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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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es aber aus der vermehrten Helligkeit und weil die Baumstämme nicht nur einen, sondern mehrere Schatten warfen.
    Jetzt war die Zeit gekommen, uns von den Fesseln zu befreien. Ich schob also mit dem Fuß das Messer aus dem Winkel vor, wälzte mich dann um und nahm es in die Hand. Ben Nil mußte sich mit seinem Rücken gegen den meinigen legen, so daß ich die Klinge in die Fesseln seiner Hände stecken konnte. Ich mußte vorsichtig sein, um ihn nicht zu schneiden oder zu stechen; es ging nicht leicht, aber es ging doch. Bald hatte er die Hände frei. Nun nahm er das Messer, um zuerst seine Füße frei zu bekommen und dann auch uns von den Stricken zu erlösen. Das geschah alles so geräuschlos, daß der Wächter es nicht hören konnte.
    Darauf warteten wir, ob unser Verbündeter Wort halten könne und kommen werde. Erst nach einer halben Stunde knarrte die Stiege wieder, und wir hörten seine Stimme:
    „Wenn du herauf- und herauskommen könntest! Es gibt soviel zu hören.“
    „Willst du mich ärgern?“ antwortete der Wachthabende. „Der Teufel hat es dem Leutnant eingegeben, gerade mich und gerade jetzt hier herunterzustellen. Was gibt es denn?“
    „Der ungläubige Effendi hat wirklich die Wahrheit gesagt. Unsere Kameraden sind gefangen und acht von ihnen mit dem Kolben erschlagen worden!“
    „Allah vernichte die Brut dieses Raïs Effendina! Um diesen verdammten christlichen Effendi aber ist es nun ganz gewiß geschehen! Wie ist denn Oram entkommen? Er hat sich wohl gar nicht ergreifen lassen?“
    „O doch! Aber die Asaker haben ihn nicht fest gebunden gehabt. Gegen Morgen ist es ihm gelungen, sich loszumachen. Er hat sich davon geschlichen und sogar ein Kamel mitgenommen. Natürlich ist er sofort in einer Tour nach Hassanieh geritten, um uns zu benachrichtigen, aber einige Minuten zu spät gekommen.“
    „Warum kam er nicht bei unserem Lagerplatz, sondern weiter oben an den Nil?“
    „Weil er nicht konnte. Er sah die Asaker des Raïs Effendina sich nach dem Platz wenden. Unsere gefangenen Kameraden werden nicht nach Karthum, wie eigentlich beschlossen war, sondern nach Hegasi gebracht, wo die Asaker von dem christlichen Effendi erwartet werden sollen.“
    „Er wird sie niemals wiedersehen, und sie werden von uns in der gehörigen Weise empfangen werden, denn ich hoffe doch, daß Ibn Asl alles tun wird, unsere Gefährten zu retten!“
    „Das ist selbstverständlich.“
    „Aber es ist keine Zeit zu verlieren! Wenn ich nur unten sein könnte. Willst du nicht die Wache für mich tun? Ich gebe dir dafür gern –“
    „Fällt mir gar nicht ein!“ unterbrach ihn der andere. „Ich habe soeben erst zwei Stunden hier gestanden.“
    Die Stiege knarrte wieder. Er ging. Er hatte Wort gehalten, und das, was er mir auf diese Weise mitgeteilt hatte, war von sehr hohem Wert für uns. Darum sollte er die ihm versprochene Gratifikation erhalten. Er war zwar unser Feind und außerdem ein schlechter Mensch, aber ich mußte Wort halten. Er sollte mich, den Christen, nicht einen Betrüger nennen können.
    Übrigens war das Gespräch auch von noch anderem Vorteil für uns gewesen. Das öffnen des Riegels mit Hilfe des Messers mußte nämlich ein, wenn auch geringes, aber doch immerhin ein Geräusch verursachen, welches den Posten leicht aufmerksam machen konnte. Außerdem hatte der letztere an der Anlegeseite gestanden, so daß, wenn wir die Tür öffneten, er uns im Weg stand und wir sie nicht ganz aufbringen konnten. Er hätte also hinter derselben gestanden, und es wäre nicht leicht gewesen, so schnell an ihn zu kommen, wie es nötig war, wenn man ihn unschädlich machen wollte, ohne daß er um Hilfe zu rufen oder gar Widerstand zu leisten vermochte.
    Diesen Übelständen war nun Abhilfe geschafft worden. Der Mann war nämlich, um den andern besser verstehen zu können, mehrere Schritte nach der Stiege gegangen; er hatte also die Tür freigegeben. Während sie laut miteinander sprachen, steckte ich die Spitze des Messers durch die Ritze in das Holz des Riegels und schob den letzteren zurück. Das gab ein Geräusch, welches der Wächter aber nicht hörte. Ich stieß die Tür auf und kroch hinaus. Die andern beiden folgten. Um ihnen Platz zu machen, mußte ich avancieren und kam hart hinter den Wächter zu stehen, als er eben seinen Kameraden aufforderte, für ihn die Wache zu übernehmen. Als dieser nun ging, drehte er sich um und stieß an mich. Im Nu hatte ich ihn mit beiden Händen am Hals. Er brach aus Mangel an

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