2890 - In den Maschen des World Wide Web
Wänden auf. Sehr farbintensive, abstrakte Darstellungen auf Leinwand, ohne Rahmen.
»Sind das Ihre Werke?«, fragte ich ihn.
Er nickte. »Ja, ich studiere Kunst. Und das hat natürlich viel mit Praxis zu tun. Das hier sind die besseren Exemplare. Habe sogar schon ein paar verkauft. Sind Sie deshalb hier? Gibt es irgendwelche Probleme mit meiner Steuer wegen dem Verkauf der Bilder?«
»Nicht, soviel wir wissen«, sagte ich. »Auf jeden Fall ist das nicht der Grund unseres Hierseins. Und was Ihre Steuern angeht, das ist Sache der Steuerbehörde, mit der wir nur in äußerst seltenen Fällen zu tun haben. Nein, es geht um etwas anderes, um einen Ihrer Computer.«
»Einen meiner Computer?«, entgegnete er überrascht. »Ist damit etwas nicht in Ordnung? Habe ich mir vielleicht einen Virus eingefangen?«
»Es geht um einen ganz bestimmten Computer«, sagte Phil und zeigte Abernoth ein Foto.
Der nahm das Bild in die Hand und musterte es kurz. »Ja, das ist mein Computer, einer meiner Computer, besser gesagt hatte ich mal so einen. Aber der gehört mir nicht mehr.«
»Und was ist damit passiert?«, fragte Phil weiter.
Abernoth lehnte sich zurück. »Den habe ich verkauft. War etwas knapp bei Kasse, und da ich noch ein Notebook hatte, habe ich den abgestoßen. Hat nicht so viel Geld gebracht, wie ich erwartet hatte, aber na ja, das ist eben manchmal so.«
»Und wann und an wen haben Sie den Computer verkauft?«, fragte Phil gespannt.
»Also, wann – das war vor ein paar Wochen«, antwortete Abernoth. »Und an wen – puh, gute Frage. Das weiß ich gar nicht mehr genau. So was merke ich mir auch nicht. Wer macht denn so was schon. Die Sache ist erledigt und fertig. Geht ja bei eBay so. Und da der Rechner verschickt wurde, habe ich den Käufer nie kennengelernt.«
»Sie haben den Computer also über das Internet verkauft«, sagte Phil. »Haben Sie dafür irgendwelche Nachweise, Quittungen oder dergleichen?«
»Nachweise?«, fragte Abernoth überrascht. »Mann, da fragen Sie mich ja was, und das so früh am Morgen. Ich bin noch gar nicht richtig wach. Schatz, machst du mir bitte einen Kaffee?«
Die junge Frau nickte wortlos, schaute kurz zu Phil und mir herüber, stand auf und ging dann in die Küche. Phil behielt sie im Auge.
»Also haben Sie keine Nachweise, zumindest keine schriftlichen«, sagte ich.
»Ja, so ist es«, antwortete der Kunststudent.
»Und was ist mit Ihrem eBay-Account? Können Sie nicht eben dort nachschauen?«, fragte ich, diesmal mit Nachdruck.
Er überlegte und nickte dann. »Doch, ja, ich glaube, das geht – wenn die Daten noch da sind. Ist ja schon ein paar Wochen her.«
Er schaute sich im Zimmer um. »Irgendwo muss mein Notebook sein. Ist ja gut, dass die Dinger so klein geworden sind, aber manchmal verlege ich’s und dann ist Suchen angesagt.«
Er stand auf und schaute unter Kissen auf der Couch und Zeitschriften auf einem Tisch nach. Kurz darauf fand er das gesuchte Gerät.
»Puh, da ist es ja«, sagte er erleichtert. »Mir ist schon mal eins abhanden gekommen – das hat meine Ex mitgenommen und dann ›vergessen‹ mir zurückzugeben. Und nach unserer Trennung hat sie es irgendwie ›verloren‹. Ja, wie das manchmal so ist mit den Frauen.«
Ich warf einen Blick in die Küche. Die junge Frau kümmerte sich nach wie vor um den Kaffee und zeigte kein Interesse an den Worten Abernoths. Ob sie ihn gehört hatte, konnte ich nicht sagen. Aber wie der Mann mit seinen Lebenspartnerinnen umging, war letztlich nicht meine Angelegenheit.
»Dann loggen Sie sich jetzt bitte ein und zeigen uns die Transaktion«, sagte Phil.
Abernoth schaltete das Notebook ein und wartete. Dann fing er an auf dem Touchpad zu hantieren und etwas einzutippen.
»Dauert einen Moment«, sagte er entschuldigend. »Ist ein etwas älteres Modell.«
»Kein Problem!«, sagte ich.
Die junge Frau kam unterdessen mit ein paar Tassen und Kaffee aus der Küche, stellte die Tassen hin und schenkte ein. Der Geruch war überraschend gut, besser, als ich es erwartet hatte.
»Ich glaube, gleich hab ich’s«, sagte Abernoth. »Ja, jetzt bin ich drin. Jetzt müsste ich nur noch wissen, wie ich die Transaktionen aufrufe, die schon längst abgeschlossen sind. Hm, mal sehen. Ne, da ist es auch nicht. Verdammt, ich kenne mich mit den Menüs hier nicht so gut aus. Schatz, weißt du Bescheid, wie man gelöschte Verkäufe wieder sichtbar macht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, keine Ahnung. Ich bin eher
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