28 - Im Lande des Mahdi II
„zumeist aber von Falschheit und Verrat.“
„Beweise uns das doch einmal!“
„Beweise verlangst du? Ist es denn an dir, Beweise zu fordern? Habt ihr etwa nicht vom Petroleum gesprochen?“
„Allerdings. Warum sollte ich das leugnen? Du hast mir ja selbst davon gesagt!“
„Aber du hast behauptet, es sei keins drin. Wie kommst du dazu, eine solche Dummheit auszusprechen?“
„Es war natürlich nur ein Scherz“, antwortete ich, sehr erfreut über die Art und Weise, in welcher ich zur Hälfte falsch und zur andern gar nicht verstanden worden war.
„Du wirst sehr bald erfahren, daß es kein Scherz, sondern Ernst ist! Und dann habt ihr von Flucht gesprochen. Warum wollt ihr fliehen, wenn ihr ein gutes Gewissen habt?“
„Wir haben von Flucht vor dem Feuer gesprochen, falls dieses dein eigenes Schiff ergreifen sollte. Sind wir gestern abend geflohen? Habe ich dir nicht vielmehr bewiesen, daß ich bei dir bleiben will, daß mir gar nichts daran liegt, von hier fortzukommen?“
„Du scheinst ein Meister der Ausrede zu sein! Was aber wirst du mir denn antworten, wenn ich dich frage: Warum soll dein Gewehr losgehen, wenn der Raïs Effendina erscheint?“
„Soll? Es soll eben nicht! Und mein Gewehr, das meinige? Ich habe von allen Gewehren im allgemeinen gesprochen. Ich befürchtete eine Unvorsichtigkeit, eine Hastigkeit, durch welche der Raïs gewarnt werden könnte. Du postierst deine Leute weit am Ufer hinab, und da sagte ich: Wenn nur nicht etwa aus Versehen irgendein Gewehr losgeht. Dieser Mann hat zwar gelauscht, aber unvollständig oder verkehrt gehört. Ich rate ihm, ein anderes Mal die Ohren besser zu öffnen.“
Ibn Asl ließ seinen Blick prüfend zwischen mir und dem Lauscher hin- und herschweifen. Meine edle Dreistigkeit imponierte ihm. Es war klar, daß er irre wurde und mir Glauben zu schenken begann. Doch fragte er noch:
„Ihr hattet aber doch Angst um den Raïs Effendina?“
„Da hat dein wackerer Berichterstatter mich wieder falsch verstanden. Nicht um, sondern vor dem Raïs hatte ich Angst.“
„Wie stimmt das damit, daß du gestern zu mir sagtest, du hättest keine Angst?“
„Da wußte ich noch nicht, was gesehen soll. Jetzt kenne ich aber deine Absichten, und als ich mit meinem Gehilfen über dieselben sprach, hatte ich Sorge, daß dieselben vereitelt werden könnten. Das habe ich gemeint.“
„Vereitelt? Wer könnte sie vereiteln?“
„Der Raïs. Er ist in Hegasi an das Land gegangen. Ihr habt ihn hierhergelockt, indem ihr ihn fälschlicherweise wissen ließet, daß hier ein Sklavenzug über den Nil gehen werde. Er muß also wissen, daß sich Händler oder gar Jäger hier befinden. Meinst du, daß er nun in aller Gemütlichkeit gefahren kommt wie einer, der spazieren segelt?“
„Was denn?“
„Ich halte es für sehr möglich, daß er sein Schiff in Hegasi läßt und seine Asaker auf dem Landweg hierher und euch in den Rücken führt. Während wir die Augen nach dem Fluß richten, schleicht er sich von der Steppe herbei und fällt über uns her. Darum hatte ich vor ihm Angst, keineswegs aber um ihn.“
„Allah! Das ist richtig, sehr, sehr richtig! Daran habe ich nicht gedacht. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auch landeinwärts richten und –“
Er wurde unterbrochen. Der stromaufwärts stehende Posten kam herbeigerannt und meldete ein Schiff, welches sich von dort her nähere. Sofort wurde das Boot bemannt und unter der Führung eines der beiden Offiziere diesem Fahrzeug entgegengeschickt, um dasselbe zum Anlegen zu veranlassen.
Ich hatte Hoffnung, jetzt wieder losgebunden zu werden. Da fragte er mich:
„Woher weißt du denn, was wir dem Raïs Effendina haben sagen lassen?“
Leider hatte mich der Posten in Hegasi gestern gebeten, ihn nicht zu verraten. Ich war dem Mann für seine Mitteilungen zu Dank verpflichtet und wollte ihm keinen Schaden bereiten; darum antwortete ich:
„Es wurde gestern am zweiten Feuer erwähnt. Wir saßen am ersten; ich hörte es aber doch.“
Diese Unwahrheit entsprang aus einer ganz guten Absicht, fand aber sofort ihre Bestrafung, denn er antwortete:
„Das ist eine Lüge, denn an dem Feuer konnte das nicht gesagt werden. Es wissen nur vier Personen um das, was ich den Raïs Effendina wissen ließ, nämlich ich, die zwei Offiziere und der Posten von Hegasi. Von diesen hat es dir keiner gesagt. Von wem kannst du es wissen? Etwa gar von dem Raïs selbst? Ich wollte dir mein Vertrauen wieder schenken; jetzt aber sehe ich ein,
Weitere Kostenlose Bücher