28 Minuten
dreh dich schon um.«
Mit einem Seufzen wandte er sich um. Gordon wartete auf ihn, aber er sah nicht so aus wie sonst – kleiner, älter und irgendwie auch strenger, nicht so unbedarft, wie er Dan immer erschienen war.
»Ich habe dir immer gesagt, Joel ist ein Wiesel«, sagte Gordon.
»Joel ist nicht so ein übler ...«
»Wie bitte? Das Wiesel hat mir das Hirn rausgeblasen!«
»Das tut mir leid.«
»Ach, egal, zum Teufel damit, ist nun mal passiert.«
»Es tut mir trotzdem leid.«
»Ja, ich weiß, aber ich bin drüber weg. Was ist mit dir?«
»Wie meinst du das?«
»Meine Güte, Dan, du weißt, was ich meine. Wie kommst du an deinen Anteil von dem Wiesel?«
»Er wird ihn mir schon geben. Er braucht bloß ein paar Tage, um sich abzuregen.«
»Vergiss es. Er wird dir keinen Cent geben. Das weißt du genau.«
»Vielleicht, ich weiß auch nicht ... Herrje, Gordon, was zum Teufel ist da in der Bank passiert?«
»Dan, das war nicht meine Schuld.«
»Aber du hast auf sie geschossen.«
»Du hättest hören sollen, was sie zu mir gesagt haben. Ich meine, meine Güte, Dan, du hättest genau dasselbe getan, wenn irgendeine hochnäsige kleine Fotze dich einen ekligen, widerwärtigen Perversen nennt. Wenn sie dir sagt, sie würde lieber von einem Schwein gefickt werden als von dir. Was sollte ich denn machen, einfach abhauen?«
»Gordon, sie war gefesselt, hilflos. Ja, du hättest einfach abhauen sollen.«
»Jetzt hör mal, ich bin vor solchen Fotzen mein ganzes Leben lang davongelaufen. Diesmal nicht – nicht mit der Knarre in der Hand. Scheiß auf sie, scheiß auf die beiden. Egal, ich konnte sowieso nicht weg, nicht wenn Joels dicker kleiner Freund da steht und über mich lacht.«
»Und was war mit der anderen Frau?«
»Ach, dasselbe. Sie musste mir anscheinend unbedingt sagen, dass sie hofft, ich würde eine Ewigkeit in der Hölle braten. Also habe ich mir gedacht, ich gebe ihr etwas anderes zum Nachdenken.«
Dan fühlte sich völlig daneben. Das Wesen vor ihm war Gordon, und doch war er es nicht. Ihm haftete eine Kälte an, eine Leere. Er schien nur eine Hülle zu sein, eine seelenlose Version des Mannes, den Dan gekannt hatte. In seinem Blick lag nichts mehr außer Bitterkeit und Wut.
»Warum hast du überhaupt mit ihr geredet?«, fragte Dan, und die Wut schnürte ihm fast die Kehle zu. »Du hast es mir versprochen. Herrje, Gordon, warum musstest du das tun?«
»Ich habe bloß Quatsch gemacht, das ist alles. Zeit totgeschlagen, ich wollte nett sein. Ich habe mir nichts dabei gedacht.«
»Du hast dir nichts dabei gedacht? Es stand eine Menge auf dem Spiel! Was um Gottes Willen hattest du denn so Wichtiges zu sagen, das sie unbedingt hören musste?«
»Ich habe ihr bloß von Jersey erzählt, und ein paar interessante Sachen über Brasilien, das ist alles.«
»Ich habe eine Neuigkeit für dich, Gordon. Niemand interessiert sich für deine › interessanten Sachen ‹ !«
»Glaubst du, ich weiß das nicht?«
»Warum denn dann, Gordon? Warum musstest du uns alle wegen einem bisschen sinnlosen Smalltalks in die Scheiße reiten?«
»Warum?« Er schloss den Mund, während er darüber nachdachte. Dann zuckte er mit den Achseln und sagte: »Ich weiß es nicht. Worüber hätte ich denn sonst mit ihr reden sollen?«
»Warum musstest du überhaupt etwas sagen?«
»Jetzt komm schon, wie stehen wohl meine Chancen, mit einem hübschen Mädchen, das einen so netten kleinen Arsch hat, zu reden? Und, meine Güte, Dan, ich habe die Knarre, ich bin höflich, sie hätte einfach bloß liegen bleiben und mir zuhören müssen. Lass mich doch wenigstens so tun, als hätte ich den Hauch einer Chance, ihr die Scheiße aus dem Leib zu ficken – was ist?«
»Nichts, aber bislang habe ich dich noch nie so dreckig reden hören.«
»Na ja, also, ich denk mir, ich bin tot, also was soll’s?«
»Ich weiß nicht, es kommt mir merkwürdig vor.«
»Tja, das ist es auch, Dan, und ... Wieso guckst du immer weg? Wärst du lieber woanders?«
»Ich bin wohl müde.«
»Wie kannst du müde sein? Du schläfst doch.«
»Ich weiß, aber ich bin kaputt. Warum machen wir nicht Schluss?«
»Soll das ein Witz sein? Ich meine, Dan, ich bin tot. Das ist vielleicht die letzte Gelegenheit, die wir haben, miteinander zu reden, und du willst dich verdrücken?«
»Gordon, tut mir leid, Alter, aber ich bin echt kaputt.«
»Vergiss es. Meinetwegen, wenn du mir so kommst. Aber beantworte mir wenigstens meine Frage. Die, der du immer
Weitere Kostenlose Bücher