2884 - Im Netz der Spinne
Gift für den guten Ruf dieser Vorschule. Wenn zu viele Eltern ihre Kinder wegen der Vorfälle abmeldeten, litt darunter wahrscheinlich auch die Karriere der Leiterin.
***
Wir verabschiedeten uns zunächst von Patricia Banks und begannen mit der Befragung ihrer Erzieherinnen und übrigen Mitarbeiter. Doch es war wie verhext. Weder Sally White noch eine ihrer Kolleginnen hatten jemals etwas von einer Person gehört, die sich Spinne nannte.
Ich kann meist gut einschätzen, ob ich angelogen werde. Aber diese jungen Frauen schienen die Wahrheit zu sagen.
»Haben Sie schon mit den Putzfrauen gesprochen?«, fragte die Erzieherin Sally White. »Die Ladys säubern gerade die Sporthalle im Keller.«
Wir gingen die Treppe hinunter. In dem großen Gymnastiksaal arbeiteten einige Frauen in Kunststoffkitteln. Und eine der Reinigungskräfte kam uns sehr bekannt vor.
»Miss O’Neill!«, rief ich. »Zahlt das Fernsehen jetzt schon so schlecht, dass Sie sich einen Nebenjob als Putzfrau suchen müssen?«
Die Sensationsreporterin wirbelte herum. Sie hatte uns bisher den Rücken zugewandt. Wenigstens hatte sie ihren Kameramann nicht dabei, aber das war nur ein schwacher Trost.
»Wen haben Sie geschmiert, damit Sie hier in Ruhe die Frauen aushorchen können?«, grollte Phil. »Sollen wir mal bei der Reinigungsfirma nachfragen, die mit den Putzarbeiten beauftragt ist?«
Liz O’Neill war zweifellos eine attraktive Frau. Und sie wurde sogar noch hübscher, wenn sie sich aufregte. Die Reporterin stemmte ihre Fäuste in ihre Hüften und ging zum Gegenangriff über.
»Ist das hier ein Verhör, G-men? Ich dachte immer, wir leben in einem freien Land. Wollen Sie vielleicht der Presse einen Maulkorb verpassen? Das wird meine Zuschauer sehr interessieren. Jedenfalls können Sie mich hier nicht hinauswerfen.«
»Nein, das kann ich wirklich nicht«, stimmte ich der aufdringlichen Journalistin zu. »Aber Patricia Banks hat in dieser Vorschule das Hausrecht. Ich würde die Leiterin gerne fragen, ob sie von Ihrer Reinigungstätigkeit etwas weiß, Miss O’Neill.«
Ich rief die Vorschulleiterin mit meinem Handy an und erklärte ihr die Sachlage. Patricia Banks bat mich, den Apparat an Liz O’Neill weiterzugeben. Das tat ich nur allzu gern. Da ich direkt neben ihr stand, konnte ich die resolute Stimme von Patricia Banks deutlich hören.
»Was fällt Ihnen ein? Haben Sie denn gar keinen Anstand? Hiermit erteile ich Ihnen Hausverbot, Miss O’Neill. Wenn Sie nicht sofort gehen, werde ich Sie durch meinen Sicherheitsdienst oder durch die FBI-Agents entfernen lassen.«
Die TV-Reporterin errötete. Ob vor Wut oder vor Scham, das konnte ich nicht einschätzen. Sie gab mir das Handy zurück, zog ihren Putzkittel aus und warf ihn zornig auf den Boden. Darunter trug sie Jeans und einen Baumwollpullover.
»Also gut – ich weiche der Gewalt! Aber so schnell werden Sie mich nicht los, Agents. Ich lasse mir nämlich nicht den Mund verbieten.«
Mit hocherhobenem Kopf und schwingenden Hüften stolzierte Liz O’Neill an uns vorbei Richtung Ausgang. Wir wussten, dass Patricia Banks allen Medienvertretern den Zugang zu der Vorschule verwehrt hatte. Die Reporterin konnte also nur mit einem schmutzigen Trick hereingekommen sein.
»Wer weiß, wie lange diese Nervensäge hier schon herumgeschnüffelt hat«, raunte Phil mir zu. Ich zuckte mit den Schultern. Die echten Putzfrauen hatten aufgeregt den Wortwechsel zwischen Liz O’Neill und uns verfolgt. Ob die Journalistin eine von ihnen bestochen hatte, um in das Gebäude zu gelangen?
Das war jetzt nicht so wichtig. Ich stellte auch den Reinigungskräften die Frage nach der Spinne .
Eine der Frauen war eine Latina. Doch sie beteuerte ebenso wie ihre Kolleginnen, noch nie von einer Verbrecherin mit diesem Spitznamen gehört zu haben. Wir notierten uns die Namen der Putzfrauen. Ebenso wie bei allen anderen Mitarbeitern der Vorschule wollten wir ihr privates Umfeld durchleuchten. Wenn eine von ihnen Kontakt zu Kriminellen hatte, dann würden wir es herausfinden. Aber dafür brauchten wir Zeit, und gerade davon hatten wir entschieden zu wenig.
***
Ich rief im Bellevue Hospital an und erkundigte mich nach dem angeschossenen Kindermädchen Luisa Rodriguez. Sie lag immer noch auf der Intensivstation, war aber inzwischen erfolgreich operiert worden.
»Können wir Miss Rodriguez einige Fragen stellen?«, wollte ich von dem Stationsarzt Steiner wissen.
»Die Patientin ist noch sehr schwach. Sie ist zwar
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