2892 - Der Tod kommt nie zu spät
Motorhauben sprang. Blair hatte instinktiv seine Chance gewittert und einen Zwischenspurt eingelegt. Dadurch schloss er dicht zu Carlos auf, den langsam die Kraft verließ.
»Du solltest mehr Lauftraining einlegen und dich nicht immer nur auf deine Schießkünste verlassen«, murmelte Blair.
Sein Blick glitt vom Rücken des Killers einige Yards voraus, um nach einem Punkt für den bevorstehenden Angriff zu suchen. Dass Carlos Mendez ein Mensch mit sehr starken Nerven war, bewies sein Verhalten in diesen Minuten. Er schaute nur selten über die Schulter, um die Lage zu sondieren. Einmal trafen sich seine und Blairs Blicke. Es war ein flüchtiger Augenblick und doch glaubte Blair Duvall, in einen Abgrund zu schauen.
»Stopp! FBI!«, brüllte er.
Sein Warnruf galt einer Familie, die soeben aus ihrem SUV aussteigen wollte. Der Kopf des Fahrers wirbelte herum, sein überraschter Blick erfasste die beiden Männer und schließlich die rotierenden Signallampen auf dem Dach eines Streifenwagens. Der Mann reagierte vorbildlich und stieg eilig wieder in den Wagen ein, nachdem er seine Frau und zwei halbwüchsige Kinder ebenfalls dazu gebracht hatte.
»Das werden heute keine Geiseln von dir, Carlos«, stieß Blair hervor.
In diesem Augenblick verminderte der Killer seine Geschwindigkeit und schien tatsächlich den Van als Fluchtfahrzeug ins Auge zu fassen. Damit wollte Blair den Killer auf keinen Fall durchkommen lassen und schoss auf Mendez, obwohl er noch zu weit entfernt für einen sicheren Schuss war. Die Kugeln flogen hoch über den Kopf des Killers, damit keine unbeteiligten Zivilisten aus Versehen in die Schussbahn geraten konnten. Mendez fuhr herum und erwiderte das Feuer. Dadurch wurde er von seinem ursprünglichen Vorhaben abgehalten.
Während zwei Cops aus dem Streifenwagen sprangen, überwand Blair die fehlenden Yards bis zu dem SUV. Für lange Erklärungen hatte er keine Zeit, doch die verängstigten Insassen des Wagens mussten unbedingt beruhigt werden.
»Bleiben Sie im Fahrzeug! Die Cops kümmern sich um Sie«, brüllte Blair.
Er machte den Officers mit Gesten klar, dass sie bei den verängstigten Zivilisten bleiben sollten. Der Officer und sein Kollege eilten herbei und kümmerten sich zuerst um die beiden Teenager, denen die Panik ins Gesicht geschrieben stand. Der Vater stieg aus dem Van aus.
»Was ist denn los?«, fragte er dann.
Blair, die beiden Cops sowie die vier Familienmitglieder blieben neben dem Wagen stehen und schauten einander an.
»Der Mann ist ein flüchtiger Gangster und wollte vermutlich Ihr Fahrzeug stehlen«, antwortete einer der Officer.
Anschließend kümmerten die Cops sich um die unter Schock stehende Familie, während Blair sich über Funk nach der aktuellen Position von Mendez erkundigte.
»Wir haben ihn in der Nähe der Parkplätze für Mietlimousinen aus den Augen verloren«, sagte June.
So oder so hatte es für Carlos Mendez zunächst seinen Zweck erfüllt. Für den Moment hatte Blair den Killer aus den Augen verloren, doch dafür suchten bereits Dutzende von Cops nach ihm.
»Weit kann er nicht kommen, Blair. Wir werden schon bald wieder Sichtkontakt haben«, versicherte June.
Blair blieb eine Weile schweigend stehen und versuchte sich gedanklich in Carlos Mendez hineinzuversetzen. Wie hätte er die weitere Flucht angetreten? Wollte der Killer sich im Getümmel der Reisenden absetzen oder doch eher den direkten Weg mit einem gestohlenen Fahrzeug probieren?
***
Wir hatten uns dieses Mal einen neutralen Mietwagen beschafft. Der stark motorisierte BMW würde auch bei einer Verfolgungsjagd bestens mithalten können.
»Henk Willems? Klingt irgendwie gemütlich. So gar nicht nach einem Gangster, der in allen krummen Geschäften seine Finger im Spiel hat«, sagte Phil.
Dennoch sollte er der Lieferant der Waffen, der Fluchtfahrzeuge und auch falscher Ausweispapiere gewesen sein. Mit Henk Willems hatte uns Serge einen heißen Tipp gegeben, wie sich sehr schnell herausstellte.
»Laut System von Europol muss er ein wahrer Geschäftsmann der Unterwelt sein. Willems beschafft dir alles, solange die Bezahlung stimmt«, erwiderte ich.
Mein Partner studierte immer noch fasziniert die Fotografien des stattlichen Niederländers, der nach außen hin ein gut gehendes Antiquariat führte. Auf den Bildern sah man einen leger gekleideten Mann von fünfundvierzig Lebensjahren, dessen gewaltiger Bauch eine Menge über seine Lebensgewohnheiten verriet. Trotz dieses Erscheinungsbildes war
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