28 Minuten
wissen.«
»Besteht denn eine Möglichkeit, dass sie dir doch kein Angebot machen?« Der verängstigte Ausdruck, den er in den letzten Tagen immer wieder mal bemerkt hatte, zeigte sich erneut. Es wurde ihm eng ums Herz, als er ein beruhigendes Lächeln auf sein Gesicht zwang. »Ich weiß, du hasst es, wenn ich das sage, aber ich bin sicher, alles wird gut gehen. Ich muss jetzt wirklich los. Ich werde versuchen, bis fünf wieder da zu sein.«
Er gab ihr einen schnellen Kuss. Als er zur Tür ging, sagte sie ihm, dass sie ihn vermissen würde. »Sei bitte vorsichtig, Liebling.« In ihrer Stimme lag ernsthafte Besorgnis, so dass er beinahe stehen geblieben und sich zu ihr umgedreht hätte. Stattdessen atmete er tief durch und ging weiter.
Auf der Fahrt zu Gordon bekam er Gewissensbisse, weil er Carol an der Nase herumführte. Aber er hatte keine Wahl. Sie würde sonst durchdrehen. Außerdem würde es sechs Monate oder länger dauern, seinen Teil der Beute über Shrinis zukünftige Firma in Indien zu waschen. Einen Teil des Geldes brauchte er aber sofort, und daher spielte er mit der Idee, das Geld, das er nach Hause brachte, mit einem angeblichen Programmierauftrag zu erklären.
Er dachte an ihre Bitte, vorsichtig zu sein. Sie hatte schon immer eine gute Intuition besessen und musste gespürt haben, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Was genau sie sich vorstellte, warum er vorsichtig sein sollte, davon hatte er keine Ahnung. Und sie wahrscheinlich auch nicht.
Als Dan vor Gordons Haus hielt, wartete der bereits auf dem Parkplatz, er lief aufgeregt hin und her.
»Meine Güte, Dan«, sagte Gordon, und Sorgenfalten zeichneten seine Stirn. »Du bist zu spät.«
Dan sah das Handy, das Gordon in der Hand hielt. »Du hast doch nicht versucht, bei mir anzurufen, oder?«, fragte er. »Wir haben gesagt, keine Anrufe.«
»Nein, aber fast. Du bist zwanzig Minuten zu spät. Ich habe dir gesagt, ich brauche eine volle Stunde.«
»Das weiß ich. Tut mir leid. Lass uns nach oben gehen und anfangen, okay?«
Auf dem Weg nach oben beklagte sich Gordon weiter, dass er mindestens eine Stunde für das Make-up brauchte. Dan murmelte verständnisvoll. Über die Jahre hatte er endlose Male ähnliche Klagen von Gordon gehört. Gordon hatte kein Problem mit Terminen, solange er sie setzen und für genug Spielraum sorgen konnte. Aber wenn man ihn drängte, drehte er durch.
Als sie seine Wohnung betraten, setzte Gordon Dan neben den Computer und rief eine Reihe von Fotos von Raymond Lombardo auf. Seine Hände zitterten, als er begann, ein Gummigemisch auf Dans Kinn aufzutragen.
»Entspann dich«, sagte Dan zu ihm. »Atme tief durch, okay? Du hast eine ganze Stunde. Ich werde dich nicht hetzen.«
»Was ist mit dem Plan?«
»Ich habe eine Reserve eingeplant«, log Dan. »Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen um den Zeitplan.«
Gordon entspannte sich langsam wieder und wurde er selbst. Seine Hände bewegten sich schneller und gleichmäßiger, er baute Dan einen kräftigeren Kiefer und eine dickere Nase. Bei der Arbeit erzählte er pausenlos von der achtundzwanzigjährigen Zahnarzthelferin aus São Paulo, mit der er überlegte, Kontakt aufzunehmen. Als er mit Kiefer und Nase fertig war, befestigte er mit Haarnadeln eine Perücke auf Dans Kopf und klebte ihm Koteletten und einen Schnauzer an. Zum Abschluss zeichnete er Aknenarben auf Dans Wangen. Als er fertig war, setzte Dan die kosmetischen Kontaktlinsen ein und betrachtete sich in einem Handspiegel. Die Ähnlichkeit war enorm. Wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, dass Nase und Kinn nicht echt waren, aber auf einer Videoaufnahme aus einiger Entfernung würde die Verkleidung prima funktionieren.
Gordon reichte ihm eine Skimütze. »Nimm die ein paarmal ab. Ich will sehen, ob der Kleber hält.«
Dan tat wie geheißen. Der Kleber hielt. »Lass uns den Overall anziehen«, sagte er.
Gordon half ihm hinein. Aufgepolstert war der Overall ein bisschen unpraktischer, aber Dan konnte trotzdem noch gut darin gehen. »Was meinst du?«, fragte er.
Gordon betrachtete ihn lange und nickte. »Du siehst ihm ähnlich genug, um eine Überwachungskamera auszutricksen.«
Dan sah auf die Uhr. Gordon war vierzehn Minuten früher fertig geworden. Sie waren fast wieder im Plan. »Du weißt, wo wir uns treffen?«, fragte er.
»Keine Sorge, ich komme.« Gordon atmete aus und schnitt eine Grimasse, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Übrigens, dieses Wochenende war ich das letzte Mal
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