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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Mund sehr voll, Effendi; aber wenn du ihn kommen sähest, so würden deine Zähne vor Entsetzen aufeinander klappern.“
    „So? – Hat er ein so fürchterliches Angesicht?“
    „Ja, du hast keine Ahnung davon, wie schrecklich er sein kann.“
    „Aber du hast diese Ahnung? – So kennst du ihn?“
    „Gerade weil du nicht glaubst, daß ein Mahdi kommen wird, gerade weil du über ihn spottest, will ich dir diese Frage beantworten: Ja, ich kenne ihn.“
    „So, ist er also schon da?“
    „Er ist schon da und hat bereits von Allah die Weisung empfangen, sich auf die Eroberung der Erde und die Vernichtung der Ungläubigen vorzubereiten.“
    „Willst du ihm einen guten Rat von mir überbringen?“
    „Welchen?“
    „Er mag in Ruhe und Frieden seine Herden weiden oder sein Feld bebauen, aber in Allahs Namen auf seine eingebildete Prophetie verzichten. Er ist in einer gewaltigen Selbsttäuschung befangen, in einem Selbstbetrug, welchen seine Anhänger, falls er welche fände, mit ihrem Eigentum, ihrem Leben bezahlen würden.“
    „Du täuscht dich, aber nicht er sich! Seine Sendung ist ihm von Allah geworden, und er wird dem Befehl, der vom Himmel kam, gehorchen.“
    „So will ich dir sagen, was er zu erwarten hat. Er wird sich zunächst gegen den Vizekönig empören. Vielleicht gelingt der Aufstand. Karthum ist weit von Kahira entfernt, und ehe der Khedive Truppen sendet, kann dem Mahdi die an den Nilarmen liegende Gegend zugefallen sein, aber gewiß nur für kurze Zeit; er wird sie bald wieder räumen müssen.“
    „Gewiß nicht! Er verachtet den Khedive und wird ihn unterjochen. Dann wird er Mekka nehmen und hernach nach Stambul ziehen, um den Sultan abzusetzen und sich als den wahren Beherrscher der Gläubigen auszurufen.“
    „Das wird er bleiben lassen! Du hast ja nicht die mindeste Ahnung von den Verhältnissen, mit denen er zu rechnen hätte, und von den Hindernissen, auf welche er stoßen würde. Hier am oberen Nil, ja, da könnte er ein wenig Krieg spielen; aber sobald er die Nase über die nubische Grenze steckte, würde man ihn darauf klopfen.“
    „Wer?“
    „Diejenigen Mächte, welche nicht zugeben können, daß der Vizekönig oder gar der Sultan abgesetzt wird. Es gibt noch ganz andere Kerle, als der Mahdi sein würde, welche es nicht gern sehen, daß der Sultan in Stambul sitzt. Da ist zum Beispiel der Kaiser von Rußland, welcher Stambul gern für sich haben möchte. Er hat gar nicht weit dorthin, denn sein Reich stößt an die Türkei; er besitzt mehrere Millionen Soldaten und nimmt Stambul doch nicht weg, und zwar nicht etwa aus Angst vor den Türken, den Mohammedanern, sondern weil andere, christliche Fürsten es nicht erlauben würden. Und was der große Zar nicht fertigbringt, das soll der Mahdi fertigbringen? Das wäre, wie wenn ein Kind die Hand nach dem Mond ausstreckt; es mag nach ihm verlangen, es mag jammern und schreien, aber es kann ihn eben auf keinen Fall bekommen. Sage also dem Mann, daß es nichts mit diesem Plan ist. Und auch hinter dem Khedive stehen Mächte, welche ihn nicht fallenlassen werden. Ein Mahdi würde höchstens bis Assuan kommen, dort aber auf europäische, also auf christliche Truppen stoßen, an deren Kanonen und Bajonetten seine Macht zerschellen müßte.“
    „Wie aber nun, wenn er im Heer des Khedive einen Freund hätte, auf den er sich verlassen kann?“
    „Da meinst du jedenfalls einen hohen Offizier, der bereit ist, sich in Kahira zu empören, sobald der Mahdi sich in Karthum erhebt?“
    „Ja.“
    „Selbst wenn dieser Offizier zunächst Glück hätte, es würde ihn sehr bald verlassen, denn es würden europäische Truppen landen, denen er mit seinen Anhängern nicht gewachsen wäre.“
    „Wenn er sie nun aber nicht landen ließe?“
    „Was kann er dagegen tun? Sie landen unter dem Schutz ihrer Schiffe.“
    „Die zerstört er!“
    „Womit? Wie denn? Das sind keine hölzernen Nilbarken, sondern ungeheure Riesenpanzer aus Stahl. Eure Kugeln prallen davon ab; ihre Kanonenkugeln aber, welche fast bis nach Kahira fliegen, säubern in einer Viertelstunde die ganze Gegend. Wollte dein Mahdi den Sudan erobern, um die heidnischen Schwarzen zum Islam zu bekehren, so hätte er es mit Menschen und Verhältnissen zu tun, die er vielleicht kennt, und es wäre am Ende ein Gelingen möglich; aber von anderen Eroberungen mag er die Hände lassen, wenn er nicht tüchtig darauf geklopft sein will. Ein Mahdi, welcher den Erdkreis erobern will, müßte die Summe

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