2883 - Die Schattenmacht
offensichtlich etwas vorenthalten wollte. Ihre Bemühungen, mehr über die Aktivitäten des Bay Colony Trust in Erfahrung zu bringen, wurden nachhaltig behindert.
»Solche Informationen sind streng vertraulich und werden keinesfalls an Vertreter der Presse weitergegeben«, lautete die Auskunft.
Wer die Presse raushalten will, hat etwas zu verbergen, dachte Tanja.
Sie sah sich als Verfechterin der Rechte der vierten Macht, die ein waches Auge auf die Regierung und deren Administration haben sollte. Sobald man ihr also buchstäblich die Tür vor der Nase zuwarf, entfaltete die Journalistin einen besonderen Ehrgeiz.
»Ich muss die Hauptserver überprüfen. Vermutlich hat eines der Sicherheitsprotokolle versagt und deshalb scheint sich ein Wurm eingeschlichen zu haben«, sagte sie.
Es war kein schweres Unterfangen gewesen, sich als Technikerin des Computerdienstleisters der Kanzlei Blake auszugeben. Tanja trug eine Umhängetasche mit dem Emblem der Firma und benutzte die allgemeine Unkenntnis der meisten Angestellten über spezielle Hard- und Softwareprobleme.
»Einen Wurm? Oh, je. Das klingt aber gemein«, sagte die Angestellte.
»Keine Bange. So etwas kriege ich schnell in den Griff. Mehr als eine halbe Stunde sollte es nicht dauern«, beruhigte Tanja.
Als Tarnung ihres äußeren Erscheinungsbildes mussten eine rote Langhaarperücke und eine getönte Brille herhalten. Unter dieser Verkleidung fühlte die Journalistin sich ausreichend getarnt und konnte die beiden Utensilien blitzschnell entsorgen, sollten es die Umstände erforderten.
»Ich kann Chris anrufen. Er ist für die Computer verantwortlich, musste aber dummerweise früher nach Hause«, schlug die Angestellte vor.
Es war nur ein simpler Trick gewesen, mit dem Tanja Hobbs für einen Vorfall in der Wohnung des Computerfachmanns der Kanzlei gesorgt hatte. Vermutlich würde es ein ewiges Rätsel bleiben, woher das Wasser gekommen war.
Den Vorschlag der Angestellten wehrte sie lässig ab. »Nein, lassen Sie nur. Chris wird hierbei nicht benötigt. Er bekommt sowieso ein Protokoll meiner Arbeit und kann es so nachvollziehen«, sagte sie laut.
Damit war für die Angestellte alles Nötige getan. Ihr Feierabend stand unmittelbar bevor, und so war sie erleichtert, dass die angebliche Technikerin ihr keine weiteren Umstände machte. Sie führte Tanja Hobbs arglos in den Technikraum, in dem sich auch die beiden Server der Kanzlei befanden. Dann verabschiedete die Angestellte sich und ließ die Journalistin allein.
Zwanzig Minuten maximal, Hobbs. Dann musst du hier wieder weg sein, ermahnte sie sich.
Mit flinken Fingern stellte sie eine Verbindung von ihrem Laptop zu dem ersten der beiden Server her. Dank modernster Technik konnte Tanja sich die Verzeichnisse des Servers nach wenigen Sekunden auf dem Monitor ihres Laptops ansehen. Ihr reichten fünf Minuten, um die Verbindung zu kappen und ihr Gerät an den zweiten Server anzustöpseln.
»Na, wer sagt es denn«, triumphierte Tanja.
Dieses Mal reichten drei Minuten aus, um die gesuchten Dateien zu lokalisieren. Mittels eines raffinierten Spionageprogramms lud die Journalistin sich die Daten auf ihren Laptop, ohne verräterische Spuren im Server zu hinterlassen. Sollte Chris ein besonders gründlicher Mensch sein und am nächsten Tag die Serverprotokolle überprüfen, würde er den Datendiebstahl nicht bemerken.
Sie packte ihren Laptop schnell wieder in die Umhängetasche und verließ den Technikraum.
»Einen Augenblick, Miss. Wer sind Sie und was haben Sie in unserem Technikraum verloren?«, fragte eine Männerstimme.
Mitten in der Bewegung erstarrte Tanja, atmete tief durch und wandte sich zu dem Mann um. Er stand vermutlich kurz vor seiner Pensionierung und gehörte nicht zu den Anwälten der Kanzlei. Seine billige Kleidung und der Stapel an Akten auf einem kleinen Transportwagen stuften ihn in Tanjas Augen zu einem Büroboten ab.
»Ist Gloria schon weg? Egal. Sie hat meine Firma angerufen, weil einer der Server Probleme gemacht hat. Ich habe sie noch vor zehn Minuten gesprochen, als Gloria mich eingetragen hat«, erwiderte sie.
Ohne Mühe gelang es Tanja Hobbs, das Misstrauen des Mannes zu zerstreuen. Sie zeigte auf den Eintrag in der Besucherkladde und lächelte den Büroboten gewinnend an.
»Zu meiner Zeit haben Frauen nicht solche Jobs gemacht«, sagte er.
»Ach, was. So alt sind Sie doch gar nicht«, widersprach Tanja.
Schließlich konnte sie sich nach einigen Sätzen verabschieden und winkte
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