284 - Augen der Ewigkeit
Verstanden?«
Victoria tauchte in der Panzerluke auf.
»Willst du auch mitkommen?«, fragte Aruula.
Die Ex-Queen schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Einer sollte hier bleiben und auf den Panzer aufpassen.«
»Okay«, sagte Matt. »Also los, schauen wir uns die Sache mal an.«
***
April 2015
Dr. Diana Hoyt starrte auf die Spritze in Sam van der Vlis' Hand. »Ich halte es noch immer für keine gute Idee«, flüsterte sie ihrem Kollegen zu. »Wir sind Ärzte. Wir erhalten Leben und beenden es nicht.«
»Diana! Wir haben lange genug darüber diskutiert. Die Zeiten haben sich geändert. Wir müssen uns ihnen anpassen. Inzwischen heißt es fressen oder gefressen werden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich kann das nicht. Ich…«
»Sie sind schwanger, Diana. Sie werden Ihren Zustand nicht mehr lange geheim halten können. Was wird Milan mit Ihnen tun, wenn er es herausfindet? Glauben Sie, er wird einen weiteren Esser in unseren Reihen mit offenen Armen aufnehmen? Meinen Sie, er ist von Babygeschrei begeistert? Tun Sie es für Ihr Kind!« Er senkte die Stimme noch weiter. »Außerdem müssen sie gar nichts tun. Das übernehme ich. Oder wollen Sie so enden wie das arme Hausmädchen?«
»Sie hatte eine Hirnblutung, Sam. Das können Sie ihm doch wirklich nicht anlasten.«
»O doch, das kann ich. Ich habe Ihnen meine Theorie geschildert.«
»Die ist esoterischer Mumpitz!«
»Nein, sie ist Quantenphysik. Natürlich, sie ist umstritten, aber nicht von der Hand zu weisen. Ich fürchte, wir haben Milan durch die Operation dazu befähigt, mittels seiner Augen Leichtteilchen zu verdichten und die darin eingeschlossenen Teilchen zu bewegen. Eine Art Miniatur-Telekinese. So kann er die Äderchen im Gehirn seiner Opfer zum Platzen bringen…«
»Still! Er kommt!«
Sie starrten zur Labortür, vor der Schritte zu hören waren. Bevor sie sich öffnete, raunte van der Vlis ihr noch zu: »Sind Sie auf unserer Seite, Diana?«
Sie fühlte Hitze in sich aufsteigen. Auch, wenn seine Theorie, Milan könne für Claires Tod verantwortlich sein, Blödsinn war, hatte er doch recht, was ihr ungeborenes Kind anbetraf. Sie musste es schützen. Schweren Herzens nickte sie.
Roger Milan trat ein. Xavier Cormand stützte ihn. Ihr fiel das unglückliche Gesicht des Arztes auf.
Den Grund dafür erkannte sie schnell. Auch die Leibwächter Ray und Mathis kamen ins Labor. Offenbar traute Milan ihnen nicht mehr und seine Bodyguards sollten darauf achtgeben, dass die Operation wunschgemäß verlief.
Er konnte die Anspannung im Labor bereits durch die geschlossene Tür sehen. Das rote Wallen des Hasses, die grünlich brodelnden Schwaden der Angst.
Instinktiv ahnte er die Gefahr.
Er? Oder etwas anderes, Kreatürliches, das sein Hirn umklammerte und nicht bereit war, seine Existenz aufzugeben? Das alles daran setzen würde, sie zu erhalten?
Die Tür schwang auf und die Eindrücke prasselten auf ihn ein. Die Operationsliege mit den grünen Laken, über denen der schwere schwarze Nebel des Todes waberte. Die Spritze in der Hand des Arztes, die sonnenhell aufblitzte. Die restlichen Wissenschaftler, die sich im Hintergrund hielten, deren boshafte, erwartungsfrohe Ausstrahlung er aber so deutlich sehen konnte, als stünden sie direkt vor ihm. Das glühende Lodern in ihren Augen. Rote, tiefe Spiralen, die Milan bis auf den Grund ihrer Seele blicken ließen.
Ein Wind kam auf. Ein schwarzer, tosender Sturm. Er riss an den letzten Bewusstseinsfetzen, die Roger Milan ausmachten, ließ die farbigen Seidentücher seiner Wahrnehmung aufbauschen, peitschte durch das Gewebe, fetzte sie davon.
Mit einem Mal konnte… nein: musste er sehen, was sich dahinter befand. Und ihn angrinste.
Er stieß einen fürchterlichen Schrei aus.
Und dann übernahm etwas anderes die Kontrolle.
Roger Milan machte drei Schritte ins Labor und verharrte. Er starrte sie mit einem gespenstischen Blick an.
Ein irrsinniger Gedanke zuckte Diana durch den Kopf. Er weiß Bescheid!
Da eskalierten die Ereignisse.
Der Millionär straffte den Oberkörper und stieß Xavier Cormand von sich. Dieser taumelte einige Schritte zur Seite.
»Roger? Was ist…« Der Rest des Satzes blieb auf ewig unausgesprochen. Cormand gab ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich. Die Hände zuckten zu den Schläfen. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse der Qual, die Augen füllten sich mit Entsetzen - und Blut!
Rote Tränen rannen ihm über die Wangen. Aus der Nase schoss ein Schwall,
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