28 Minuten
einiges an Reserven, aber nichts, was er schnell in Bargeld umsetzen konnte. Wichtiger noch, in diesen Kästen waren Unterlagen gewesen, die nicht in die Hände des FBI gelangen durften. Wenn das passierte, würde er lange im Gefängnis sitzen – falls ihn nicht schon vorher jemand umlegte. Er wusste, dass er ausschließlich deswegen noch am Leben war, weil einige mächtige Leute es sich nicht leisten konnten, dass diese Unterlagen öffentlich wurden. Wenn er nicht schnell zurückbekäme, was man ihm gestohlen hatte, würde er verschwinden müssen, vielleicht zurück nach Osteuropa, und er würde es ohne die Geldmittel tun müssen, die er benötigte, um das Leben, an das er sich gewöhnt hatte, zu finanzieren.
Der Filialleiter musste ebenfalls zahlen. Irgendwer hatte den Arabern seine Schließfachnummern verraten, und dieses kleine Nichts von Mann war die nächstbeste Adresse. Petrenko schlug fester auf den Sack ein, während er an die Gespräche zurückdachte, die er mit dem Filialleiter geführt hatte. Brown hatte ihm ernsthaft erzählt, dass seine neue Alarmanlage unschlagbar sei, die Bank sei sicherer als Fort Knox. Und Petrenko, dieser Idiot, hatte ihm geglaubt und noch sechs Schließfächer dazugebucht, er hatte sein gesamtes Vermögen und alle wichtigen Unterlagen bei dieser Bank hinterlegt. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass Brown etwas Derartiges wagen würde, aber andererseits kann selbst die feigste Hyäne den Mut aufbringen, nach einem Löwen zu schnappen, wenn sie das Tier für hilflos hält.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach Petrenkos Gedankenfluss. Er ließ die Arme sinken und bellte auf Russisch herein. Als Yuri den Raum mit einer Aktentasche betrat, spürte Petrenko eine Welle der Erleichterung. Steif wickelte er die Lederriemen von seinen Händen und bemerkte desinteressiert, dass seine Fingerknöchel blutig und aufgeschrammt waren.
»Das sind sehr dumme Männer«, sagte Yuri.
»Ist das Geld noch da?«
»Beinahe. Sechsundneunzigtausend Dollar.«
»Und die Araber?«
»Zwei von ihnen haben wir gefunden – die Bosse. Sie waren überrascht, uns wiederzusehen. Im Moment warten sie im Lagerhaus.«
Petrenko griff nach seiner goldenen Rolex und sah, dass es zwei Uhr vierzig am Morgen war. Obwohl er sich der Angelegenheit nur zu gern gleich hätte annehmen wollen, wusste er, dass es besser war, dies ausgeruht und mit klarem Kopf zu tun. Ein paar Stunden machten keinen Unterschied.
»Sie können warten«, sagte Petrenko. »Wir sollten alle etwas schlafen.« Er zögerte und rieb sich die Knöchel. »Hast du etwas gefunden?«
»Noch nicht.«
Petrenko versuchte, gelassen zu wirken. Er griff nach einem Handtuch und rieb sich Arme und Hals trocken, dann ging er zu einem Tisch, auf dem eine Flasche Wodka auf Eis lag. Er goss sich ein Glas ein, trank langsam, wartete, bis er sicher sein konnte, dass man ihm seine Enttäuschung nicht mehr anmerkte, bevor er Yuri anwies, sich mit ihm um zwölf im Lagerhaus zu treffen.
»Wir haben einen langen Tag vor uns«, setzte er hinzu. »Ist alles vorbereitet?«
»Ja. Die Plastikfolie ist bereits ausgelegt. Alles, was Sie brauchen, ist da.«
»Und unseren arabischen Gästen ist es nicht zu unbequem?«
Yuri grinste breit und zeigte seine gelben, schiefen Zähne, die dringend einer ärztlichen Behandlung bedurften. »Tut mir leid, aber als wir gingen, hatten sie es sehr unbequem.«
Petrenko nickte und die Grausamkeit verdunkelte sein blasses Gesicht. »Das ist in Ordnung«, sagte er.
19
Dan hatte unruhig geschlafen. Sosehr er auch dagegen ankämpfte, seine Gedanken rasten, huschten zwischen verschiedenen Bildern vom Vortag hin und her. Das tote Mädchen, ihr zerschmetterter Brustkorb, die immer größer werdende Blutlache unter ihr; die andere, ältere Frau, die vor Schmerzen stöhnte, während ihre Eingeweide hervorquollen; Gordons weggesprengter Schädel; Joel, der ihn mit einer Pistole bedrohte, und sein Blick, während er überlegte, ob er abdrücken sollte ...
Es schien, als wären diese Bilder in seinem Kopf zu einer entsetzlichen Endlosschleife zusammengeschnitten worden. Selbst wenn er die Augen öffnete, sah er sie. Sie schwebten wie Geister im Dunkeln, bevor sie verblassten.
Immer wieder überwog die Erschöpfung. Dann war da nichts. Er driftete weg, kam mit sich beinahe ins Reine. Nach kurzer Zeit konnte er hören, wie eine Stimme nach ihm rief. Sie kam ihm bekannt vor. Er ignorierte sie, aber sie gab nicht auf.
»Meine Güte, Dan, nun
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