2883 - Die Schattenmacht
machen.
»Wir fahren nach oben. In der Wohnung können Sie uns erzählen, wie Sie Wendell gefunden haben und wo er sich jetzt vermutlich aufhält«, sagte June.
Tanja Hobbs fügte sich in ihr Schicksal und stieg widerstandslos in den Lift.
***
Als Phil und ich an diesem Morgen ins Field Office kamen, erwartete uns eine Besprechung im Büro von Mr High.
»Leider ist es einer Journalistin gelungen, einen Zusammenhang zwischen den beiden Opfern und dem Bay Colony Trust herzustellen«, sagte der Chef.
Am Wandmonitor erschienen die verschiedenen Online-Ausgaben der Zeitungen, in denen entsprechende Artikel zu lesen waren. Die Journalistin hatte sehr gekonnt die wildesten Verschwörungstheorien mit den wenigen Fakten verknüpft, die bislang über die Morde an Senator Gibbs sowie James Oyster an die Öffentlichkeit gedrungen waren.
»Damit verändert sich die Situation erheblich«, sagte ich.
Mein Kommentar war vor allem an Shayne Green gerichtet, da der Berater ebenfalls an der Besprechung teilnahm. Sein Gesichtsausdruck blieb stoisch ruhig.
»Dem stimme ich zu, Jerry. Ich habe Mister Green bereits erklärt, dass wir erheblich mehr Einblick in den Trust benötigen«, erwiderte der Chef.
Offenbar verteidigte der Berater des Justizministeriums immer noch die Geheimnisse des Trusts, selbst wenn dadurch das Leben weiterer Mitglieder in Gefahr geriet.
»Es reicht völlig aus, wenn das FBI sich um die Ergreifung der radikalen Aktivisten bemüht. Wir sind uns doch einig darüber, dass sich in dem Umfeld die Mörder tummeln«, sagte Green.
Seine spröde Art reizte förmlich zum Widerspruch.
»Nein, sind wir nicht«, reagierte Phil verärgert.
Wir hatten allen Grund zu der Annahme, dass es bei der Besetzung des Rates sowie dessen Führungsposition zu mächtigen Interessenkonflikten gekommen war.
»Darüber hinaus werden wir mittlerweile sogar von privaten Ermittlern beschattet, die von einem der Trustmitglieder beauftragt wurden. Das kann ich kaum als gute Zusammenarbeit bezeichnen«, ergänzte ich.
Dieser Umstand machte auch Shayne Green zu schaffen, wie ich an seiner düsteren Miene ablesen konnte.
»Das ist in der Tat bedauerlich, Agent Cotton. Ich sorge dafür, dass es zu keiner Wiederholung kommt«, antwortete er.
Obwohl es Green nicht gefiel, diskutierten wir ausgiebig die Möglichkeiten, wie sich ein Führungsstreit als Mordmotiv anbieten würde.
»Zwei der Kandidaten wurden ermordet und der Dritte verschanzt sich hinter Rechtsanwälten sowie einem privaten Sicherheitsdienst. Ich möchte daher auch in dieser Richtung entschieden weiterermitteln«, sagte ich.
Mr High kam einem Einwurf des Beraters zuvor.
»Dann machen Sie es so, Jerry. Ich vertraue Ihrer Erfahrung. June?«
Geschickt manövrierte der Chef den Berater aus, sodass Shayne Green seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste. Ihm sagte diese Entwicklung nicht zu, aber in Mr High hatte er einen ebenbürtigen Gegner.
»Diese Artikel in den Zeitungen stammen aus der Feder von Tanja Hobbs, wie die Initialen belegen. Sie verfügt über ein erstaunliches Wissen, wenn es um die radikalen Aktivisten geht. Wir werden ihr die Konsequenzen verdeutlichen, wenn sie für die Ermittlungen wichtige Informationen zurückhält«, antwortete June.
Ich konnte der Kollegin ansehen, wie wütend sie auf Hobbs war. Der gestrige Vorfall hatte an ihrem Ego gekratzt, und das wollte June nicht auf sich sitzen lassen. Tanja Hobbs würde keine leichte Zeit haben.
»Einverstanden. Die Fahndung nach Carl Wendell hat bisher keine Ergebnisse eingebracht. Gibt es andere Anhänger der radikalen Aktivisten, die Sie befragen könnten?«, sagte der Chef.
Blair beschrieb die enormen Schwierigkeiten, die sich dabei ergaben.
»Die meisten radikalen Aktivisten verfügen über keinen festen Wohnsitz, sondern sind nur zum Schein bei Familienmitgliedern oder Freunden angemeldet«, sagte er. Die Suche nach diesen Menschen erwies sich als wahre Sisyphusarbeit.
Kurz danach war die Besprechung beendet und wir kehrten an unsere Schreibtische zurück.
»Wo willst du ansetzen?«, fragte Phil.
Ich hatte mir eine Strategie überlegt.
»Ich möchte zuerst mit Doherty und dann noch einmal mit Terence Blake sprechen«, antwortete ich.
Mein Partner krauste verwundert die Stirn, als ich den Namen des Angestellten der Sicherheitsfirma nannte.
»Sean Doherty? Was erwartest du denn von einem Gespräch mit ihm?«, fragte er.
Ich erklärte meine Idee, die Phil nach kurzem Überlegen
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