2892 - Der Tod kommt nie zu spät
Vermutlich verrät er Ihnen alles für eine Stunde käuflichen Sex«, erwiderte der Wachmann.
Als ich überrascht reagierte, klärte er mich auf. Derartige Vergünstigungen waren in niederländischen Gefängnissen üblich und ließen sich durchaus arrangieren. Phil fand diese Art Gegenleistung jedoch sehr fragwürdig und war nicht sonderlich begeistert darüber. Als unsere Vernehmung sich nunmehr diesem heiklen Punkt näherte, reagierte mein Partner entsprechend.
»Sorry, Serge. Unsere Möglichkeiten in diesem Land sind sehr begrenzt. Im Grunde können wir Ihnen höchstens eine gute Mahlzeit aus einem Restaurant zukommen lassen«, erwiderte ich.
Es war ein Versuch, den Engländer mit weniger als vermutet abspeisen zu können. Er lachte sofort laut los und tippte sich vielsagend mit dem kräftigen Zeigefinger gegen die Stirn.
»Vorsicht, Ford! Überreizen Sie es nicht«, warnte ihn Phil.
Doch Serge ignorierte meinen Partner und stützte seine Ellenbogen auf der Tischplatte ab. Er legte seinen Schädel auf die geballten Fäuste ab und grinste mich dreist an.
»Ich will eine Nutte für mich ganz allein haben, Agent Cotton. Wenigstens drei Stunden muss Sie mich verwöhnen, und ich erwarte eine Auswahl an Frauen, die Sie mir präsentieren«, forderte er.
Der Wachmann hatte Serge richtig eingeschätzt. Ich winkte nur ab und erhob mich. Phil tat es mir gleich und hatte die Hand bereits am Knopf neben der Tür, mit dem wir den Wachmann rufen konnten. Bevor mein Partner den Knopf betätigen konnte, meldete sich der Engländer nochmals.
»Schon gut, Agent Cotton! Eine Stunde und Sie suchen die Lady aus. Deal?«
Obwohl ich den missbilligenden Blick meines Partners bemerkte, wandte ich mich um und nickte zustimmend.
»Einverstanden, Mister Ford. Liefern Sie uns die Namen und ich organisiere den Besuch der Lady«, sagte ich.
***
Es war Blairs Aufmerksamkeit zu verdanken, dass er den vom Tankwagen verschwindenden Carlos entdeckte. Der Killer nutzte den Sichtschutz des Trucks zwar geschickt aus, doch für einen winzigen Augenblick huschte er über eine freie Fläche. Da Blair just in diesem Augenblick dorthin schaute, bemerkte er den fliehenden Carlos.
»Er will fliehen«, rief er.
Während Blair dem Killer sofort nachsetzte, schickte June die Einsatzkräfte auf neue Positionen. Sie musste verhindern, dass der bewaffnete Mendez ins Flughafengebäude eindrang und dort Geiseln nehmen konnte. Es erschien ihr immer unwahrscheinlicher, dass Mendez wirklich selbst mit einem Flugzeug verschwinden wollte. Angesichts der enormen Sicherheitsvorkehrungen würde ein erfahrener Killer niemals versuchen, eine Waffe mit an Bord eines Flugzeugs zu nehmen. Weitere Schüsse fielen, als Mendez auf einen Streifenwagen schoss.
»June? Ist bei dir alles in Ordnung?«, fragte Blair. Er hielt über sein Headset die Verbindung zu seiner Kollegin aufrecht, die sich meldete und ihn beruhigte.
»Ja, bestens. Ich habe einige Streifenwagen zum Abflugterminal beordert, damit Mendez keine Geiseln nehmen kann. Er hat auf die Cops geschossen«, antwortete June.
Zufrieden über diese Nachricht, instruierte Blair sie über die Verfolgung des Killers. Sein kurzes Taumeln und Umschauen hatten den Vorsprung von Carlos Mendez wieder anwachsen lassen.
»Ich glaube nicht, dass Mendez in die Abfertigungshalle will«, teilte Blair mit.
Sein Blick war fest auf den rennenden Killer gerichtet, und anhand der Fluchtrichtung schloss er aus, dass Carlos sich ins Flughafengebäude absetzen wollte. Dort standen die Chancen für den Killer ziemlich schlecht, und das war ihm natürlich auch bewusst.
»Wir müssen verhindern, dass er sich eine Geisel nehmen kann«, erwiderte June.
Diese Gefahr drohte in der Tat, da auf den Parkplätzen ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Entweder wollte sich Carlos ein Fluchtfahrzeug organisieren oder er ging den Schritt weiter und schnappte sich eine unbeteiligte Zivilperson.
»Haben ihn die Cops ebenfalls im Blick?«, fragte Blair.
Solange Carlos Mendez unter permanenter Beobachtung stand, würde jedes seiner Manöver umgehend registriert und sie könnten darauf reagieren.
»Im Moment kreisen sie ihn ein, Blair. Du bist aber am nächsten dran«, antwortete June.
Als Blair sich durch die Lücke zwischen zwei abgestellten Vans gedrückt hatte, bemerkte er die Signallampen zweier Streifenwagen. Auch der Killer erkannte die zunehmende Gefahr für sich und schlug einen Haken, indem er kurz hintereinander über drei
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