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28 Minuten

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Titel: 28 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Zeltserman
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überhaupt nicht danach, nach Hause zu Carol und den Kindern zu fahren. Würde ihm je wieder danach sein? Vielleicht. Mit der Zeit könnte der Überfall zu einer leeren Erinnerung werden. Irgendetwas, das irgendwann einmal vielleicht geschehen war, oder eben auch nicht. Erinnerungen dieser Art waren ihm vertraut. Menschen, die man einmal gekannt hatte, von denen aber kaum noch etwas da war als ein blasses Bild. Selbst das erste Mädchen, mit dem er geschlafen hatte. Sie waren beide sechzehn gewesen und hatten sich eines Nachts mit einer Decke auf einen Golfplatz geschlichen. Einerseits wusste er, dass es so gewesen war, andererseits erschien es ihm völlig unmöglich. Er konnte sich kaum daran erinnern. Nicht einmal an das Mädchen. Natürlich, das hier war etwas anderes. Aber vielleicht würde mit der Zeit auch daraus so eine ferne, unscharfe Erinnerung werden. Vielleicht würde ihm Jahre später auch das hier völlig unmöglich erscheinen.
    Aber jetzt dachte er immer weiter an das tote Mädchen. Und an die andere Frau. Als er zu dem Treffen mit Brown gefahren war, wurde im Radio durchgegeben, die andere Frau schwebe immer noch in Lebensgefahr. Er hoffte, dass sie am Leben blieb. Aber wie würde dieses Leben jetzt aussehen, nachdem eine Kugel ihren Bauch durchschlagen hatte? Würde so etwas jemals wirklich heilen?
    Er schwitzte bei dem Gedanken daran. Großer Gott, er zitterte sogar. Wenn jemand ihn sähe, würde er das Zittern womöglich für eine neurologische Störung halten. Er musste unbedingt seine Nerven beruhigen. Ein Drink würde helfen.
    Er hielt an der nächstbesten Bar. Der Barkeeper schaute ihn seltsam an, als er ein Guinness und einen Jameson’s bestellte.
    »Alles in Ordnung, Kumpel?«, fragte er.
    »Wird mir besser gehen, wenn ich mein Bier und meinen Kurzen habe.«
    »Du weißt, ich darf keinen Alkohol an jemanden ausschenken, der schon besoffen ist.«
    »Ich habe noch keinen einzigen Tropfen getrunken. Ehrlich. Was soll ich machen, das Alphabet rückwärts aufsagen?« Dan tat es einfach.
    Der Barkeeper hob ergeben die Hände. »Okay, okay«, sagte er. »Schon gut.« Aber während er das Bier zapfte, zog er eine Augenbraue hoch und betrachtete Dan zweifelnd.
    Gott, er wünschte, er könnte vergessen, dass der Überfall je stattgefunden hatte. Sollte Joel doch das Geld behalten. Das war ihm inzwischen egal. Er wollte das alles einfach nur so schnell wie möglich vergessen. Aber er wusste, dass das nicht ging. Shrini würde es nicht zulassen. Morgen würden sie beide zu Joel fahren, und ihm war klar, dass Shrini nicht aufgeben würde, bis er seinen Anteil hatte. Und insgeheim wusste er auch, dass Joel nicht nachgeben würde. Die ganze verdammte Sache drohte eindeutig noch weiter außer Kontrolle zu geraten. Dieser verdammte Joel.
    Der Barkeeper brachte ihm seine Drinks. Dan kippte den Schnaps und nippte dann am Guinness, er wollte lieber nicht zu schnell trinken. Die zweiunddreißig Riesen würden ihm etwas Zeit verschaffen, vielleicht genug, um einen Job zu finden, bei dem er gegen Berufsunfähigkeit versichert wäre. Er streckte den Arm mit dem Bierglas von sich weg. Im hellen Licht konnte er immer noch alles erkennen, er konnte sogar Text auf einem Computerbildschirm lesen, aber im Dämmerlicht der Bar wurden die Buchstaben auf dem Glas unscharf, und er konnte nichts davon entziffern. Er fragte sich, wie viel Zeit ihm noch blieb, bevor er gar nichts mehr würde sehen können. Ein Jahr, vielleicht weniger.
    Irgendwann nächste Woche würde er sich bei Brown melden und ihm erklären, warum die Software versagt hatte. Es gab keinen Grund, etwas zu verbergen. Sie sollten ruhig davon ausgehen, dass er eine ehrliche Haut war. Dann wäre die nächstliegende Schlussfolgerung, dass einer der indischen Programmierer absichtlich eine Hintertür in das Programm eingebaut hatte. Sollten sie doch versuchen, das Gegenteil zu beweisen. Dan lachte zornig, er stellte sich vor, wie die Zeitungen sich auf die Geschichte stürzten. Vielleicht würde es am Ende anderen Firmen einen Riesenschreck einjagen, die ebenfalls sensible Programmierarbeiten herausgegeben hatten. Vielleicht würde er dadurch sogar ein paar Aufträge bekommen.
    Das war ein interessanter Gedanke. Er konnte dafür sorgen, dass diese Firmen mehr als nur einen Riesenschreck bekamen. Mit ein bisschen Glück konnte er eine Panik heraufbeschwören. Als Erstes würde er ein paar Artikel darüber schreiben, was bei der Lynn Capital Bank vorgefallen war.

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