sein, den ich nicht zugeben darf!“
    Ben Nil schüttelte den Mann mit einer Kraft, welche ich ihm gar nicht zugetraut hatte, von sich ab und antwortete:
    „Schweig! Was hast du hier zu befehlen! Ich kehre mich an deine Worte ebensowenig wie an das Summen einer Mücke!“
    „Schweig du selbst, du armseliger Knabe! Wenn es mir beliebt, zerdrücke ich dich zwischen meinen Händen!“
    „Versuche es doch!“
    Ben Nil hatte, wie bereits erwähnt, sein Messer gezogen, und der Fakir el Fukara riß auch das seinige hervor. Ich schnellte mich zwischen beide, riß dem letzteren die Waffe aus der Hand und gebot ihm:
    „Zurück, sonst hast du es mit mir zu tun!“
    „Du aber auch mit mir!“ rief er wütend.
    „Pah! Du hast ja schon gesehen, was du gegen mich vermagst.“
    „Das war Zufall. Willst du etwa mehr Mut und Geschicklichkeit haben, als ich besitze? Ein Fakir el Fukara fürchtet keinen Feind, auch den stärksten nicht, es mag sein, wer es wolle!“
    Eben wollte ich antworten, da erklang ein Ton in der Ferne, infolgedessen die Entgegnung mir auf der Zunge liegenblieb. Es klang wie das ferne Rollen des Donners und doch zugleich wie das Gähnen einer in der Nähe sich befindenden und aus dem Schlaf erwachenden Hyäne. Ich kannte diesen Ton; ich hatte ihn wiederholt in ähnlicher Lage gehört, und dann hatte es sich allemal um Leben oder Tod zwischen mir und dem König der Tiere gehandelt.
    „Fürchtest du auch diesen Feind nicht?“ fragte ich den Fakir, indem ich mit der Hand nach der Gegend deutete, aus welcher das Rollen erklungen war.
    „Nein, überhaupt

Weitere Kostenlose Bücher